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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 22. Das Staatsgebiet.

Der Inhalt des Rechts des Staats am Staatsgebiete
ist nun allein der, dass der Staat auf ihm Staat
sein darf, dass das Territorium die örtliche Aus-
dehnung der Wirkung seiner Staatsgewalt dar-
stellt, und dass er die Anerkennung desselben
als örtlichen Machtgebiets in Anspruch nehmen
kann.
1 Die Zugehörigkeit des Territoriums zum Staate
als berechtigtem Subjecte ist also der Inhalt eines durch-
aus staatsrechtlichen Sachenrechts.2 Diese Characteristik
des Rechts am Staatsgebiete, welche darin nur das all-
gemeine und formelle Moment der Oertlichkeit in der
rechtlichen Bestimmung des Staatsrechts erblickt, ist
aber erschöpfend; es würde unrichtig sein, den Begriff
dieses Rechts mit einem eigenthümlichen materiellen In-
halte ausstatten und etwa durch einzelne Massregeln der
Staatsgewalt bestimmen zu wollen, welche den Grund
und Boden zum praktischen Objecte haben, wie die An-
legung von Strassen, die Verfügung über öffentliche
Gewässer, die Aufstellung von Regalien, oder durch
Massregeln, welche sich auf die Eintheilung des Staats
in Kreise oder Provinzen, oder auf die Behandlung

1 Darin liegt, dass der Staat jede Herrschaftshandlung eines
fremden Staats auf seinem Gebiete als rechtswidrig zurückweisen
kann. Er ist in seinem Gebiete, insoweit nicht Staatsservituten
bestehen, ausschliesslich hoheitsberechtigt. Durch die grossen
Staatsseparationen seit dem Rheinbunde (Art. 34.) sind die älteren
Territorialverquickungen des deutschen Reichs grösstentheils be-
seitigt worden.
2 Es bedarf jetzt kaum noch der Bemerkung, dass dieses
staatsrechtliche Recht an der Sache auch nicht die geringste Ver-
wandtschaft mit privatrechtlichen Sachenrechten hat, wie Eigen-
thum oder Obereigenthum.
§. 22. Das Staatsgebiet.

Der Inhalt des Rechts des Staats am Staatsgebiete
ist nun allein der, dass der Staat auf ihm Staat
sein darf, dass das Territorium die örtliche Aus-
dehnung der Wirkung seiner Staatsgewalt dar-
stellt, und dass er die Anerkennung desselben
als örtlichen Machtgebiets in Anspruch nehmen
kann.
1 Die Zugehörigkeit des Territoriums zum Staate
als berechtigtem Subjecte ist also der Inhalt eines durch-
aus staatsrechtlichen Sachenrechts.2 Diese Characteristik
des Rechts am Staatsgebiete, welche darin nur das all-
gemeine und formelle Moment der Oertlichkeit in der
rechtlichen Bestimmung des Staatsrechts erblickt, ist
aber erschöpfend; es würde unrichtig sein, den Begriff
dieses Rechts mit einem eigenthümlichen materiellen In-
halte ausstatten und etwa durch einzelne Massregeln der
Staatsgewalt bestimmen zu wollen, welche den Grund
und Boden zum praktischen Objecte haben, wie die An-
legung von Strassen, die Verfügung über öffentliche
Gewässer, die Aufstellung von Regalien, oder durch
Massregeln, welche sich auf die Eintheilung des Staats
in Kreise oder Provinzen, oder auf die Behandlung

1 Darin liegt, dass der Staat jede Herrschaftshandlung eines
fremden Staats auf seinem Gebiete als rechtswidrig zurückweisen
kann. Er ist in seinem Gebiete, insoweit nicht Staatsservituten
bestehen, ausschliesslich hoheitsberechtigt. Durch die grossen
Staatsseparationen seit dem Rheinbunde (Art. 34.) sind die älteren
Territorialverquickungen des deutschen Reichs grösstentheils be-
seitigt worden.
2 Es bedarf jetzt kaum noch der Bemerkung, dass dieses
staatsrechtliche Recht an der Sache auch nicht die geringste Ver-
wandtschaft mit privatrechtlichen Sachenrechten hat, wie Eigen-
thum oder Obereigenthum.
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[61/0079] §. 22. Das Staatsgebiet. Der Inhalt des Rechts des Staats am Staatsgebiete ist nun allein der, dass der Staat auf ihm Staat sein darf, dass das Territorium die örtliche Aus- dehnung der Wirkung seiner Staatsgewalt dar- stellt, und dass er die Anerkennung desselben als örtlichen Machtgebiets in Anspruch nehmen kann. 1 Die Zugehörigkeit des Territoriums zum Staate als berechtigtem Subjecte ist also der Inhalt eines durch- aus staatsrechtlichen Sachenrechts. 2 Diese Characteristik des Rechts am Staatsgebiete, welche darin nur das all- gemeine und formelle Moment der Oertlichkeit in der rechtlichen Bestimmung des Staatsrechts erblickt, ist aber erschöpfend; es würde unrichtig sein, den Begriff dieses Rechts mit einem eigenthümlichen materiellen In- halte ausstatten und etwa durch einzelne Massregeln der Staatsgewalt bestimmen zu wollen, welche den Grund und Boden zum praktischen Objecte haben, wie die An- legung von Strassen, die Verfügung über öffentliche Gewässer, die Aufstellung von Regalien, oder durch Massregeln, welche sich auf die Eintheilung des Staats in Kreise oder Provinzen, oder auf die Behandlung 1 Darin liegt, dass der Staat jede Herrschaftshandlung eines fremden Staats auf seinem Gebiete als rechtswidrig zurückweisen kann. Er ist in seinem Gebiete, insoweit nicht Staatsservituten bestehen, ausschliesslich hoheitsberechtigt. Durch die grossen Staatsseparationen seit dem Rheinbunde (Art. 34.) sind die älteren Territorialverquickungen des deutschen Reichs grösstentheils be- seitigt worden. 2 Es bedarf jetzt kaum noch der Bemerkung, dass dieses staatsrechtliche Recht an der Sache auch nicht die geringste Ver- wandtschaft mit privatrechtlichen Sachenrechten hat, wie Eigen- thum oder Obereigenthum.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/79>, abgerufen am 07.05.2024.