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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Allgemeine Bemerkungen.
und begreift daher, warum die Erfindung der Eisenbahnen daselbst beinahe ein halbes
Jahrhundert in ihrer Kindheit blieb und erst in den letzten 5 bis 10 Jahren einen vor-
züglichen Grad der Vollkommenheit erreicht hat.

Die Bewohner des Festlandes von Europa dürften sich bei der gegenwärtigen Ver-
vollkommnung der Eisenbahnen darüber trösten, dass ihnen die Natur zu Schiffahrts-
kanälen nicht dieselbe Gelegenheit gegeben hat, wie dem niedrigen Küstenlande, und
man ist gegenwärtig zu der Uiberzeugung gelangt, dass es zu einem vortheilhaften
Kommerze nicht unumgänglich nothwendig sey, das feste trockene Land gegen seine
Natur in Wasserland umzuschaffen und des horizontalen Wasserstandes wegen mit un-
geheuern Kosten Berge zu durchgraben und tiefe Thäler und Flüsse mit Brücken zu
überspannen, um Schiffe über Mastbäume hinwegsegeln zu sehen. Solche Schauspiele,
die gegenwärtig als Denkmäler der Kunst des Zeitalters betrachtet werden, dürften
sich keine längere Dauer als die römischen Wasserleitungen zu versprechen haben;
weil die Nachwelt bei einer Veränderung der Umstände zur Uiberzeugung kommt, dass
der Vortheil, den solche Bauwerke gewähren, nicht mehr der Unterhaltungskosten werth
ist, sonach dieselben dem Verfall überlassen werden müssen. Bei dem Stande der heuti-
gen Aufklärung kann nur die allgemeine Nützlichkeit einer Unternehmung über ihre
Ausführung entscheiden, es mag diess nun ein Kanal, eine Eisenbahn, oder ein an-
deres Bauwerk seyn.

Wir schliessen diesen Band mit dem lebhaften Wunsche, dass unsern Lesern die Ge-
legenheit dargeboten werden möchte, wohlerwogene, gemeinnützliche Unternehmungen in
ihrem Vaterlande zur Ausführung zu bringen und dass sie in unserer Beschreibung
der englischen Kanäle Anhaltspunkte für die Begründung ähnlicher Bauten finden
möchten.

(Ende des zweiten Bandes.)



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Allgemeine Bemerkungen.
und begreift daher, warum die Erfindung der Eisenbahnen daselbst beinahe ein halbes
Jahrhundert in ihrer Kindheit blieb und erst in den letzten 5 bis 10 Jahren einen vor-
züglichen Grad der Vollkommenheit erreicht hat.

Die Bewohner des Festlandes von Europa dürften sich bei der gegenwärtigen Ver-
vollkommnung der Eisenbahnen darüber trösten, dass ihnen die Natur zu Schiffahrts-
kanälen nicht dieselbe Gelegenheit gegeben hat, wie dem niedrigen Küstenlande, und
man ist gegenwärtig zu der Uiberzeugung gelangt, dass es zu einem vortheilhaften
Kommerze nicht unumgänglich nothwendig sey, das feste trockene Land gegen seine
Natur in Wasserland umzuschaffen und des horizontalen Wasserstandes wegen mit un-
geheuern Kosten Berge zu durchgraben und tiefe Thäler und Flüsse mit Brücken zu
überspannen, um Schiffe über Mastbäume hinwegsegeln zu sehen. Solche Schauspiele,
die gegenwärtig als Denkmäler der Kunst des Zeitalters betrachtet werden, dürften
sich keine längere Dauer als die römischen Wasserleitungen zu versprechen haben;
weil die Nachwelt bei einer Veränderung der Umstände zur Uiberzeugung kommt, dass
der Vortheil, den solche Bauwerke gewähren, nicht mehr der Unterhaltungskosten werth
ist, sonach dieselben dem Verfall überlassen werden müssen. Bei dem Stande der heuti-
gen Aufklärung kann nur die allgemeine Nützlichkeit einer Unternehmung über ihre
Ausführung entscheiden, es mag diess nun ein Kanal, eine Eisenbahn, oder ein an-
deres Bauwerk seyn.

Wir schliessen diesen Band mit dem lebhaften Wunsche, dass unsern Lesern die Ge-
legenheit dargeboten werden möchte, wohlerwogene, gemeinnützliche Unternehmungen in
ihrem Vaterlande zur Ausführung zu bringen und dass sie in unserer Beschreibung
der englischen Kanäle Anhaltspunkte für die Begründung ähnlicher Bauten finden
möchten.

(Ende des zweiten Bandes.)



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[547/0565] Allgemeine Bemerkungen. und begreift daher, warum die Erfindung der Eisenbahnen daselbst beinahe ein halbes Jahrhundert in ihrer Kindheit blieb und erst in den letzten 5 bis 10 Jahren einen vor- züglichen Grad der Vollkommenheit erreicht hat. Die Bewohner des Festlandes von Europa dürften sich bei der gegenwärtigen Ver- vollkommnung der Eisenbahnen darüber trösten, dass ihnen die Natur zu Schiffahrts- kanälen nicht dieselbe Gelegenheit gegeben hat, wie dem niedrigen Küstenlande, und man ist gegenwärtig zu der Uiberzeugung gelangt, dass es zu einem vortheilhaften Kommerze nicht unumgänglich nothwendig sey, das feste trockene Land gegen seine Natur in Wasserland umzuschaffen und des horizontalen Wasserstandes wegen mit un- geheuern Kosten Berge zu durchgraben und tiefe Thäler und Flüsse mit Brücken zu überspannen, um Schiffe über Mastbäume hinwegsegeln zu sehen. Solche Schauspiele, die gegenwärtig als Denkmäler der Kunst des Zeitalters betrachtet werden, dürften sich keine längere Dauer als die römischen Wasserleitungen zu versprechen haben; weil die Nachwelt bei einer Veränderung der Umstände zur Uiberzeugung kommt, dass der Vortheil, den solche Bauwerke gewähren, nicht mehr der Unterhaltungskosten werth ist, sonach dieselben dem Verfall überlassen werden müssen. Bei dem Stande der heuti- gen Aufklärung kann nur die allgemeine Nützlichkeit einer Unternehmung über ihre Ausführung entscheiden, es mag diess nun ein Kanal, eine Eisenbahn, oder ein an- deres Bauwerk seyn. Wir schliessen diesen Band mit dem lebhaften Wunsche, dass unsern Lesern die Ge- legenheit dargeboten werden möchte, wohlerwogene, gemeinnützliche Unternehmungen in ihrem Vaterlande zur Ausführung zu bringen und dass sie in unserer Beschreibung der englischen Kanäle Anhaltspunkte für die Begründung ähnlicher Bauten finden möchten. (Ende des zweiten Bandes.) 69*

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/565>, abgerufen am 29.04.2024.