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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 37. Die Staatsdiener.

Die Wahl der Anzustellenden ist ein Recht des
Monarchen. Indessen verlangen die Gesetze, dass regel-
mässig nur Inländer und dass nur solche Personen ge-
wählt werden, welche sich durch Erstehung der vorge-
schriebenen Prüfungen als qualificirt ausgewiesen haben;
auch ist particularrechtlich den Collegien ein Vorschlags-
recht, bisweilen auch den Ständen ein Präsentationsrecht
bei der Besetzung gewisser Aemter eingeräumt. Ein
Recht, zum Staatsdiener gewählt zu werden, lässt sich
ebensowenig begründen,2 als eine allgemeine staats-
bürgerliche Pflicht zum Eintritte in das Staatsdienstver-
hältniss.3

Die Rechte des Angestellten auf Titel, Rang und
Gehalt beginnen im Zweifel mit dem Datum des De-
crets,4 seine amtlichen Functionen mit der Einweisung
in das Amt, und seine Anerkennung als amtliche Auto-

dern ruht auf einer durch das Wesen des Instituts gegebenen
Grundlage. Daher ist auch die Ansicht unrichtig, dass die recht-
liche Natur eines durch besonderen Vertrag eingeleiteten Dienst-
verhältnisses eine andere sei, als die eines Dienstes, welcher durch
landesherrliches Decret unter einfacher Verweisung auf das allge-
meine Staatsdienstrecht begründet worden ist.
2 Auch regelmässig nicht ein Recht auf Vorrücken nach Mass-
gabe der Anciennetät.
3 Diess ist zwar bestritten, aber es folgt mit Nothwendigkeit
aus dem in der Note 1. zum §. 36. Bemerkten. Auch wird es da-
durch bestätigt, dass die Gesetze allgemein die Befugniss des
Staatsdieners anerkennen, jederzeit seine Entlassung zu begehren.
Denn eine Staatsbürgerpflicht, ein Amt anzunehmen, müsste
auch die Pflicht einschliessen, es zu behalten.
4 Es ist für diese Interessen ganz gleichgültig, ob die An-
stellung nur eine provisorische oder eine definitive war; denn diese
Unterscheidung bezieht sich in der Regel nur auf die Begründung
von Pensionsrechten, welche erst mit der definitiven Anstellung
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§. 37. Die Staatsdiener.

Die Wahl der Anzustellenden ist ein Recht des
Monarchen. Indessen verlangen die Gesetze, dass regel-
mässig nur Inländer und dass nur solche Personen ge-
wählt werden, welche sich durch Erstehung der vorge-
schriebenen Prüfungen als qualificirt ausgewiesen haben;
auch ist particularrechtlich den Collegien ein Vorschlags-
recht, bisweilen auch den Ständen ein Präsentationsrecht
bei der Besetzung gewisser Aemter eingeräumt. Ein
Recht, zum Staatsdiener gewählt zu werden, lässt sich
ebensowenig begründen,2 als eine allgemeine staats-
bürgerliche Pflicht zum Eintritte in das Staatsdienstver-
hältniss.3

Die Rechte des Angestellten auf Titel, Rang und
Gehalt beginnen im Zweifel mit dem Datum des De-
crets,4 seine amtlichen Functionen mit der Einweisung
in das Amt, und seine Anerkennung als amtliche Auto-

dern ruht auf einer durch das Wesen des Instituts gegebenen
Grundlage. Daher ist auch die Ansicht unrichtig, dass die recht-
liche Natur eines durch besonderen Vertrag eingeleiteten Dienst-
verhältnisses eine andere sei, als die eines Dienstes, welcher durch
landesherrliches Decret unter einfacher Verweisung auf das allge-
meine Staatsdienstrecht begründet worden ist.
2 Auch regelmässig nicht ein Recht auf Vorrücken nach Mass-
gabe der Anciennetät.
3 Diess ist zwar bestritten, aber es folgt mit Nothwendigkeit
aus dem in der Note 1. zum §. 36. Bemerkten. Auch wird es da-
durch bestätigt, dass die Gesetze allgemein die Befugniss des
Staatsdieners anerkennen, jederzeit seine Entlassung zu begehren.
Denn eine Staatsbürgerpflicht, ein Amt anzunehmen, müsste
auch die Pflicht einschliessen, es zu behalten.
4 Es ist für diese Interessen ganz gleichgültig, ob die An-
stellung nur eine provisorische oder eine definitive war; denn diese
Unterscheidung bezieht sich in der Regel nur auf die Begründung
von Pensionsrechten, welche erst mit der definitiven Anstellung
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[115/0133] §. 37. Die Staatsdiener. Die Wahl der Anzustellenden ist ein Recht des Monarchen. Indessen verlangen die Gesetze, dass regel- mässig nur Inländer und dass nur solche Personen ge- wählt werden, welche sich durch Erstehung der vorge- schriebenen Prüfungen als qualificirt ausgewiesen haben; auch ist particularrechtlich den Collegien ein Vorschlags- recht, bisweilen auch den Ständen ein Präsentationsrecht bei der Besetzung gewisser Aemter eingeräumt. Ein Recht, zum Staatsdiener gewählt zu werden, lässt sich ebensowenig begründen, 2 als eine allgemeine staats- bürgerliche Pflicht zum Eintritte in das Staatsdienstver- hältniss. 3 Die Rechte des Angestellten auf Titel, Rang und Gehalt beginnen im Zweifel mit dem Datum des De- crets, 4 seine amtlichen Functionen mit der Einweisung in das Amt, und seine Anerkennung als amtliche Auto- 1 2 Auch regelmässig nicht ein Recht auf Vorrücken nach Mass- gabe der Anciennetät. 3 Diess ist zwar bestritten, aber es folgt mit Nothwendigkeit aus dem in der Note 1. zum §. 36. Bemerkten. Auch wird es da- durch bestätigt, dass die Gesetze allgemein die Befugniss des Staatsdieners anerkennen, jederzeit seine Entlassung zu begehren. Denn eine Staatsbürgerpflicht, ein Amt anzunehmen, müsste auch die Pflicht einschliessen, es zu behalten. 4 Es ist für diese Interessen ganz gleichgültig, ob die An- stellung nur eine provisorische oder eine definitive war; denn diese Unterscheidung bezieht sich in der Regel nur auf die Begründung von Pensionsrechten, welche erst mit der definitiven Anstellung 1 dern ruht auf einer durch das Wesen des Instituts gegebenen Grundlage. Daher ist auch die Ansicht unrichtig, dass die recht- liche Natur eines durch besonderen Vertrag eingeleiteten Dienst- verhältnisses eine andere sei, als die eines Dienstes, welcher durch landesherrliches Decret unter einfacher Verweisung auf das allge- meine Staatsdienstrecht begründet worden ist. 8*

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/133>, abgerufen am 27.04.2024.