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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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schen lehrt, daß der Unterschied zwischen freyen und leibeigenen
Bauern von den frühesten Zeiten an Statt gefunden habe 86).

Der Name Bauer, Landmann, (rusticus, ruricola)
pflegt zwar in der allgemeinen, auch selbst in dem Röm. Rechte
nicht unbekannten Bedeutung allen denen beygelegt zu werden,
welche ausser den Städten wohnen, und das Land bauen 87).
Allein dagegen ist schon von Westphal 88) mit Recht erinnert
worden, daß in der eigentlichen Bedeutung des heutigen teut-
schen Rechts Wohnung und Beschäftigung eben so wenig, als
Kleidung und Sitten den unterscheidenden Character eines
Bauern bestimmen, sondern allein der Besitz eines Bauer-
guts
oder einer Bauerländerey hier alles entscheiden 89).
Ein Bauergut aber, oder eine Bauerländerey ist ein
solches Grundstück, welches zum Ackerbau und Viehzucht
bestimmt, zugleich aber ausser den gemeinen Steuern auch
den besondern bäuerlichen Lasten unterworfen ist 90). Diese be-
sondern bäuerlichen Lasten
oder Beschwerden beste-
hen bekanntlich in Grundzins und Frohndienst. Wer
nun also ein solches Bauergut, oder Bauerländerey, im eigenen
Namen besitzt, wird im rechtlichen Sinne ein Bauer genennt.
Es kommt nicht darauf an, wie viel er besitzt; inzwischen pflegt
man doch diejenigen im vorzüglichen Verstande Bauern zu
nennen, deren Gut und Länderey so beträchtlich ist, daß sie dar-
auf ein Paar Ochsen, oder zwey bis vier Pferde halten kön-

nen
86) Man sehe hier vorzüglich Danz Handbuch des heutigen
teutschen Privatrechts 5. Band §. 484.
87) S. Wolfg. Frid. schroedter Disp. de notione rusticorum
Germaniae. Goettingae 1743.
88) im teutschen und reichsständischen Privatrecht 1. Th. 26. Ab-
handlung S. 241. u. ff.
89) Ihm stimmen auch Runde in den angef. Grundsätzen §.
482. und Danz im Handbuch §. 482. bey.
90) von Buri ausführliche Abhandlung von den Bauergütern,
mit Anmerkungen von Hofr. Runde. Giessen 1783. 4.

ſchen lehrt, daß der Unterſchied zwiſchen freyen und leibeigenen
Bauern von den fruͤheſten Zeiten an Statt gefunden habe 86).

Der Name Bauer, Landmann, (ruſticus, ruricola)
pflegt zwar in der allgemeinen, auch ſelbſt in dem Roͤm. Rechte
nicht unbekannten Bedeutung allen denen beygelegt zu werden,
welche auſſer den Staͤdten wohnen, und das Land bauen 87).
Allein dagegen iſt ſchon von Weſtphal 88) mit Recht erinnert
worden, daß in der eigentlichen Bedeutung des heutigen teut-
ſchen Rechts Wohnung und Beſchaͤftigung eben ſo wenig, als
Kleidung und Sitten den unterſcheidenden Character eines
Bauern beſtimmen, ſondern allein der Beſitz eines Bauer-
guts
oder einer Bauerlaͤnderey hier alles entſcheiden 89).
Ein Bauergut aber, oder eine Bauerlaͤnderey iſt ein
ſolches Grundſtuͤck, welches zum Ackerbau und Viehzucht
beſtimmt, zugleich aber auſſer den gemeinen Steuern auch
den beſondern baͤuerlichen Laſten unterworfen iſt 90). Dieſe be-
ſondern baͤuerlichen Laſten
oder Beſchwerden beſte-
hen bekanntlich in Grundzins und Frohndienſt. Wer
nun alſo ein ſolches Bauergut, oder Bauerlaͤnderey, im eigenen
Namen beſitzt, wird im rechtlichen Sinne ein Bauer genennt.
Es kommt nicht darauf an, wie viel er beſitzt; inzwiſchen pflegt
man doch diejenigen im vorzuͤglichen Verſtande Bauern zu
nennen, deren Gut und Laͤnderey ſo betraͤchtlich iſt, daß ſie dar-
auf ein Paar Ochſen, oder zwey bis vier Pferde halten koͤn-

nen
86) Man ſehe hier vorzuͤglich Danz Handbuch des heutigen
teutſchen Privatrechts 5. Band §. 484.
87) S. Wolfg. Frid. schroedter Diſp. de notione ruſticorum
Germaniae. Goettingae 1743.
88) im teutſchen und reichsſtaͤndiſchen Privatrecht 1. Th. 26. Ab-
handlung S. 241. u. ff.
89) Ihm ſtimmen auch Runde in den angef. Grundſaͤtzen §.
482. und Danz im Handbuch §. 482. bey.
90) von Buri ausfuͤhrliche Abhandlung von den Bauerguͤtern,
mit Anmerkungen von Hofr. Runde. Gieſſen 1783. 4.
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[44/0050] ſchen lehrt, daß der Unterſchied zwiſchen freyen und leibeigenen Bauern von den fruͤheſten Zeiten an Statt gefunden habe 86). Der Name Bauer, Landmann, (ruſticus, ruricola) pflegt zwar in der allgemeinen, auch ſelbſt in dem Roͤm. Rechte nicht unbekannten Bedeutung allen denen beygelegt zu werden, welche auſſer den Staͤdten wohnen, und das Land bauen 87). Allein dagegen iſt ſchon von Weſtphal 88) mit Recht erinnert worden, daß in der eigentlichen Bedeutung des heutigen teut- ſchen Rechts Wohnung und Beſchaͤftigung eben ſo wenig, als Kleidung und Sitten den unterſcheidenden Character eines Bauern beſtimmen, ſondern allein der Beſitz eines Bauer- guts oder einer Bauerlaͤnderey hier alles entſcheiden 89). Ein Bauergut aber, oder eine Bauerlaͤnderey iſt ein ſolches Grundſtuͤck, welches zum Ackerbau und Viehzucht beſtimmt, zugleich aber auſſer den gemeinen Steuern auch den beſondern baͤuerlichen Laſten unterworfen iſt 90). Dieſe be- ſondern baͤuerlichen Laſten oder Beſchwerden beſte- hen bekanntlich in Grundzins und Frohndienſt. Wer nun alſo ein ſolches Bauergut, oder Bauerlaͤnderey, im eigenen Namen beſitzt, wird im rechtlichen Sinne ein Bauer genennt. Es kommt nicht darauf an, wie viel er beſitzt; inzwiſchen pflegt man doch diejenigen im vorzuͤglichen Verſtande Bauern zu nennen, deren Gut und Laͤnderey ſo betraͤchtlich iſt, daß ſie dar- auf ein Paar Ochſen, oder zwey bis vier Pferde halten koͤn- nen 86) Man ſehe hier vorzuͤglich Danz Handbuch des heutigen teutſchen Privatrechts 5. Band §. 484. 87) S. Wolfg. Frid. schroedter Diſp. de notione ruſticorum Germaniae. Goettingae 1743. 88) im teutſchen und reichsſtaͤndiſchen Privatrecht 1. Th. 26. Ab- handlung S. 241. u. ff. 89) Ihm ſtimmen auch Runde in den angef. Grundſaͤtzen §. 482. und Danz im Handbuch §. 482. bey. 90) von Buri ausfuͤhrliche Abhandlung von den Bauerguͤtern, mit Anmerkungen von Hofr. Runde. Gieſſen 1783. 4.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/50>, abgerufen am 28.04.2024.