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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789.

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dem Boden befindlichen Grase seinen Wachsthum,
und wegen der vielen so gar starken verwachsenen
Aeste kann es nicht genugsam genutzt werden. Sie
nimmt auch unnöthigerweise durch dies Ausbreiten
zu viel Platz ein. Das in diesen Gegenden wei-
dende Vieh, besonders Schaafe und Ziegen, wie
nicht weniger Haasen und Füchse pflegen um desto
bequemer die jungen Sprößlinge, die zarten Blät-
ter, und die feinen Aestchen zu erreichen, und abzu-
beißen. Ja man hat beobachtet, daß Ziegen und
Schaafe die jungen, halberwachsenen, annoch voller
Saft steckenden, Blüthen und Wollenähren, als
ein Leckerbißchen, mit besonderer Begierde abfres-
sen; besonders wenn die in der Nähe befindliche
Weide, bey dürrer Zeit, entweder zu sparsam oder
zu trocken ist, oder wenn solche den diesen, nach al-
lerley Futterungsabwachse so begierigen Viehe, ge-
wöhnlichen Appetit nicht genugsam erfüllen mag.
Wird hingegen gleich bey dem ersten Anbau darauf
gesehen, hochstämmige Bäume zu erziehen, so kann
das Vieh nicht durch Abfressung der Sprößlinge
den Wachsthum der Bäume hindern; die darun-
ter befindliche Gräserey wächst reichlicher, und ist
vollständiger zu nutzen: imgleichen können die Wol-
lenzäpfchen ungestört fortwachsen, und über dies
alles ist es bekannt genug, daß eine baumartige in
der Höhe sich ausbreitende Weide eine viel größere
Menge Wollenähren trägt, als eine niedrige
Strauchweide, deren Wachsthum auf mancherley

Art

dem Boden befindlichen Graſe ſeinen Wachsthum,
und wegen der vielen ſo gar ſtarken verwachſenen
Aeſte kann es nicht genugſam genutzt werden. Sie
nimmt auch unnoͤthigerweiſe durch dies Ausbreiten
zu viel Platz ein. Das in dieſen Gegenden wei-
dende Vieh, beſonders Schaafe und Ziegen, wie
nicht weniger Haaſen und Fuͤchſe pflegen um deſto
bequemer die jungen Sproͤßlinge, die zarten Blaͤt-
ter, und die feinen Aeſtchen zu erreichen, und abzu-
beißen. Ja man hat beobachtet, daß Ziegen und
Schaafe die jungen, halberwachſenen, annoch voller
Saft ſteckenden, Bluͤthen und Wollenaͤhren, als
ein Leckerbißchen, mit beſonderer Begierde abfreſ-
ſen; beſonders wenn die in der Naͤhe befindliche
Weide, bey duͤrrer Zeit, entweder zu ſparſam oder
zu trocken iſt, oder wenn ſolche den dieſen, nach al-
lerley Futterungsabwachſe ſo begierigen Viehe, ge-
woͤhnlichen Appetit nicht genugſam erfuͤllen mag.
Wird hingegen gleich bey dem erſten Anbau darauf
geſehen, hochſtaͤmmige Baͤume zu erziehen, ſo kann
das Vieh nicht durch Abfreſſung der Sproͤßlinge
den Wachsthum der Baͤume hindern; die darun-
ter befindliche Graͤſerey waͤchſt reichlicher, und iſt
vollſtaͤndiger zu nutzen: imgleichen koͤnnen die Wol-
lenzaͤpfchen ungeſtoͤrt fortwachſen, und uͤber dies
alles iſt es bekannt genug, daß eine baumartige in
der Hoͤhe ſich ausbreitende Weide eine viel groͤßere
Menge Wollenaͤhren traͤgt, als eine niedrige
Strauchweide, deren Wachsthum auf mancherley

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[216[214]/0224] dem Boden befindlichen Graſe ſeinen Wachsthum, und wegen der vielen ſo gar ſtarken verwachſenen Aeſte kann es nicht genugſam genutzt werden. Sie nimmt auch unnoͤthigerweiſe durch dies Ausbreiten zu viel Platz ein. Das in dieſen Gegenden wei- dende Vieh, beſonders Schaafe und Ziegen, wie nicht weniger Haaſen und Fuͤchſe pflegen um deſto bequemer die jungen Sproͤßlinge, die zarten Blaͤt- ter, und die feinen Aeſtchen zu erreichen, und abzu- beißen. Ja man hat beobachtet, daß Ziegen und Schaafe die jungen, halberwachſenen, annoch voller Saft ſteckenden, Bluͤthen und Wollenaͤhren, als ein Leckerbißchen, mit beſonderer Begierde abfreſ- ſen; beſonders wenn die in der Naͤhe befindliche Weide, bey duͤrrer Zeit, entweder zu ſparſam oder zu trocken iſt, oder wenn ſolche den dieſen, nach al- lerley Futterungsabwachſe ſo begierigen Viehe, ge- woͤhnlichen Appetit nicht genugſam erfuͤllen mag. Wird hingegen gleich bey dem erſten Anbau darauf geſehen, hochſtaͤmmige Baͤume zu erziehen, ſo kann das Vieh nicht durch Abfreſſung der Sproͤßlinge den Wachsthum der Baͤume hindern; die darun- ter befindliche Graͤſerey waͤchſt reichlicher, und iſt vollſtaͤndiger zu nutzen: imgleichen koͤnnen die Wol- lenzaͤpfchen ungeſtoͤrt fortwachſen, und uͤber dies alles iſt es bekannt genug, daß eine baumartige in der Hoͤhe ſich ausbreitende Weide eine viel groͤßere Menge Wollenaͤhren traͤgt, als eine niedrige Strauchweide, deren Wachsthum auf mancherley Art

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 216[214]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/224>, abgerufen am 13.05.2024.