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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Salmiak, Ammoniakalsalz

Sal Ammoniacum, Salmiac, Sel ammoniac. Den Namen der Salmiake oder Ammoniakalsalze führen überhaupt alle durch Sättigung der Säuren mit dem flüchtigen Alkali entstandne Neutralsalze, s. Neutralsalze. Vorzüglich aber wird unter dem Namen des gemeinen Salmiaks dasjenige verstanden, welches aus der Vereinigung dieses Alkali mit der Salzsäure entspringt.

Der reine Salmiak ist ein sehr weißes halbdurchsichtiges Salz, von einem starken stechenden und einigermaßen urinösem Geschmacke, und geschickt, sich in Gestalt von Federn zu krystallisiren, oder als eine dichte Masse von parallelen Fäden, worinn man auch bisweilen würflichte Stücken findet, zu sublimiren. Die fedrigen Krystallen bestehen aus sechsseitig pyramidalischen Nadeln, und enthalten nach Kirwan 0,52 Salzsäure, 0,40 flüchtiges Laugensalz und 0,08 Wasser. Der Salmiak löset sich sehr leicht, und mit starker Erkältung, im Wasser auf, so daß bey 50 Grad Wärme nach Fahrenheit eine Unze Wasser 150 Gran Salmiak in sich nimmt. Aus dieser Ursache zerfließt er auch leicht an der Luft.

Durch die bloße Wirkung des Feuers in verschloßnen Gefäßen wird der Salmiak nicht zersetzt, sondern ganz sublimirt. Die Vitriol- und Salpetersäure aber verbinden sich bey der Destillation mit seinem Alkali; daher geht seine Salzsäure über, und die neuerzeugten Ammoniakalsalze bleiben als Rückstände zurück. Wenn man hiebey Salpetersäure gebraucht, so geht ein Theil derselben mit der Salzsäure zugleich über, und bildet ein Königswasser; es ist aber bey dieser Bereitungsart des Königswassers viel Langsamkeit und Mäßigung anzuwenden, weil sich die Dämpfe hiebey sehr schwer verdichten.

Mehrere Substanzen zersetzen den Salmiak auf andere Art, indem sie sich der Säure bemächtigen und das flüchtige Alkali frey machen. Dahin gehören die Kalkerden, die Bittersalzerde, der lebendige Kalk, die fixen Laugensalze und die metallischen Materien. Bey der Zersetzung des


Salmiak, Ammoniakalſalz

Sal Ammoniacum, Salmiac, Sel ammoniac. Den Namen der Salmiake oder Ammoniakalſalze fuͤhren uͤberhaupt alle durch Saͤttigung der Saͤuren mit dem fluͤchtigen Alkali entſtandne Neutralſalze, ſ. Neutralſalze. Vorzuͤglich aber wird unter dem Namen des gemeinen Salmiaks dasjenige verſtanden, welches aus der Vereinigung dieſes Alkali mit der Salzſaͤure entſpringt.

Der reine Salmiak iſt ein ſehr weißes halbdurchſichtiges Salz, von einem ſtarken ſtechenden und einigermaßen urinoͤſem Geſchmacke, und geſchickt, ſich in Geſtalt von Federn zu kryſtalliſiren, oder als eine dichte Maſſe von parallelen Faͤden, worinn man auch bisweilen wuͤrflichte Stuͤcken findet, zu ſublimiren. Die fedrigen Kryſtallen beſtehen aus ſechsſeitig pyramidaliſchen Nadeln, und enthalten nach Kirwan 0,52 Salzſaͤure, 0,40 fluͤchtiges Laugenſalz und 0,08 Waſſer. Der Salmiak loͤſet ſich ſehr leicht, und mit ſtarker Erkaͤltung, im Waſſer auf, ſo daß bey 50 Grad Waͤrme nach Fahrenheit eine Unze Waſſer 150 Gran Salmiak in ſich nimmt. Aus dieſer Urſache zerfließt er auch leicht an der Luft.

Durch die bloße Wirkung des Feuers in verſchloßnen Gefaͤßen wird der Salmiak nicht zerſetzt, ſondern ganz ſublimirt. Die Vitriol- und Salpeterſaͤure aber verbinden ſich bey der Deſtillation mit ſeinem Alkali; daher geht ſeine Salzſaͤure uͤber, und die neuerzeugten Ammoniakalſalze bleiben als Ruͤckſtaͤnde zuruͤck. Wenn man hiebey Salpeterſaͤure gebraucht, ſo geht ein Theil derſelben mit der Salzſaͤure zugleich uͤber, und bildet ein Koͤnigswaſſer; es iſt aber bey dieſer Bereitungsart des Koͤnigswaſſers viel Langſamkeit und Maͤßigung anzuwenden, weil ſich die Daͤmpfe hiebey ſehr ſchwer verdichten.

Mehrere Subſtanzen zerſetzen den Salmiak auf andere Art, indem ſie ſich der Saͤure bemaͤchtigen und das fluͤchtige Alkali frey machen. Dahin gehoͤren die Kalkerden, die Bitterſalzerde, der lebendige Kalk, die fixen Laugenſalze und die metalliſchen Materien. Bey der Zerſetzung des

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[753/0759] Salmiak, Ammoniakalſalz Sal Ammoniacum, Salmiac, Sel ammoniac. Den Namen der Salmiake oder Ammoniakalſalze fuͤhren uͤberhaupt alle durch Saͤttigung der Saͤuren mit dem fluͤchtigen Alkali entſtandne Neutralſalze, ſ. Neutralſalze. Vorzuͤglich aber wird unter dem Namen des gemeinen Salmiaks dasjenige verſtanden, welches aus der Vereinigung dieſes Alkali mit der Salzſaͤure entſpringt. Der reine Salmiak iſt ein ſehr weißes halbdurchſichtiges Salz, von einem ſtarken ſtechenden und einigermaßen urinoͤſem Geſchmacke, und geſchickt, ſich in Geſtalt von Federn zu kryſtalliſiren, oder als eine dichte Maſſe von parallelen Faͤden, worinn man auch bisweilen wuͤrflichte Stuͤcken findet, zu ſublimiren. Die fedrigen Kryſtallen beſtehen aus ſechsſeitig pyramidaliſchen Nadeln, und enthalten nach Kirwan 0,52 Salzſaͤure, 0,40 fluͤchtiges Laugenſalz und 0,08 Waſſer. Der Salmiak loͤſet ſich ſehr leicht, und mit ſtarker Erkaͤltung, im Waſſer auf, ſo daß bey 50 Grad Waͤrme nach Fahrenheit eine Unze Waſſer 150 Gran Salmiak in ſich nimmt. Aus dieſer Urſache zerfließt er auch leicht an der Luft. Durch die bloße Wirkung des Feuers in verſchloßnen Gefaͤßen wird der Salmiak nicht zerſetzt, ſondern ganz ſublimirt. Die Vitriol- und Salpeterſaͤure aber verbinden ſich bey der Deſtillation mit ſeinem Alkali; daher geht ſeine Salzſaͤure uͤber, und die neuerzeugten Ammoniakalſalze bleiben als Ruͤckſtaͤnde zuruͤck. Wenn man hiebey Salpeterſaͤure gebraucht, ſo geht ein Theil derſelben mit der Salzſaͤure zugleich uͤber, und bildet ein Koͤnigswaſſer; es iſt aber bey dieſer Bereitungsart des Koͤnigswaſſers viel Langſamkeit und Maͤßigung anzuwenden, weil ſich die Daͤmpfe hiebey ſehr ſchwer verdichten. Mehrere Subſtanzen zerſetzen den Salmiak auf andere Art, indem ſie ſich der Saͤure bemaͤchtigen und das fluͤchtige Alkali frey machen. Dahin gehoͤren die Kalkerden, die Bitterſalzerde, der lebendige Kalk, die fixen Laugenſalze und die metalliſchen Materien. Bey der Zerſetzung des

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/759>, abgerufen am 13.05.2024.