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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Stande unmittelbar an den Boden des Stiefels und das Ventil b anschließe. Geschieht dies nicht, so bleibt in dem Zwischenraume zwischen beyden etwas Luft, die durch ihren Druck dem im Saugrohre aufsteigenden Wasser desto mehr hinderlich wird, je größer dieser Zwischenraum ist. Daher heißt derselbe, wie bey den Luftpumpen, der schädli- che Raum. Man könnte das Ventil b in den Boden oder in die Mitte des Saugrohrs legen, und es giebt sehr viele Pumpen, wo es in der That so angebracht ist. Aber dadurch wird der schädliche Raum zwischen Kolben und Ventil ungemein vergrößert, und solche Pumpen heben das Wasser nicht so leicht und so schnell, als die, welche das Ventil im Boden des Stiefels haben. Dieser Raum verursacht allemal, daß die Atmosphäre das Wasser nicht völlig 32 Fuß hoch heben kan, und sein Einsluß kan bey übel angelegten Pumpen so weit gehen, daß das Wasser gar nicht bis in den Stiefel kommen kan.

Parent (Recherches de Phy sique et de Math. Paris, 1700.) entwarf zuerst eine Theorie der Saugwerke mit Betrachtung des schädlichen Raums in acht Aufgaben, ohne die Beweise seiner Auflösungen beyzufügen. Belidor (Architect. hydraul. L. III. chap. 3. §. 919--926.) entwickelt die Theorie, worauf diese Auflösungen beruhen. Auch Musschenbroek (Introd. ad philos. natur. To. II. §. 2125 sqq.) giebt eine Theorie, die Karsten nebst der belidorischen vorträgt, und einige Fehler seiner Vorgänger berichtiget. Der Einfluß des schädlichen Raums dauert indeß nur so lang, bis das Wasser den Kolben wirklich erreicht hat. Ist dies einmal geschehen, so giebt hiernächst die Pumpe auf jeden Zug soviel Wasser, als den körperlichen Raum des Kolbenzugs gerade ausfüllt, wofern nur nicht der Kolben schneller steigt, als das Wasser nachfolgen kan, woraus wiederum neue Untersuchungen über die vortheilhafteste Geschwindigkeit der Kolbenzüge entstehen.

Da hiebey der Kolben nur im Heraufsteigen Wasser hebt, im Absteigen aber blos das gehobne Wasser durch seine Klappe gehen läßt, und also einen Stillstand veranlasset, so pflegt man gern die Kolben zweyer Saugwerke so


Stande unmittelbar an den Boden des Stiefels und das Ventil b anſchließe. Geſchieht dies nicht, ſo bleibt in dem Zwiſchenraume zwiſchen beyden etwas Luft, die durch ihren Druck dem im Saugrohre aufſteigenden Waſſer deſto mehr hinderlich wird, je groͤßer dieſer Zwiſchenraum iſt. Daher heißt derſelbe, wie bey den Luftpumpen, der ſchaͤdli- che Raum. Man koͤnnte das Ventil b in den Boden oder in die Mitte des Saugrohrs legen, und es giebt ſehr viele Pumpen, wo es in der That ſo angebracht iſt. Aber dadurch wird der ſchaͤdliche Raum zwiſchen Kolben und Ventil ungemein vergroͤßert, und ſolche Pumpen heben das Waſſer nicht ſo leicht und ſo ſchnell, als die, welche das Ventil im Boden des Stiefels haben. Dieſer Raum verurſacht allemal, daß die Atmoſphaͤre das Waſſer nicht voͤllig 32 Fuß hoch heben kan, und ſein Einſluß kan bey uͤbel angelegten Pumpen ſo weit gehen, daß das Waſſer gar nicht bis in den Stiefel kommen kan.

Parent (Recherches de Phy ſique et de Math. Paris, 1700.) entwarf zuerſt eine Theorie der Saugwerke mit Betrachtung des ſchaͤdlichen Raums in acht Aufgaben, ohne die Beweiſe ſeiner Aufloͤſungen beyzufuͤgen. Belidor (Architect. hydraul. L. III. chap. 3. §. 919—926.) entwickelt die Theorie, worauf dieſe Aufloͤſungen beruhen. Auch Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. natur. To. II. §. 2125 ſqq.) giebt eine Theorie, die Karſten nebſt der belidoriſchen vortraͤgt, und einige Fehler ſeiner Vorgaͤnger berichtiget. Der Einfluß des ſchaͤdlichen Raums dauert indeß nur ſo lang, bis das Waſſer den Kolben wirklich erreicht hat. Iſt dies einmal geſchehen, ſo giebt hiernaͤchſt die Pumpe auf jeden Zug ſoviel Waſſer, als den koͤrperlichen Raum des Kolbenzugs gerade ausfuͤllt, wofern nur nicht der Kolben ſchneller ſteigt, als das Waſſer nachfolgen kan, woraus wiederum neue Unterſuchungen uͤber die vortheilhafteſte Geſchwindigkeit der Kolbenzuͤge entſtehen.

Da hiebey der Kolben nur im Heraufſteigen Waſſer hebt, im Abſteigen aber blos das gehobne Waſſer durch ſeine Klappe gehen laͤßt, und alſo einen Stillſtand veranlaſſet, ſo pflegt man gern die Kolben zweyer Saugwerke ſo

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[794/0800] Stande unmittelbar an den Boden des Stiefels und das Ventil b anſchließe. Geſchieht dies nicht, ſo bleibt in dem Zwiſchenraume zwiſchen beyden etwas Luft, die durch ihren Druck dem im Saugrohre aufſteigenden Waſſer deſto mehr hinderlich wird, je groͤßer dieſer Zwiſchenraum iſt. Daher heißt derſelbe, wie bey den Luftpumpen, der ſchaͤdli- che Raum. Man koͤnnte das Ventil b in den Boden oder in die Mitte des Saugrohrs legen, und es giebt ſehr viele Pumpen, wo es in der That ſo angebracht iſt. Aber dadurch wird der ſchaͤdliche Raum zwiſchen Kolben und Ventil ungemein vergroͤßert, und ſolche Pumpen heben das Waſſer nicht ſo leicht und ſo ſchnell, als die, welche das Ventil im Boden des Stiefels haben. Dieſer Raum verurſacht allemal, daß die Atmoſphaͤre das Waſſer nicht voͤllig 32 Fuß hoch heben kan, und ſein Einſluß kan bey uͤbel angelegten Pumpen ſo weit gehen, daß das Waſſer gar nicht bis in den Stiefel kommen kan. Parent (Recherches de Phy ſique et de Math. Paris, 1700.) entwarf zuerſt eine Theorie der Saugwerke mit Betrachtung des ſchaͤdlichen Raums in acht Aufgaben, ohne die Beweiſe ſeiner Aufloͤſungen beyzufuͤgen. Belidor (Architect. hydraul. L. III. chap. 3. §. 919—926.) entwickelt die Theorie, worauf dieſe Aufloͤſungen beruhen. Auch Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. natur. To. II. §. 2125 ſqq.) giebt eine Theorie, die Karſten nebſt der belidoriſchen vortraͤgt, und einige Fehler ſeiner Vorgaͤnger berichtiget. Der Einfluß des ſchaͤdlichen Raums dauert indeß nur ſo lang, bis das Waſſer den Kolben wirklich erreicht hat. Iſt dies einmal geſchehen, ſo giebt hiernaͤchſt die Pumpe auf jeden Zug ſoviel Waſſer, als den koͤrperlichen Raum des Kolbenzugs gerade ausfuͤllt, wofern nur nicht der Kolben ſchneller ſteigt, als das Waſſer nachfolgen kan, woraus wiederum neue Unterſuchungen uͤber die vortheilhafteſte Geſchwindigkeit der Kolbenzuͤge entſtehen. Da hiebey der Kolben nur im Heraufſteigen Waſſer hebt, im Abſteigen aber blos das gehobne Waſſer durch ſeine Klappe gehen laͤßt, und alſo einen Stillſtand veranlaſſet, ſo pflegt man gern die Kolben zweyer Saugwerke ſo

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 794. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/800>, abgerufen am 13.05.2024.