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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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die sich denn wieder zurückbezieht auf ein älteres Ma-
nuscript in Versen, das sich in der Pariser Bibliothek
in Folio und in 4to findet.

Nach vier Monathen soll die feyerliche Vermählung seyn
Der König von Engelland landet zu dem Zwecke mit
fünfhundert Pferden in der Normandie, und geht vorher
nach Paris, um dort Goldstoffe einzukaufen, weil er der-
en nicht genug in seinem Lande findet. Die Königin von
Frankreich erinnert nun ihren Sohn an das alte Versprech-
en der Spanier, und stellt ihm vor, daß es ungeziemend
wäre, wenn er von einem andern sich den Rang ablaufen
lassen wollte. Der Prinz geht in ihren Wunsch ein, und
entwirft einen Plan, den er dabei verfolgen will. Er
sammelt eine Armee von 2000 der Vornehmsten des König-
reichs, und 4000 Bogenschützen, sammt allem Nöthigen,
Wagen und Gepäcke, und sender sie voraus nach Spanien,
er selbst setzt sich an die Spitze der vornehmsten und schön-
sten Barone, und von hundert andern der ausgesuchtesten
Leute, Alle seines Alters, gekleidet wie er selbst, und damit
streift er auf der Straße herum, auf der die Engelländer
hinziehen. Der König wird ihrer bald gewahr, und er-
kundigt sich durch einen Herolden, wer der Herr der Trup-
pe sey. Jean de Paris heißt's, ein reicher Bürgerssohn,
der einen Theil seines Vermögens auftreiben wolle. Der
König erstaunt über die Pracht und den Wahnsinn eines
Privatmannes, und dies Erstaunen wächst fortdauernd
auf der Reise, wo sich Jean de Paris ihm beigesellt, und ihn
immerfort mit neuer Pracht und neuem Ueberfluß überrascht,
weil vorangeschickte Boten immer alle Anstalten zum Empfang
ihres Herrn getroffen haben, indessen die Engelländer nir-
gend etwas vorfinden. So kömmt der Zug nach Spa-
nien, überall widerfährt den Engelländern Unglück ihres
19.

die ſich denn wieder zurückbezieht auf ein älteres Ma-
nuſcript in Verſen, das ſich in der Pariſer Bibliothek
in Folio und in 4to findet.

Nach vier Monathen ſoll die feyerliche Vermählung ſeyn
Der König von Engelland landet zu dem Zwecke mit
fünfhundert Pferden in der Normandie, und geht vorher
nach Paris, um dort Goldſtoffe einzukaufen, weil er der-
en nicht genug in ſeinem Lande findet. Die Königin von
Frankreich erinnert nun ihren Sohn an das alte Verſprech-
en der Spanier, und ſtellt ihm vor, daß es ungeziemend
wäre, wenn er von einem andern ſich den Rang ablaufen
laſſen wollte. Der Prinz geht in ihren Wunſch ein, und
entwirft einen Plan, den er dabei verfolgen will. Er
ſammelt eine Armee von 2000 der Vornehmſten des König-
reichs, und 4000 Bogenſchützen, ſammt allem Nöthigen,
Wagen und Gepäcke, und ſender ſie voraus nach Spanien,
er ſelbſt ſetzt ſich an die Spitze der vornehmſten und ſchön-
ſten Barone, und von hundert andern der ausgeſuchteſten
Leute, Alle ſeines Alters, gekleidet wie er ſelbſt, und damit
ſtreift er auf der Straße herum, auf der die Engelländer
hinziehen. Der König wird ihrer bald gewahr, und er-
kundigt ſich durch einen Herolden, wer der Herr der Trup-
pe ſey. Jean de Paris heißt’s, ein reicher Bürgersſohn,
der einen Theil ſeines Vermögens auftreiben wolle. Der
König erſtaunt über die Pracht und den Wahnſinn eines
Privatmannes, und dies Erſtaunen wächſt fortdauernd
auf der Reiſe, wo ſich Jean de Paris ihm beigeſellt, und ihn
immerfort mit neuer Pracht und neuem Ueberfluß überraſcht,
weil vorangeſchickte Boten immer alle Anſtalten zum Empfang
ihres Herrn getroffen haben, indeſſen die Engelländer nir-
gend etwas vorfinden. So kömmt der Zug nach Spa-
nien, überall widerfährt den Engelländern Unglück ihres
19.
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[145/0163] die ſich denn wieder zurückbezieht auf ein älteres Ma- nuſcript in Verſen, das ſich in der Pariſer Bibliothek in Folio und in 4to findet. *) *) Nach vier Monathen ſoll die feyerliche Vermählung ſeyn Der König von Engelland landet zu dem Zwecke mit fünfhundert Pferden in der Normandie, und geht vorher nach Paris, um dort Goldſtoffe einzukaufen, weil er der- en nicht genug in ſeinem Lande findet. Die Königin von Frankreich erinnert nun ihren Sohn an das alte Verſprech- en der Spanier, und ſtellt ihm vor, daß es ungeziemend wäre, wenn er von einem andern ſich den Rang ablaufen laſſen wollte. Der Prinz geht in ihren Wunſch ein, und entwirft einen Plan, den er dabei verfolgen will. Er ſammelt eine Armee von 2000 der Vornehmſten des König- reichs, und 4000 Bogenſchützen, ſammt allem Nöthigen, Wagen und Gepäcke, und ſender ſie voraus nach Spanien, er ſelbſt ſetzt ſich an die Spitze der vornehmſten und ſchön- ſten Barone, und von hundert andern der ausgeſuchteſten Leute, Alle ſeines Alters, gekleidet wie er ſelbſt, und damit ſtreift er auf der Straße herum, auf der die Engelländer hinziehen. Der König wird ihrer bald gewahr, und er- kundigt ſich durch einen Herolden, wer der Herr der Trup- pe ſey. Jean de Paris heißt’s, ein reicher Bürgersſohn, der einen Theil ſeines Vermögens auftreiben wolle. Der König erſtaunt über die Pracht und den Wahnſinn eines Privatmannes, und dies Erſtaunen wächſt fortdauernd auf der Reiſe, wo ſich Jean de Paris ihm beigeſellt, und ihn immerfort mit neuer Pracht und neuem Ueberfluß überraſcht, weil vorangeſchickte Boten immer alle Anſtalten zum Empfang ihres Herrn getroffen haben, indeſſen die Engelländer nir- gend etwas vorfinden. So kömmt der Zug nach Spa- nien, überall widerfährt den Engelländern Unglück ihres 19.

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/163>, abgerufen am 27.04.2024.