Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

leiten. Es ist gar nicht anzunehmen, daß das von
fremden Orten hergebrachte und nachher krank gewor-
dene Rindvieh, da schon von dieser Seuche inficirt ge-
wesen seyn sollte, wo es hergebracht worden. Wenn
das wäre, so müßte sich das Viehsterben beyder Or-
ten, nehmlich, da wo es her- und wo es hingebracht
und eingestallet worden, geäußert haben, und das
hat man wenigstens noch nicht gehöret. Die Vieh-
händler kaufen an solchen Orten, wo diese Seuche im
Schwange gehet, kein Vieh, und im Kriege werden
die Soldaten da auch nichts an sich nehmen; die Obrig-
keit des Orts und die benachbarten lassen auch nichts
durch; und wenn dem auch so wäre, so wird sich das
schon kranke Vieh nicht so weit treiben lassen; es wür-
de nicht eine, geschweige mehrere Tagereisen aushal-
ten: es würde also unterweges schon krepiren. Das
Rindvieh, so die kayserl. königl. auch Reichs- und
herzogl. Würtemb. Truppen mit in die Gegend des
Elbstroms gebracht, haben sie aus dem Hohensteini-
schen, Mansfeldischen und dem Saalkreise mit sich
genommen, in allen diesen Gegenden ist, Gottlob!
vor und nach dieser Zeit kein Viehsterben entstanden.
Gleichwohl aber hat dieses Vieh die Seuche mit in
dortige Gegenden gebracht, wo ermeldete Truppen
mit dem Vieh durchgekommen. Es muß also diese
Seuche, oder den Stof dazu nothwendig unterweges
bekommen haben? ich sage ja: und suche es folgen-
dergestalt zu beweisen: Es geschiehet mehrentheils
im Herbste, da das Rindvieh aus entfernten Gegen-
den von denen Viehhändlern zur Mastung und Ein-
schlachtung geholet wird. In dieser Jahreszeit findet
das Vieh an denen Wegen überall viel Futter; dieses
wissen sich die Treiber wohl zu Nutze zu machen, sie
lassen das Vieh auf allen Seiten brav anbeissen, und
je besser ihnen das Futter schmecket, und je weniger
Zeit ihnen zum Fressen gelassen wird, desto begieriger

schlinget
J

leiten. Es iſt gar nicht anzunehmen, daß das von
fremden Orten hergebrachte und nachher krank gewor-
dene Rindvieh, da ſchon von dieſer Seuche inficirt ge-
weſen ſeyn ſollte, wo es hergebracht worden. Wenn
das waͤre, ſo muͤßte ſich das Viehſterben beyder Or-
ten, nehmlich, da wo es her- und wo es hingebracht
und eingeſtallet worden, geaͤußert haben, und das
hat man wenigſtens noch nicht gehoͤret. Die Vieh-
haͤndler kaufen an ſolchen Orten, wo dieſe Seuche im
Schwange gehet, kein Vieh, und im Kriege werden
die Soldaten da auch nichts an ſich nehmen; die Obrig-
keit des Orts und die benachbarten laſſen auch nichts
durch; und wenn dem auch ſo waͤre, ſo wird ſich das
ſchon kranke Vieh nicht ſo weit treiben laſſen; es wuͤr-
de nicht eine, geſchweige mehrere Tagereiſen aushal-
ten: es wuͤrde alſo unterweges ſchon krepiren. Das
Rindvieh, ſo die kayſerl. koͤnigl. auch Reichs- und
herzogl. Wuͤrtemb. Truppen mit in die Gegend des
Elbſtroms gebracht, haben ſie aus dem Hohenſteini-
ſchen, Mansfeldiſchen und dem Saalkreiſe mit ſich
genommen, in allen dieſen Gegenden iſt, Gottlob!
vor und nach dieſer Zeit kein Viehſterben entſtanden.
Gleichwohl aber hat dieſes Vieh die Seuche mit in
dortige Gegenden gebracht, wo ermeldete Truppen
mit dem Vieh durchgekommen. Es muß alſo dieſe
Seuche, oder den Stof dazu nothwendig unterweges
bekommen haben? ich ſage ja: und ſuche es folgen-
dergeſtalt zu beweiſen: Es geſchiehet mehrentheils
im Herbſte, da das Rindvieh aus entfernten Gegen-
den von denen Viehhaͤndlern zur Maſtung und Ein-
ſchlachtung geholet wird. In dieſer Jahreszeit findet
das Vieh an denen Wegen uͤberall viel Futter; dieſes
wiſſen ſich die Treiber wohl zu Nutze zu machen, ſie
laſſen das Vieh auf allen Seiten brav anbeiſſen, und
je beſſer ihnen das Futter ſchmecket, und je weniger
Zeit ihnen zum Freſſen gelaſſen wird, deſto begieriger

ſchlinget
J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0139" n="129"/>
leiten. Es i&#x017F;t gar nicht anzunehmen, daß das von<lb/>
fremden Orten hergebrachte und nachher krank gewor-<lb/>
dene Rindvieh, da &#x017F;chon von die&#x017F;er Seuche inficirt ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;ollte, wo es hergebracht worden. Wenn<lb/>
das wa&#x0364;re, &#x017F;o mu&#x0364;ßte &#x017F;ich das Vieh&#x017F;terben beyder Or-<lb/>
ten, nehmlich, da wo es her- und wo es hingebracht<lb/>
und einge&#x017F;tallet worden, gea&#x0364;ußert haben, und das<lb/>
hat man wenig&#x017F;tens noch nicht geho&#x0364;ret. Die Vieh-<lb/>
ha&#x0364;ndler kaufen an &#x017F;olchen Orten, wo die&#x017F;e Seuche im<lb/>
Schwange gehet, kein Vieh, und im Kriege werden<lb/>
die Soldaten da auch nichts an &#x017F;ich nehmen; die Obrig-<lb/>
keit des Orts und die benachbarten la&#x017F;&#x017F;en auch nichts<lb/>
durch; und wenn dem auch &#x017F;o wa&#x0364;re, &#x017F;o wird &#x017F;ich das<lb/>
&#x017F;chon kranke Vieh nicht &#x017F;o weit treiben la&#x017F;&#x017F;en; es wu&#x0364;r-<lb/>
de nicht eine, ge&#x017F;chweige mehrere Tagerei&#x017F;en aushal-<lb/>
ten: es wu&#x0364;rde al&#x017F;o unterweges &#x017F;chon krepiren. Das<lb/>
Rindvieh, &#x017F;o die kay&#x017F;erl. ko&#x0364;nigl. auch Reichs- und<lb/>
herzogl. Wu&#x0364;rtemb. Truppen mit in die Gegend des<lb/>
Elb&#x017F;troms gebracht, haben &#x017F;ie aus dem Hohen&#x017F;teini-<lb/>
&#x017F;chen, Mansfeldi&#x017F;chen und dem Saalkrei&#x017F;e mit &#x017F;ich<lb/>
genommen, in allen die&#x017F;en Gegenden i&#x017F;t, Gottlob!<lb/>
vor und nach die&#x017F;er Zeit kein Vieh&#x017F;terben ent&#x017F;tanden.<lb/>
Gleichwohl aber hat die&#x017F;es Vieh die Seuche mit in<lb/>
dortige Gegenden gebracht, wo ermeldete Truppen<lb/>
mit dem Vieh durchgekommen. Es muß al&#x017F;o die&#x017F;e<lb/>
Seuche, oder den Stof dazu nothwendig unterweges<lb/>
bekommen haben? ich &#x017F;age ja: und &#x017F;uche es folgen-<lb/>
derge&#x017F;talt zu bewei&#x017F;en: Es ge&#x017F;chiehet mehrentheils<lb/>
im Herb&#x017F;te, da das Rindvieh aus entfernten Gegen-<lb/>
den von denen Viehha&#x0364;ndlern zur Ma&#x017F;tung und Ein-<lb/>
&#x017F;chlachtung geholet wird. In die&#x017F;er Jahreszeit findet<lb/>
das Vieh an denen Wegen u&#x0364;berall viel Futter; die&#x017F;es<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Treiber wohl zu Nutze zu machen, &#x017F;ie<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en das Vieh auf allen Seiten brav anbei&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
je be&#x017F;&#x017F;er ihnen das Futter &#x017F;chmecket, und je weniger<lb/>
Zeit ihnen zum Fre&#x017F;&#x017F;en gela&#x017F;&#x017F;en wird, de&#x017F;to begieriger<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chlinget</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0139] leiten. Es iſt gar nicht anzunehmen, daß das von fremden Orten hergebrachte und nachher krank gewor- dene Rindvieh, da ſchon von dieſer Seuche inficirt ge- weſen ſeyn ſollte, wo es hergebracht worden. Wenn das waͤre, ſo muͤßte ſich das Viehſterben beyder Or- ten, nehmlich, da wo es her- und wo es hingebracht und eingeſtallet worden, geaͤußert haben, und das hat man wenigſtens noch nicht gehoͤret. Die Vieh- haͤndler kaufen an ſolchen Orten, wo dieſe Seuche im Schwange gehet, kein Vieh, und im Kriege werden die Soldaten da auch nichts an ſich nehmen; die Obrig- keit des Orts und die benachbarten laſſen auch nichts durch; und wenn dem auch ſo waͤre, ſo wird ſich das ſchon kranke Vieh nicht ſo weit treiben laſſen; es wuͤr- de nicht eine, geſchweige mehrere Tagereiſen aushal- ten: es wuͤrde alſo unterweges ſchon krepiren. Das Rindvieh, ſo die kayſerl. koͤnigl. auch Reichs- und herzogl. Wuͤrtemb. Truppen mit in die Gegend des Elbſtroms gebracht, haben ſie aus dem Hohenſteini- ſchen, Mansfeldiſchen und dem Saalkreiſe mit ſich genommen, in allen dieſen Gegenden iſt, Gottlob! vor und nach dieſer Zeit kein Viehſterben entſtanden. Gleichwohl aber hat dieſes Vieh die Seuche mit in dortige Gegenden gebracht, wo ermeldete Truppen mit dem Vieh durchgekommen. Es muß alſo dieſe Seuche, oder den Stof dazu nothwendig unterweges bekommen haben? ich ſage ja: und ſuche es folgen- dergeſtalt zu beweiſen: Es geſchiehet mehrentheils im Herbſte, da das Rindvieh aus entfernten Gegen- den von denen Viehhaͤndlern zur Maſtung und Ein- ſchlachtung geholet wird. In dieſer Jahreszeit findet das Vieh an denen Wegen uͤberall viel Futter; dieſes wiſſen ſich die Treiber wohl zu Nutze zu machen, ſie laſſen das Vieh auf allen Seiten brav anbeiſſen, und je beſſer ihnen das Futter ſchmecket, und je weniger Zeit ihnen zum Freſſen gelaſſen wird, deſto begieriger ſchlinget J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/139
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/139>, abgerufen am 28.04.2024.