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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 5. Deutsches Staatsrecht.
Nutzens aus angesehen erscheint mithin die Wissen-
schaft des deutschen Staatsrechts als eine Einleitung zu
allen einzelnen deutschen Staatsrechten, in welcher die
substantiellen Ideen für letztere in rechtswissenschaft-
licher Entwickelung niedergelegt sind.

Das deutsche Bundesrecht hat einen Bestand-
theil, welcher ganz und gar zum Inhalte des deutschen
Staatsrechts gehört. Ein anderer Theil desselben bildet
einen davon völlig unabhängigen selbständigen Rechts-
stoff.

Literatur des heutigen deutschen Staatsrechts.
Die vollständigste Uebersicht ist enthalten in dem Werke
von R. v. Mohl, die Geschichte und Literatur der Staats-
wissenschaften, 2. Band (1856) S. 286 flg. Als die be-
deutendsten der das gegenwärtige deutsche Staatsrecht be-
treffenden Werke sind zu nennen: Klüber, öffentliches
Recht des deutschen Bundes und der Bundesstaaten, 4.
Aufl. 1840. Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen
deutschen Staatsrechts, 2. Aufl. 1843. Weiss, System
des deutschen Staatsrechts 1843. Zöpfl, Grundsätze des

mene materielle Einheit beim Privatrechte in noch entschiedene-
rem Masse vorhanden ist, indem die fortwährende Einwirkung des
gemeinsamen nationalen Geistes auf die Erzeugung des Privat-
rechts weit weniger durch die staatliche Vielheit gekreuzt wird,
als diess bei der Production des staatsrechtlichen Stoffs der Fall
ist; denn diese dient ja recht eigentlich dem Ausbau der particu-
lären Selbständigkeit. Etwas zu scharf ist diess indessen hervor-
gehoben in meiner Schrift über öffentliche Rechte S. 11 flg. Eine
Anomalie bleibt es freilich immer, dass die deutsche Wissenschaft
genöthigt wird, aus den Particularrechten einen Rechtsstoff künst-
lich auszuscheiden, um ihn ohne imperative Bedeutung, also ohne
die naturgemässe Spitze jeder juristischen Darstellung, zu ent-
wickeln. Es ist ein Zwiespalt, der genau dem Umstande ent-
spricht, dass sich der Begriff des deutschen Volks und seine staat-
liche Organisation nicht decken.

§. 5. Deutsches Staatsrecht.
Nutzens aus angesehen erscheint mithin die Wissen-
schaft des deutschen Staatsrechts als eine Einleitung zu
allen einzelnen deutschen Staatsrechten, in welcher die
substantiellen Ideen für letztere in rechtswissenschaft-
licher Entwickelung niedergelegt sind.

Das deutsche Bundesrecht hat einen Bestand-
theil, welcher ganz und gar zum Inhalte des deutschen
Staatsrechts gehört. Ein anderer Theil desselben bildet
einen davon völlig unabhängigen selbständigen Rechts-
stoff.

Literatur des heutigen deutschen Staatsrechts.
Die vollständigste Uebersicht ist enthalten in dem Werke
von R. v. Mohl, die Geschichte und Literatur der Staats-
wissenschaften, 2. Band (1856) S. 286 flg. Als die be-
deutendsten der das gegenwärtige deutsche Staatsrecht be-
treffenden Werke sind zu nennen: Klüber, öffentliches
Recht des deutschen Bundes und der Bundesstaaten, 4.
Aufl. 1840. Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen
deutschen Staatsrechts, 2. Aufl. 1843. Weiss, System
des deutschen Staatsrechts 1843. Zöpfl, Grundsätze des

mene materielle Einheit beim Privatrechte in noch entschiedene-
rem Masse vorhanden ist, indem die fortwährende Einwirkung des
gemeinsamen nationalen Geistes auf die Erzeugung des Privat-
rechts weit weniger durch die staatliche Vielheit gekreuzt wird,
als diess bei der Production des staatsrechtlichen Stoffs der Fall
ist; denn diese dient ja recht eigentlich dem Ausbau der particu-
lären Selbständigkeit. Etwas zu scharf ist diess indessen hervor-
gehoben in meiner Schrift über öffentliche Rechte S. 11 flg. Eine
Anomalie bleibt es freilich immer, dass die deutsche Wissenschaft
genöthigt wird, aus den Particularrechten einen Rechtsstoff künst-
lich auszuscheiden, um ihn ohne imperative Bedeutung, also ohne
die naturgemässe Spitze jeder juristischen Darstellung, zu ent-
wickeln. Es ist ein Zwiespalt, der genau dem Umstande ent-
spricht, dass sich der Begriff des deutschen Volks und seine staat-
liche Organisation nicht decken.
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[11/0029] §. 5. Deutsches Staatsrecht. Nutzens aus angesehen erscheint mithin die Wissen- schaft des deutschen Staatsrechts als eine Einleitung zu allen einzelnen deutschen Staatsrechten, in welcher die substantiellen Ideen für letztere in rechtswissenschaft- licher Entwickelung niedergelegt sind. Das deutsche Bundesrecht hat einen Bestand- theil, welcher ganz und gar zum Inhalte des deutschen Staatsrechts gehört. Ein anderer Theil desselben bildet einen davon völlig unabhängigen selbständigen Rechts- stoff. Literatur des heutigen deutschen Staatsrechts. Die vollständigste Uebersicht ist enthalten in dem Werke von R. v. Mohl, die Geschichte und Literatur der Staats- wissenschaften, 2. Band (1856) S. 286 flg. Als die be- deutendsten der das gegenwärtige deutsche Staatsrecht be- treffenden Werke sind zu nennen: Klüber, öffentliches Recht des deutschen Bundes und der Bundesstaaten, 4. Aufl. 1840. Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, 2. Aufl. 1843. Weiss, System des deutschen Staatsrechts 1843. Zöpfl, Grundsätze des 2 2 mene materielle Einheit beim Privatrechte in noch entschiedene- rem Masse vorhanden ist, indem die fortwährende Einwirkung des gemeinsamen nationalen Geistes auf die Erzeugung des Privat- rechts weit weniger durch die staatliche Vielheit gekreuzt wird, als diess bei der Production des staatsrechtlichen Stoffs der Fall ist; denn diese dient ja recht eigentlich dem Ausbau der particu- lären Selbständigkeit. Etwas zu scharf ist diess indessen hervor- gehoben in meiner Schrift über öffentliche Rechte S. 11 flg. Eine Anomalie bleibt es freilich immer, dass die deutsche Wissenschaft genöthigt wird, aus den Particularrechten einen Rechtsstoff künst- lich auszuscheiden, um ihn ohne imperative Bedeutung, also ohne die naturgemässe Spitze jeder juristischen Darstellung, zu ent- wickeln. Es ist ein Zwiespalt, der genau dem Umstande ent- spricht, dass sich der Begriff des deutschen Volks und seine staat- liche Organisation nicht decken.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/29>, abgerufen am 28.04.2024.