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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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Sie nehmen meistentheils das Pistill ein, ein be-
sonders Werkzeug, wohin nach den Gesetzen der Na-
tur der Zeugungsstaub fällt. Zum Beyspiel kann
hier vor allen andern die Narbe in der Blume des
Kürbis und der weißen Lilie dienen.

Die Narbe der weißen Lilie ist dick und dreyeckig,
ganz mit durchsichtigen dickern nach allen Seiten hin-
gerichteten Körpern wie mit Stacheln besetzt, welche
auch die oben offene Höhlung des cylindrischen Grif-
fels umgeben, die aus der Seite stäubende Menge des
Blumenstaubes aufnehmen und nicht selten bis zum
Verwelken des ganzen Pistills bey sich behalten.

Hierzu kommt die runde, länglichte oder sphärische
Gestalt des männlichen Staubes, die auf der Ober-
fläche meistentheils mit Stacheln befestigt ist, welche
zu diesem Zweck vortreflich paßen.

Zwar bringen dergleichen Pflanzen öfters keine
Frucht, nichts desto weniger aber bin ich diesen Som-
mer von der Aufnahme des männlichen Staubs
durch die Narbe in dem Griffel überzeugt worden.
Zu welchem Ende ich jeden Monath die Pistille der
Lilien untersucht habe, und habe das Ausfallen des
männlichen Staubs bey der weißen Lilie über die Nar-
be einigemal gesehn. Die Narbe derselben war mit
einer Menge dieses Staubs fast ganz bedeckt, und ein
Theil des vegetabilischen Zeugungsstaubs hing nur ober-
flächlich auf den genannten, durchsichtigen Warzen, am
dritten oder vierten Tag aber war er meistens verloh-
ren, der ausgenommen, der auf den Theil der Narbe,
wo die durchsichtigen Körper mit ihren Zwischenräu-
men weiter eindringen, gefallen war.

Ein einziges Korn von diesem kleinen Zeugungs-
staube, der bis zur Höhlung des Griffels gekommen
war, war schon bis zur Mitte nach dem Fruchtknoten
gekommen. Dieses Korn hatte schon seine Gestalt
innerhalb dem Griffel so verändert, daß es ganz zer-

stört

Sie nehmen meiſtentheils das Piſtill ein, ein be-
ſonders Werkzeug, wohin nach den Geſetzen der Na-
tur der Zeugungsſtaub faͤllt. Zum Beyſpiel kann
hier vor allen andern die Narbe in der Blume des
Kuͤrbis und der weißen Lilie dienen.

Die Narbe der weißen Lilie iſt dick und dreyeckig,
ganz mit durchſichtigen dickern nach allen Seiten hin-
gerichteten Koͤrpern wie mit Stacheln beſetzt, welche
auch die oben offene Hoͤhlung des cylindriſchen Grif-
fels umgeben, die aus der Seite ſtaͤubende Menge des
Blumenſtaubes aufnehmen und nicht ſelten bis zum
Verwelken des ganzen Piſtills bey ſich behalten.

Hierzu kommt die runde, laͤnglichte oder ſphaͤriſche
Geſtalt des maͤnnlichen Staubes, die auf der Ober-
flaͤche meiſtentheils mit Stacheln befeſtigt iſt, welche
zu dieſem Zweck vortreflich paßen.

Zwar bringen dergleichen Pflanzen oͤfters keine
Frucht, nichts deſto weniger aber bin ich dieſen Som-
mer von der Aufnahme des maͤnnlichen Staubs
durch die Narbe in dem Griffel uͤberzeugt worden.
Zu welchem Ende ich jeden Monath die Piſtille der
Lilien unterſucht habe, und habe das Ausfallen des
maͤnnlichen Staubs bey der weißen Lilie uͤber die Nar-
be einigemal geſehn. Die Narbe derſelben war mit
einer Menge dieſes Staubs faſt ganz bedeckt, und ein
Theil des vegetabiliſchen Zeugungsſtaubs hing nur ober-
flaͤchlich auf den genannten, durchſichtigen Warzen, am
dritten oder vierten Tag aber war er meiſtens verloh-
ren, der ausgenommen, der auf den Theil der Narbe,
wo die durchſichtigen Koͤrper mit ihren Zwiſchenraͤu-
men weiter eindringen, gefallen war.

Ein einziges Korn von dieſem kleinen Zeugungs-
ſtaube, der bis zur Hoͤhlung des Griffels gekommen
war, war ſchon bis zur Mitte nach dem Fruchtknoten
gekommen. Dieſes Korn hatte ſchon ſeine Geſtalt
innerhalb dem Griffel ſo veraͤndert, daß es ganz zer-

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[247/0257] Sie nehmen meiſtentheils das Piſtill ein, ein be- ſonders Werkzeug, wohin nach den Geſetzen der Na- tur der Zeugungsſtaub faͤllt. Zum Beyſpiel kann hier vor allen andern die Narbe in der Blume des Kuͤrbis und der weißen Lilie dienen. Die Narbe der weißen Lilie iſt dick und dreyeckig, ganz mit durchſichtigen dickern nach allen Seiten hin- gerichteten Koͤrpern wie mit Stacheln beſetzt, welche auch die oben offene Hoͤhlung des cylindriſchen Grif- fels umgeben, die aus der Seite ſtaͤubende Menge des Blumenſtaubes aufnehmen und nicht ſelten bis zum Verwelken des ganzen Piſtills bey ſich behalten. Hierzu kommt die runde, laͤnglichte oder ſphaͤriſche Geſtalt des maͤnnlichen Staubes, die auf der Ober- flaͤche meiſtentheils mit Stacheln befeſtigt iſt, welche zu dieſem Zweck vortreflich paßen. Zwar bringen dergleichen Pflanzen oͤfters keine Frucht, nichts deſto weniger aber bin ich dieſen Som- mer von der Aufnahme des maͤnnlichen Staubs durch die Narbe in dem Griffel uͤberzeugt worden. Zu welchem Ende ich jeden Monath die Piſtille der Lilien unterſucht habe, und habe das Ausfallen des maͤnnlichen Staubs bey der weißen Lilie uͤber die Nar- be einigemal geſehn. Die Narbe derſelben war mit einer Menge dieſes Staubs faſt ganz bedeckt, und ein Theil des vegetabiliſchen Zeugungsſtaubs hing nur ober- flaͤchlich auf den genannten, durchſichtigen Warzen, am dritten oder vierten Tag aber war er meiſtens verloh- ren, der ausgenommen, der auf den Theil der Narbe, wo die durchſichtigen Koͤrper mit ihren Zwiſchenraͤu- men weiter eindringen, gefallen war. Ein einziges Korn von dieſem kleinen Zeugungs- ſtaube, der bis zur Hoͤhlung des Griffels gekommen war, war ſchon bis zur Mitte nach dem Fruchtknoten gekommen. Dieſes Korn hatte ſchon ſeine Geſtalt innerhalb dem Griffel ſo veraͤndert, daß es ganz zer- ſtoͤrt

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/257>, abgerufen am 29.04.2024.