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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
werden, wenn sie einmal emancipiret worden sind 51).
Hat man im Gegentheil ein leibliches Kind emancipirt,
so kann ein solches wieder adoprirt werden 52), und es
bleibt auch sodann ein leibliches Kind seines Vaters 53).

4) Man kann auch keinen dergestalt adoptiren, daß
er vermöge rechtlicher Fiction als unser Vater oder Bru-
der angesehen werden könne 54). Denn dieß läuft ge-
gen allen Begriff der Adoption, und streitet gegen die
Vernunft, und Natur, daß ein Sohn den Vater oder
ein Bruder den andern gezeugt habe. Nun will zwar
Trell 55) bey einer Adoption in locum fratris nichts wi-
dernatürliches finden. Denn können nicht zwey Freun-
de den Vertrag unter sich errichten, daß einer bey den
andern Bruders Stelle vertreten solle, nicht anders, als
wenn sie beyde von einem Vater und einer Mutter wä-
ren gezeugt worden? Allein wenn man dieses auch zuge-
ben wollte, so kann doch dergleichen Vertrag keine wahre
Adoption genennt werden. Derselbe wird auch weder Fa-
milien- noch Succeßionsrechte wirken, wenn nicht solches
ausdrücklich verabredet worden, und die landesherrliche
Bestätigung nebst der Einwilligung derjenigen, die ein
Interesse dabey haben, hinzugekommen ist. Trell nimmt
also das Wort Adoption in ganz uneigentlicher Bedeu-
tung. Der Nutzen einer solchen Annehmung an
Brudersstatt
soll auch nach seiner Meinung nur darin

bestehen,
51) L. 37. §. 1. D. h. t.
52) L. 12. L. 41. D. h. t.
53) L. 23. [p]r. D. de lib. et postum.
54) L. 7. [C]. de hered. instit.
55) in Diss. all. de adoptione in locum fratris non monstrosa.
Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. U

De adoptionibus, emancipationibus etc.
werden, wenn ſie einmal emancipiret worden ſind 51).
Hat man im Gegentheil ein leibliches Kind emancipirt,
ſo kann ein ſolches wieder adoprirt werden 52), und es
bleibt auch ſodann ein leibliches Kind ſeines Vaters 53).

4) Man kann auch keinen dergeſtalt adoptiren, daß
er vermoͤge rechtlicher Fiction als unſer Vater oder Bru-
der angeſehen werden koͤnne 54). Denn dieß laͤuft ge-
gen allen Begriff der Adoption, und ſtreitet gegen die
Vernunft, und Natur, daß ein Sohn den Vater oder
ein Bruder den andern gezeugt habe. Nun will zwar
Trell 55) bey einer Adoption in locum fratris nichts wi-
dernatuͤrliches finden. Denn koͤnnen nicht zwey Freun-
de den Vertrag unter ſich errichten, daß einer bey den
andern Bruders Stelle vertreten ſolle, nicht anders, als
wenn ſie beyde von einem Vater und einer Mutter waͤ-
ren gezeugt worden? Allein wenn man dieſes auch zuge-
ben wollte, ſo kann doch dergleichen Vertrag keine wahre
Adoption genennt werden. Derſelbe wird auch weder Fa-
milien- noch Succeßionsrechte wirken, wenn nicht ſolches
ausdruͤcklich verabredet worden, und die landesherrliche
Beſtaͤtigung nebſt der Einwilligung derjenigen, die ein
Intereſſe dabey haben, hinzugekommen iſt. Trell nimmt
alſo das Wort Adoption in ganz uneigentlicher Bedeu-
tung. Der Nutzen einer ſolchen Annehmung an
Brudersſtatt
ſoll auch nach ſeiner Meinung nur darin

beſtehen,
51) L. 37. §. 1. D. h. t.
52) L. 12. L. 41. D. h. t.
53) L. 23. [p]r. D. de lib. et poſtum.
54) L. 7. [C]. de hered. inſtit.
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[305/0319] De adoptionibus, emancipationibus etc. werden, wenn ſie einmal emancipiret worden ſind 51). Hat man im Gegentheil ein leibliches Kind emancipirt, ſo kann ein ſolches wieder adoprirt werden 52), und es bleibt auch ſodann ein leibliches Kind ſeines Vaters 53). 4) Man kann auch keinen dergeſtalt adoptiren, daß er vermoͤge rechtlicher Fiction als unſer Vater oder Bru- der angeſehen werden koͤnne 54). Denn dieß laͤuft ge- gen allen Begriff der Adoption, und ſtreitet gegen die Vernunft, und Natur, daß ein Sohn den Vater oder ein Bruder den andern gezeugt habe. Nun will zwar Trell 55) bey einer Adoption in locum fratris nichts wi- dernatuͤrliches finden. Denn koͤnnen nicht zwey Freun- de den Vertrag unter ſich errichten, daß einer bey den andern Bruders Stelle vertreten ſolle, nicht anders, als wenn ſie beyde von einem Vater und einer Mutter waͤ- ren gezeugt worden? Allein wenn man dieſes auch zuge- ben wollte, ſo kann doch dergleichen Vertrag keine wahre Adoption genennt werden. Derſelbe wird auch weder Fa- milien- noch Succeßionsrechte wirken, wenn nicht ſolches ausdruͤcklich verabredet worden, und die landesherrliche Beſtaͤtigung nebſt der Einwilligung derjenigen, die ein Intereſſe dabey haben, hinzugekommen iſt. Trell nimmt alſo das Wort Adoption in ganz uneigentlicher Bedeu- tung. Der Nutzen einer ſolchen Annehmung an Brudersſtatt ſoll auch nach ſeiner Meinung nur darin beſtehen, 51) L. 37. §. 1. D. h. t. 52) L. 12. L. 41. D. h. t. 53) L. 23. pr. D. de lib. et poſtum. 54) L. 7. C. de hered. inſtit. 55) in Diſſ. all. de adoptione in locum fratris non monſtroſa. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. U

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/319>, abgerufen am 28.04.2024.