Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Satz rechtfertiget die Vernunft und Analogie der Rechte von
selbst. Denn so wenig der Schuldner seinem Gläubiger wider
dessen Willen eine andere Sache statt der schuldigen aufdringen
darf, eben so wenig kann auch der Gläubiger von dem Schuld-
ner etwas anders, als wozu er verbunden ist, fordern 29). Es
sind also auch hier sowohl auf Seiten des Diensiherrn, als der
Dienstpflichtigen gleiche Verbindlichkeiten und gleiche Rechte.
Wenn daher, ohne solche unwiderrufliche Verträge über Verän-
derung der Dienstpflicht auch seit langer Zeit, statt der zu lei-
stenden Naturaldienste, jährlich ein gewisses Geld gegeben wor-
den, so können dennoch die Dienstpflichtigen nachher eben sowohl
wiederum zur Leistung der erstern angehalten werden; als sie
befugt sind, für die Zukunft das Letztere zu verweigern 30).
Denn, wenn die Eigenschaft der Naturaldienste ausser Zweifel
ist, so kann das Recht der Herrschaft, den Naturaldienst zu for-
dern, eben so wenig, als das Recht der Dienstpflichtigen, den-
selben zu leisten, ohne vorhergegangene Verweigerung, und auf
der andern Seite darauf erfolgte Beruhigung, durch Verjährung
erlöschen. Wäre daher auch noch so lange Zeit der Dienst mit
Geld abgekauft worden, so würde dennoch solches nur einen
über den in jedes Jahr fallenden Dienst eingegangenen, und je-
des Jahr stillschweigend erneuerten Vertrag enthalten, wovon
jedem Theile wieder abzugehen, und statt des Geldes, den Dienst
resp. zu fordern und zu leisten freystehet. Denn so wie es in

der
Overbeck Meditationen über verschiedene Rechtsmaterien.
3. Band 138. Meditat. Runde Grds. des allgem. teutschen
Privatrechts. §. 501.
29) Siehe die Note 66. der ersten Ausgabe.
30) S. leyser Specim. CCCCXIX. med. 4. u. Spec. DCLXV,
med.
29. Struben rechtliche Bedenken IV. Th. Bed. 17.
a puffendorf Observat. iuris univ. Tom. I. Obs. 224. T. II.
Obs. 71. brokes select. Obs. for. Obs. 65. wernher Obser-
vat. Forens. Tom. II. Part. IX. Obs
64 von Buri in der
angef. Abhandl. S. 67 Westphal teutsches Privatrecht.
34. Abhandlung 8. Anmerkung S. 366. Overbeck Medita-
tionen über verschiedene Rechtsmaterien 3. Band 137. Meditat.
S. 119.
D 4

Satz rechtfertiget die Vernunft und Analogie der Rechte von
ſelbſt. Denn ſo wenig der Schuldner ſeinem Glaͤubiger wider
deſſen Willen eine andere Sache ſtatt der ſchuldigen aufdringen
darf, eben ſo wenig kann auch der Glaͤubiger von dem Schuld-
ner etwas anders, als wozu er verbunden iſt, fordern 29). Es
ſind alſo auch hier ſowohl auf Seiten des Dienſiherrn, als der
Dienſtpflichtigen gleiche Verbindlichkeiten und gleiche Rechte.
Wenn daher, ohne ſolche unwiderrufliche Vertraͤge uͤber Veraͤn-
derung der Dienſtpflicht auch ſeit langer Zeit, ſtatt der zu lei-
ſtenden Naturaldienſte, jaͤhrlich ein gewiſſes Geld gegeben wor-
den, ſo koͤnnen dennoch die Dienſtpflichtigen nachher eben ſowohl
wiederum zur Leiſtung der erſtern angehalten werden; als ſie
befugt ſind, fuͤr die Zukunft das Letztere zu verweigern 30).
Denn, wenn die Eigenſchaft der Naturaldienſte auſſer Zweifel
iſt, ſo kann das Recht der Herrſchaft, den Naturaldienſt zu for-
dern, eben ſo wenig, als das Recht der Dienſtpflichtigen, den-
ſelben zu leiſten, ohne vorhergegangene Verweigerung, und auf
der andern Seite darauf erfolgte Beruhigung, durch Verjaͤhrung
erloͤſchen. Waͤre daher auch noch ſo lange Zeit der Dienſt mit
Geld abgekauft worden, ſo wuͤrde dennoch ſolches nur einen
uͤber den in jedes Jahr fallenden Dienſt eingegangenen, und je-
des Jahr ſtillſchweigend erneuerten Vertrag enthalten, wovon
jedem Theile wieder abzugehen, und ſtatt des Geldes, den Dienſt
reſp. zu fordern und zu leiſten freyſtehet. Denn ſo wie es in

der
Overbeck Meditationen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien.
3. Band 138. Meditat. Runde Grdſ. des allgem. teutſchen
Privatrechts. §. 501.
29) Siehe die Note 66. der erſten Ausgabe.
30) S. leyser Specim. CCCCXIX. med. 4. u. Spec. DCLXV,
med.
29. Struben rechtliche Bedenken IV. Th. Bed. 17.
a puffendorf Obſervat. iuris univ. Tom. I. Obſ. 224. T. II.
Obſ. 71. brokes ſelect. Obſ. for. Obſ. 65. wernher Obſer-
vat. Forenſ. Tom. II. Part. IX. Obſ
64 von Buri in der
angef. Abhandl. S. 67 Weſtphal teutſches Privatrecht.
34. Abhandlung 8. Anmerkung S. 366. Overbeck Medita-
tionen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien 3. Band 137. Meditat.
S. 119.
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0061" n="55"/>
Satz rechtfertiget die Vernunft und Analogie der Rechte von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. Denn &#x017F;o wenig der Schuldner &#x017F;einem Gla&#x0364;ubiger wider<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Willen eine andere Sache &#x017F;tatt der &#x017F;chuldigen aufdringen<lb/>
darf, eben &#x017F;o wenig kann auch der Gla&#x0364;ubiger von dem Schuld-<lb/>
ner etwas anders, als wozu er verbunden i&#x017F;t, fordern <note place="foot" n="29)">Siehe die Note 66. der er&#x017F;ten Ausgabe.</note>. Es<lb/>
&#x017F;ind al&#x017F;o auch hier &#x017F;owohl auf Seiten des Dien&#x017F;iherrn, als der<lb/>
Dien&#x017F;tpflichtigen gleiche Verbindlichkeiten und gleiche Rechte.<lb/>
Wenn daher, ohne &#x017F;olche unwiderrufliche Vertra&#x0364;ge u&#x0364;ber Vera&#x0364;n-<lb/>
derung der Dien&#x017F;tpflicht auch &#x017F;eit langer Zeit, &#x017F;tatt der zu lei-<lb/>
&#x017F;tenden Naturaldien&#x017F;te, ja&#x0364;hrlich ein gewi&#x017F;&#x017F;es Geld gegeben wor-<lb/>
den, &#x017F;o ko&#x0364;nnen dennoch die Dien&#x017F;tpflichtigen nachher eben &#x017F;owohl<lb/>
wiederum zur Lei&#x017F;tung der er&#x017F;tern angehalten werden; als &#x017F;ie<lb/>
befugt &#x017F;ind, fu&#x0364;r die Zukunft das Letztere zu verweigern <note place="foot" n="30)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">leyser</hi> Specim. CCCCXIX. med.</hi> 4. u. <hi rendition="#aq">Spec. DCLXV,<lb/>
med.</hi> 29. <hi rendition="#g">Struben</hi> rechtliche Bedenken <hi rendition="#aq">IV.</hi> Th. Bed. 17.<lb/><hi rendition="#aq">a <hi rendition="#k">puffendorf</hi> Ob&#x017F;ervat. iuris univ. Tom. I. Ob&#x017F;. 224. T. II.<lb/>
Ob&#x017F;. 71. <hi rendition="#k">brokes</hi> &#x017F;elect. Ob&#x017F;. for. Ob&#x017F;. 65. <hi rendition="#k">wernher</hi> Ob&#x017F;er-<lb/>
vat. Foren&#x017F;. Tom. II. Part. IX. Ob&#x017F;</hi> 64 von <hi rendition="#g">Buri</hi> in der<lb/>
angef. Abhandl. S. 67 <hi rendition="#g">We&#x017F;tphal</hi> teut&#x017F;ches Privatrecht.<lb/>
34. Abhandlung 8. Anmerkung S. 366. <hi rendition="#g">Overbeck</hi> Medita-<lb/>
tionen u&#x0364;ber ver&#x017F;chiedene Rechtsmaterien 3. Band 137. Meditat.<lb/>
S. 119.</note>.<lb/>
Denn, wenn die Eigen&#x017F;chaft der Naturaldien&#x017F;te au&#x017F;&#x017F;er Zweifel<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o kann das Recht der Herr&#x017F;chaft, den Naturaldien&#x017F;t zu for-<lb/>
dern, eben &#x017F;o wenig, als das Recht der Dien&#x017F;tpflichtigen, den-<lb/>
&#x017F;elben zu lei&#x017F;ten, ohne vorhergegangene Verweigerung, und auf<lb/>
der andern Seite darauf erfolgte Beruhigung, durch Verja&#x0364;hrung<lb/>
erlo&#x0364;&#x017F;chen. Wa&#x0364;re daher auch noch &#x017F;o lange Zeit der Dien&#x017F;t mit<lb/>
Geld abgekauft worden, &#x017F;o wu&#x0364;rde dennoch &#x017F;olches nur einen<lb/>
u&#x0364;ber den in jedes Jahr fallenden Dien&#x017F;t eingegangenen, und je-<lb/>
des Jahr &#x017F;till&#x017F;chweigend erneuerten Vertrag enthalten, wovon<lb/>
jedem Theile wieder abzugehen, und &#x017F;tatt des Geldes, den Dien&#x017F;t<lb/><hi rendition="#aq">re&#x017F;p.</hi> zu fordern und zu lei&#x017F;ten frey&#x017F;tehet. Denn &#x017F;o wie es in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/><note xml:id="note-0061" prev="#note-0060" place="foot" n="28)"><hi rendition="#g">Overbeck</hi> Meditationen u&#x0364;ber ver&#x017F;chiedene Rechtsmaterien.<lb/>
3. Band 138. Meditat. <hi rendition="#g">Runde</hi> Grd&#x017F;. des allgem. teut&#x017F;chen<lb/>
Privatrechts. §. 501.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0061] Satz rechtfertiget die Vernunft und Analogie der Rechte von ſelbſt. Denn ſo wenig der Schuldner ſeinem Glaͤubiger wider deſſen Willen eine andere Sache ſtatt der ſchuldigen aufdringen darf, eben ſo wenig kann auch der Glaͤubiger von dem Schuld- ner etwas anders, als wozu er verbunden iſt, fordern 29). Es ſind alſo auch hier ſowohl auf Seiten des Dienſiherrn, als der Dienſtpflichtigen gleiche Verbindlichkeiten und gleiche Rechte. Wenn daher, ohne ſolche unwiderrufliche Vertraͤge uͤber Veraͤn- derung der Dienſtpflicht auch ſeit langer Zeit, ſtatt der zu lei- ſtenden Naturaldienſte, jaͤhrlich ein gewiſſes Geld gegeben wor- den, ſo koͤnnen dennoch die Dienſtpflichtigen nachher eben ſowohl wiederum zur Leiſtung der erſtern angehalten werden; als ſie befugt ſind, fuͤr die Zukunft das Letztere zu verweigern 30). Denn, wenn die Eigenſchaft der Naturaldienſte auſſer Zweifel iſt, ſo kann das Recht der Herrſchaft, den Naturaldienſt zu for- dern, eben ſo wenig, als das Recht der Dienſtpflichtigen, den- ſelben zu leiſten, ohne vorhergegangene Verweigerung, und auf der andern Seite darauf erfolgte Beruhigung, durch Verjaͤhrung erloͤſchen. Waͤre daher auch noch ſo lange Zeit der Dienſt mit Geld abgekauft worden, ſo wuͤrde dennoch ſolches nur einen uͤber den in jedes Jahr fallenden Dienſt eingegangenen, und je- des Jahr ſtillſchweigend erneuerten Vertrag enthalten, wovon jedem Theile wieder abzugehen, und ſtatt des Geldes, den Dienſt reſp. zu fordern und zu leiſten freyſtehet. Denn ſo wie es in der 28) 29) Siehe die Note 66. der erſten Ausgabe. 30) S. leyser Specim. CCCCXIX. med. 4. u. Spec. DCLXV, med. 29. Struben rechtliche Bedenken IV. Th. Bed. 17. a puffendorf Obſervat. iuris univ. Tom. I. Obſ. 224. T. II. Obſ. 71. brokes ſelect. Obſ. for. Obſ. 65. wernher Obſer- vat. Forenſ. Tom. II. Part. IX. Obſ 64 von Buri in der angef. Abhandl. S. 67 Weſtphal teutſches Privatrecht. 34. Abhandlung 8. Anmerkung S. 366. Overbeck Medita- tionen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien 3. Band 137. Meditat. S. 119. 28) Overbeck Meditationen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien. 3. Band 138. Meditat. Runde Grdſ. des allgem. teutſchen Privatrechts. §. 501. D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/61
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/61>, abgerufen am 05.05.2024.