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[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741.

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Zuschrift.

Die Begierde immer zu leben, und nie
zu sterben unterhält dieses Band. Man
hat zwar ehedessen viele Mittel ersonnen,
nicht zu sterben, sie waren aber alle nicht
hinlänglich. Anfänglich wollte man
den Tod durch Arzney und Kräuter ver-
treiben. Wie wenig aber dieses Mittel
geholfen, bezeugt die untrügliche Erfah-
rung. Denn weil die Aerzte mit einan-
der höflich complimentirt, hernach guten
Rath gepflogen, und sich wohl öfters
gar mit einander gezancket haben, was
vor ein Mittel den Tod vertreiben kön-
ne; So ist unterdessen ein Krancker nach
dem andern zu Grabe gegangen.

Hierauf verfiel man auf ein anderes
Mittel wider den Tod. Man mahlte
nemlich die Bildnisse berühmter Leute
und ihre Thaten auf Leinewand, Holz
und Metall; Man grub sie in Marmor
und Eisen; Man goß sie in Erz und
Wachs; Man richtete ihnen Ehren-
pforten und Grabmähler auf; Und die-
ses alles hat man nur darum gethan, da-
mit man die Menschen und ihre Thaten

von
Zuſchrift.

Die Begierde immer zu leben, und nie
zu ſterben unterhaͤlt dieſes Band. Man
hat zwar ehedeſſen viele Mittel erſonnen,
nicht zu ſterben, ſie waren aber alle nicht
hinlaͤnglich. Anfaͤnglich wollte man
den Tod durch Arzney und Kraͤuter ver-
treiben. Wie wenig aber dieſes Mittel
geholfen, bezeugt die untruͤgliche Erfah-
rung. Denn weil die Aerzte mit einan-
der hoͤflich complimentirt, hernach guten
Rath gepflogen, und ſich wohl oͤfters
gar mit einander gezancket haben, was
vor ein Mittel den Tod vertreiben koͤn-
ne; So iſt unterdeſſen ein Krancker nach
dem andern zu Grabe gegangen.

Hierauf verfiel man auf ein anderes
Mittel wider den Tod. Man mahlte
nemlich die Bildniſſe beruͤhmter Leute
und ihre Thaten auf Leinewand, Holz
und Metall; Man grub ſie in Marmor
und Eiſen; Man goß ſie in Erz und
Wachs; Man richtete ihnen Ehren-
pforten und Grabmaͤhler auf; Und die-
ſes alles hat man nur darum gethan, da-
mit man die Menſchen und ihre Thaten

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[0008] Zuſchrift. Die Begierde immer zu leben, und nie zu ſterben unterhaͤlt dieſes Band. Man hat zwar ehedeſſen viele Mittel erſonnen, nicht zu ſterben, ſie waren aber alle nicht hinlaͤnglich. Anfaͤnglich wollte man den Tod durch Arzney und Kraͤuter ver- treiben. Wie wenig aber dieſes Mittel geholfen, bezeugt die untruͤgliche Erfah- rung. Denn weil die Aerzte mit einan- der hoͤflich complimentirt, hernach guten Rath gepflogen, und ſich wohl oͤfters gar mit einander gezancket haben, was vor ein Mittel den Tod vertreiben koͤn- ne; So iſt unterdeſſen ein Krancker nach dem andern zu Grabe gegangen. Hierauf verfiel man auf ein anderes Mittel wider den Tod. Man mahlte nemlich die Bildniſſe beruͤhmter Leute und ihre Thaten auf Leinewand, Holz und Metall; Man grub ſie in Marmor und Eiſen; Man goß ſie in Erz und Wachs; Man richtete ihnen Ehren- pforten und Grabmaͤhler auf; Und die- ſes alles hat man nur darum gethan, da- mit man die Menſchen und ihre Thaten von

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741/8>, abgerufen am 29.04.2024.