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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
wird die Pflicht, zur Schließung einer Heyrath die Ein-
willigung der Eltern einzuholen, nach der richtigern Mey-
nung der Rechtsgelehrten, durch die Endigung der vä-
terlichen Gewalt eigentlich nicht aufgehoben, weil sich die-
selbe zugleich auf die denen Eltern schuldige kindliche
Verehrung gründet 86), welche durch Aufhebung der
elterlichen Gewalt nicht vermindert wird; indessen kann
doch die Nichtbefragung der Eltern nur als Undank
durch Entziehung fernerer Unterstützung, nicht aber, wie
vorher, mit der Nullität der Handlung selbst geahndet
werden 87). Die das Gegentheil behaupten, haben
nicht bedacht, daß es die Ruhe mancher Familie stöhren,
manche Person auf immer unglücklich machen würde,
wenn zur Heyrath eines längst abgesonderten, in der
Fremde lebenden Sohnes, die Einwilligung der Eltern
ein so wesentliches Erforderniß seyn sollte, daß in Erman-
gelung derselben längst geschlossene Ehen wieder getrennt
werden könnten. Man pflegt es jedoch in einem solchen
Fall, da die Kinder abwesend sind, bey einer vermuthe-
ten Einwilligung der Eltern nach dem Gerichtsgebrauch
bewenden zu lassen, wenn keine gegründete Ursache eines
Widerspruchs abzusehen ist.

II) Besondere Wirkungen der Befreyung von
der väterlichen Gewalt sind:

a) wenn Kinder durch den Tod des Vaters
sui iuris werden; so muß nicht nur einem jeden Kinde

das
86) Eichmann in den Erklärungen des bürgerl. Rechts IV. Th.
(Berlin und Stralsund 1789.) S. 18. folg. Lud. God. ma-
dihn
Princip. Iur. Rom. P. V. §. 2. in fin.
Einer andern
Meynung sind jedoch harpprecht cit. Diss. §. 46. n. 236.
und Iust. Henn. boehmer in Iur. Eccl. Protest. Tom. III.
Lib. IV. Tit. II. §. 13. et 14. pag.
1247.
87) Hr. v. Globig in der angef. Preißschrift S. 125.

De adoptionibus, emancipationibus etc.
wird die Pflicht, zur Schließung einer Heyrath die Ein-
willigung der Eltern einzuholen, nach der richtigern Mey-
nung der Rechtsgelehrten, durch die Endigung der vaͤ-
terlichen Gewalt eigentlich nicht aufgehoben, weil ſich die-
ſelbe zugleich auf die denen Eltern ſchuldige kindliche
Verehrung gruͤndet 86), welche durch Aufhebung der
elterlichen Gewalt nicht vermindert wird; indeſſen kann
doch die Nichtbefragung der Eltern nur als Undank
durch Entziehung fernerer Unterſtuͤtzung, nicht aber, wie
vorher, mit der Nullitaͤt der Handlung ſelbſt geahndet
werden 87). Die das Gegentheil behaupten, haben
nicht bedacht, daß es die Ruhe mancher Familie ſtoͤhren,
manche Perſon auf immer ungluͤcklich machen wuͤrde,
wenn zur Heyrath eines laͤngſt abgeſonderten, in der
Fremde lebenden Sohnes, die Einwilligung der Eltern
ein ſo weſentliches Erforderniß ſeyn ſollte, daß in Erman-
gelung derſelben laͤngſt geſchloſſene Ehen wieder getrennt
werden koͤnnten. Man pflegt es jedoch in einem ſolchen
Fall, da die Kinder abweſend ſind, bey einer vermuthe-
ten Einwilligung der Eltern nach dem Gerichtsgebrauch
bewenden zu laſſen, wenn keine gegruͤndete Urſache eines
Widerſpruchs abzuſehen iſt.

II) Beſondere Wirkungen der Befreyung von
der vaͤterlichen Gewalt ſind:

a) wenn Kinder durch den Tod des Vaters
ſui iuris werden; ſo muß nicht nur einem jeden Kinde

das
86) Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th.
(Berlin und Stralſund 1789.) S. 18. folg. Lud. God. ma-
dihn
Princip. Iur. Rom. P. V. §. 2. in fin.
Einer andern
Meynung ſind jedoch harpprecht cit. Diſſ. §. 46. n. 236.
und Iuſt. Henn. boehmer in Iur. Eccl. Proteſt. Tom. III.
Lib. IV. Tit. II. §. 13. et 14. pag.
1247.
87) Hr. v. Globig in der angef. Preißſchrift S. 125.
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[395/0409] De adoptionibus, emancipationibus etc. wird die Pflicht, zur Schließung einer Heyrath die Ein- willigung der Eltern einzuholen, nach der richtigern Mey- nung der Rechtsgelehrten, durch die Endigung der vaͤ- terlichen Gewalt eigentlich nicht aufgehoben, weil ſich die- ſelbe zugleich auf die denen Eltern ſchuldige kindliche Verehrung gruͤndet 86), welche durch Aufhebung der elterlichen Gewalt nicht vermindert wird; indeſſen kann doch die Nichtbefragung der Eltern nur als Undank durch Entziehung fernerer Unterſtuͤtzung, nicht aber, wie vorher, mit der Nullitaͤt der Handlung ſelbſt geahndet werden 87). Die das Gegentheil behaupten, haben nicht bedacht, daß es die Ruhe mancher Familie ſtoͤhren, manche Perſon auf immer ungluͤcklich machen wuͤrde, wenn zur Heyrath eines laͤngſt abgeſonderten, in der Fremde lebenden Sohnes, die Einwilligung der Eltern ein ſo weſentliches Erforderniß ſeyn ſollte, daß in Erman- gelung derſelben laͤngſt geſchloſſene Ehen wieder getrennt werden koͤnnten. Man pflegt es jedoch in einem ſolchen Fall, da die Kinder abweſend ſind, bey einer vermuthe- ten Einwilligung der Eltern nach dem Gerichtsgebrauch bewenden zu laſſen, wenn keine gegruͤndete Urſache eines Widerſpruchs abzuſehen iſt. II) Beſondere Wirkungen der Befreyung von der vaͤterlichen Gewalt ſind: a) wenn Kinder durch den Tod des Vaters ſui iuris werden; ſo muß nicht nur einem jeden Kinde das 86) Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th. (Berlin und Stralſund 1789.) S. 18. folg. Lud. God. ma- dihn Princip. Iur. Rom. P. V. §. 2. in fin. Einer andern Meynung ſind jedoch harpprecht cit. Diſſ. §. 46. n. 236. und Iuſt. Henn. boehmer in Iur. Eccl. Proteſt. Tom. III. Lib. IV. Tit. II. §. 13. et 14. pag. 1247. 87) Hr. v. Globig in der angef. Preißſchrift S. 125.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/409>, abgerufen am 07.05.2024.