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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 142.
oder der Kinder selbst geschehen. Denn sie wird lediglich in
der Absicht gesucht, daß der Flecken der Geburt gehoben wer-
de, und das Kind im Staat als legitim paßire 87). Ist im
Gegentheil von einer vollkommenen Legitimation die Rede,
welche zugleich in der Absicht geschiehet, daß die unehe-
lichen Kinder dadurch die völligen Familienrechte der ehe-
lich gebohrnen erhalten sollen, so kommt es wieder darauf
an, ob selbige durch die Ehe der Eltern erfolgt, oder
durch ein landesherrliches Rescript bewirkt wird. Im er-
sten Fall wird heutiges Tages in Gemäßheit des canoni-
schen Rechts die Einwilligung der Kinder nicht für nö-
thig gehalten 88). Denn in dem cap. 6. X. qui filii sint
legit.
wird blos der Ehe diese Kraft allein zugeschrieben,
daß die vorher ausser derselben erzeugten Kinder hierdurch
zu ehelichen Kindern gemacht werden. Nun können die
Kinder durch ihren Widerspruch die Ehe ihrer Eltern
keinesweges hindern, mithin auch die gesetzlich damit
verknüpfte Wirkung um so weniger hintertreiben, je mehr
die Legitimation für sie vortheilhaft ist. Hieraus folgt
aber auch zugleich, daß eine ausdrückliche Willenserklä-
rung von Seiten der Eltern in Betref der Legitimation
ihrer unehelichen Kinder bey Schließung ihrer Ehe nicht

erfor-
87) Gabr. schweder Diss. de iure liberorum inscio vel non con-
fentiente patre legitimatorum. Tüb. 1705. madihn in Princip.
iuris Rom. P. V
§. 4. am Ende.
88) Eben dieser Meinung sind thomasius in Diss. de usu pract.
doctrinae de legitimatione. Cap. II. §. 3. not. d. I. H. boeh-
mer
in Diss. de legitimat. ex damnato coitu nator. §. 26.
Paul. Ios. a riegger Institut. iurisprud. eccles. Part. IV.
§. 198.
Eybel katholisches Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 367.
not. b. Eichmann in den Erklärungen des bürgerl. Rechts
3. Th. §. 142. S. 217.

1. Buch. 6. Tit. §. 142.
oder der Kinder ſelbſt geſchehen. Denn ſie wird lediglich in
der Abſicht geſucht, daß der Flecken der Geburt gehoben wer-
de, und das Kind im Staat als legitim paßire 87). Iſt im
Gegentheil von einer vollkommenen Legitimation die Rede,
welche zugleich in der Abſicht geſchiehet, daß die unehe-
lichen Kinder dadurch die voͤlligen Familienrechte der ehe-
lich gebohrnen erhalten ſollen, ſo kommt es wieder darauf
an, ob ſelbige durch die Ehe der Eltern erfolgt, oder
durch ein landesherrliches Reſcript bewirkt wird. Im er-
ſten Fall wird heutiges Tages in Gemaͤßheit des canoni-
ſchen Rechts die Einwilligung der Kinder nicht fuͤr noͤ-
thig gehalten 88). Denn in dem cap. 6. X. qui filii ſint
legit.
wird blos der Ehe dieſe Kraft allein zugeſchrieben,
daß die vorher auſſer derſelben erzeugten Kinder hierdurch
zu ehelichen Kindern gemacht werden. Nun koͤnnen die
Kinder durch ihren Widerſpruch die Ehe ihrer Eltern
keinesweges hindern, mithin auch die geſetzlich damit
verknuͤpfte Wirkung um ſo weniger hintertreiben, je mehr
die Legitimation fuͤr ſie vortheilhaft iſt. Hieraus folgt
aber auch zugleich, daß eine ausdruͤckliche Willenserklaͤ-
rung von Seiten der Eltern in Betref der Legitimation
ihrer unehelichen Kinder bey Schließung ihrer Ehe nicht

erfor-
87) Gabr. schweder Diſſ. de iure liberorum inſcio vel non con-
fentiente patre legitimatorum. Tüb. 1705. madihn in Princip.
iuris Rom. P. V
§. 4. am Ende.
88) Eben dieſer Meinung ſind thomasius in Diſſ. de uſu pract.
doctrinae de legitimatione. Cap. II. §. 3. not. d. I. H. boeh-
mer
in Diſſ. de legitimat. ex damnato coitu nator. §. 26.
Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iurisprud. eccles. Part. IV.
§. 198.
Eybel katholiſches Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 367.
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3. Th. §. 142. S. 217.
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[258/0272] 1. Buch. 6. Tit. §. 142. oder der Kinder ſelbſt geſchehen. Denn ſie wird lediglich in der Abſicht geſucht, daß der Flecken der Geburt gehoben wer- de, und das Kind im Staat als legitim paßire 87). Iſt im Gegentheil von einer vollkommenen Legitimation die Rede, welche zugleich in der Abſicht geſchiehet, daß die unehe- lichen Kinder dadurch die voͤlligen Familienrechte der ehe- lich gebohrnen erhalten ſollen, ſo kommt es wieder darauf an, ob ſelbige durch die Ehe der Eltern erfolgt, oder durch ein landesherrliches Reſcript bewirkt wird. Im er- ſten Fall wird heutiges Tages in Gemaͤßheit des canoni- ſchen Rechts die Einwilligung der Kinder nicht fuͤr noͤ- thig gehalten 88). Denn in dem cap. 6. X. qui filii ſint legit. wird blos der Ehe dieſe Kraft allein zugeſchrieben, daß die vorher auſſer derſelben erzeugten Kinder hierdurch zu ehelichen Kindern gemacht werden. Nun koͤnnen die Kinder durch ihren Widerſpruch die Ehe ihrer Eltern keinesweges hindern, mithin auch die geſetzlich damit verknuͤpfte Wirkung um ſo weniger hintertreiben, je mehr die Legitimation fuͤr ſie vortheilhaft iſt. Hieraus folgt aber auch zugleich, daß eine ausdruͤckliche Willenserklaͤ- rung von Seiten der Eltern in Betref der Legitimation ihrer unehelichen Kinder bey Schließung ihrer Ehe nicht erfor- 87) Gabr. schweder Diſſ. de iure liberorum inſcio vel non con- fentiente patre legitimatorum. Tüb. 1705. madihn in Princip. iuris Rom. P. V §. 4. am Ende. 88) Eben dieſer Meinung ſind thomasius in Diſſ. de uſu pract. doctrinae de legitimatione. Cap. II. §. 3. not. d. I. H. boeh- mer in Diſſ. de legitimat. ex damnato coitu nator. §. 26. Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iurisprud. eccles. Part. IV. §. 198. Eybel katholiſches Kirchenrecht IV. Th. I. Band §. 367. not. b. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts 3. Th. §. 142. S. 217.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/272>, abgerufen am 04.05.2024.