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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
und weder eine Folge des, wenn gleich freyen Eigen-
thums ist, noch durch die Einwilligung eines andern, in
dessen Gewalt man ist, erlangt werden kann, sondern
was nur bloß solchen allein zustehet, denen die Gesetze
diese Macht oder dieses Recht verliehen haben. Gerade
so verhält es sich mit der Testamentifaction. Diese
ertheilen die Gesetze nur denen Patribus familias. Also
kann kein filius familias als ein solcher, solang er in
väterlicher Gewalt ist, ein Testament machen. Wenn
auch gleich der Sohn das freye Eigenthum seiner Ad-
ventirien hätte, und der Vater seine Einwilligung zur
Testamentsverfertigung gegeben. Die Testamentifaction
ist also ein Recht, so nur die Gesetze ertheilen,
was aber kein Privatus dem andern zu ertheilen ver-
mag. Sodann wird ius publicum auch für ein solches
Recht genommen, was um des gemeinen Bestens willen
eingeführt ist, wenn es auch gleich nicht den ganzen
Staat, sondern nur zunächst Privatpersohnen angehet.
So wird z. B. das Recht, die in redlicher Absicht für
einen andern, in Hofnung der Wiedererstattung vorge-
schossene Begräbnißkosten zurückzufordern, in L. 20. pr. D.
de religiosis
publicum ius
genennt, was zum Nachtheil
eines solchen Gläubigers durch keine vom Schuldner mit
einem Dritten etwa des Begräbnisses halber geschloßne
Verträge vereitelt oder vermindert werden kann. Eben
so wird ferner das Recht des Mündels, sich wegen erlitte-
nen Schadens, in Ermanglung anderweitiger Deckung
an dem Vormundschaftsgericht zu regreßiren, wenn sol-
ches bey der geschehenen Bestellung des Vormunds einer
sich zu Schulden gebrachten Fahrläßigkeit oder Pflicht-
vergessenheit überwiesen werden könnte, in L. 1. §. 9. D.
de magistrat. conven
.
ebenfalls ius publicum genennt,
und zugleich verordnet, daß wenn etwa das Waysen-
Gericht einem Amtsbeisitzer allein die Untersuchung der Si-

cherheit

de Iuſtitia et Iure.
und weder eine Folge des, wenn gleich freyen Eigen-
thums iſt, noch durch die Einwilligung eines andern, in
deſſen Gewalt man iſt, erlangt werden kann, ſondern
was nur bloß ſolchen allein zuſtehet, denen die Geſetze
dieſe Macht oder dieſes Recht verliehen haben. Gerade
ſo verhaͤlt es ſich mit der Teſtamentifaction. Dieſe
ertheilen die Geſetze nur denen Patribus familias. Alſo
kann kein filius familias als ein ſolcher, ſolang er in
vaͤterlicher Gewalt iſt, ein Teſtament machen. Wenn
auch gleich der Sohn das freye Eigenthum ſeiner Ad-
ventirien haͤtte, und der Vater ſeine Einwilligung zur
Teſtamentsverfertigung gegeben. Die Teſtamentifaction
iſt alſo ein Recht, ſo nur die Geſetze ertheilen,
was aber kein Privatus dem andern zu ertheilen ver-
mag. Sodann wird ius publicum auch fuͤr ein ſolches
Recht genommen, was um des gemeinen Beſtens willen
eingefuͤhrt iſt, wenn es auch gleich nicht den ganzen
Staat, ſondern nur zunaͤchſt Privatperſohnen angehet.
So wird z. B. das Recht, die in redlicher Abſicht fuͤr
einen andern, in Hofnung der Wiedererſtattung vorge-
ſchoſſene Begraͤbnißkoſten zuruͤckzufordern, in L. 20. pr. D.
de religioſis
publicum ius
genennt, was zum Nachtheil
eines ſolchen Glaͤubigers durch keine vom Schuldner mit
einem Dritten etwa des Begraͤbniſſes halber geſchloßne
Vertraͤge vereitelt oder vermindert werden kann. Eben
ſo wird ferner das Recht des Muͤndels, ſich wegen erlitte-
nen Schadens, in Ermanglung anderweitiger Deckung
an dem Vormundſchaftsgericht zu regreßiren, wenn ſol-
ches bey der geſchehenen Beſtellung des Vormunds einer
ſich zu Schulden gebrachten Fahrlaͤßigkeit oder Pflicht-
vergeſſenheit uͤberwieſen werden koͤnnte, in L. 1. §. 9. D.
de magiſtrat. conven
.
ebenfalls ius publicum genennt,
und zugleich verordnet, daß wenn etwa das Wayſen-
Gericht einem Amtsbeiſitzer allein die Unterſuchung der Si-

cherheit
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[95/0115] de Iuſtitia et Iure. und weder eine Folge des, wenn gleich freyen Eigen- thums iſt, noch durch die Einwilligung eines andern, in deſſen Gewalt man iſt, erlangt werden kann, ſondern was nur bloß ſolchen allein zuſtehet, denen die Geſetze dieſe Macht oder dieſes Recht verliehen haben. Gerade ſo verhaͤlt es ſich mit der Teſtamentifaction. Dieſe ertheilen die Geſetze nur denen Patribus familias. Alſo kann kein filius familias als ein ſolcher, ſolang er in vaͤterlicher Gewalt iſt, ein Teſtament machen. Wenn auch gleich der Sohn das freye Eigenthum ſeiner Ad- ventirien haͤtte, und der Vater ſeine Einwilligung zur Teſtamentsverfertigung gegeben. Die Teſtamentifaction iſt alſo ein Recht, ſo nur die Geſetze ertheilen, was aber kein Privatus dem andern zu ertheilen ver- mag. Sodann wird ius publicum auch fuͤr ein ſolches Recht genommen, was um des gemeinen Beſtens willen eingefuͤhrt iſt, wenn es auch gleich nicht den ganzen Staat, ſondern nur zunaͤchſt Privatperſohnen angehet. So wird z. B. das Recht, die in redlicher Abſicht fuͤr einen andern, in Hofnung der Wiedererſtattung vorge- ſchoſſene Begraͤbnißkoſten zuruͤckzufordern, in L. 20. pr. D. de religioſis publicum ius genennt, was zum Nachtheil eines ſolchen Glaͤubigers durch keine vom Schuldner mit einem Dritten etwa des Begraͤbniſſes halber geſchloßne Vertraͤge vereitelt oder vermindert werden kann. Eben ſo wird ferner das Recht des Muͤndels, ſich wegen erlitte- nen Schadens, in Ermanglung anderweitiger Deckung an dem Vormundſchaftsgericht zu regreßiren, wenn ſol- ches bey der geſchehenen Beſtellung des Vormunds einer ſich zu Schulden gebrachten Fahrlaͤßigkeit oder Pflicht- vergeſſenheit uͤberwieſen werden koͤnnte, in L. 1. §. 9. D. de magiſtrat. conven. ebenfalls ius publicum genennt, und zugleich verordnet, daß wenn etwa das Wayſen- Gericht einem Amtsbeiſitzer allein die Unterſuchung der Si- cherheit

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/115>, abgerufen am 29.04.2024.