Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Hochbild.
Die Sonne, Helios der Griechen,
Fährt prächtig auf der Himmelsbahn,
Gewiss das Weltall zu besiegen
Blickt er umher, hinab, hinan.
Er sieht die schönste Göttinn weinen,
Die Wolkentochter, Himmelskind,
Ihr scheint er nur allein zu scheinen,
Für alle heitre Räume blind
Versenkt er sich in Schmerz und Schauer
Und häufiger quillt ihr Thränenguss;
Er sendet Lust in ihre Trauer
Und jeder Perle Kuss auf Kuss.
Nun fühlt sie tief des Blicks Gewalten,
Und unverwandt schaut sie hinauf,
Die Perlen wollen sich gestalten:
Denn jede nahm sein Bildniss auf.
11 *
Hochbild.
Die Sonne, Helios der Griechen,
Fährt prächtig auf der Himmelsbahn,
Gewiſs das Weltall zu besiegen
Blickt er umher, hinab, hinan.
Er sieht die schönste Göttinn weinen,
Die Wolkentochter, Himmelskind,
Ihr scheint er nur allein zu scheinen,
Für alle heitre Räume blind
Versenkt er sich in Schmerz und Schauer
Und häufiger quillt ihr Thränenguſs;
Er sendet Lust in ihre Trauer
Und jeder Perle Kuſs auf Kuſs.
Nun fühlt sie tief des Blicks Gewalten,
Und unverwandt schaut sie hinauf,
Die Perlen wollen sich gestalten:
Denn jede nahm sein Bildniſs auf.
11 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0173" n="163"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Hochbild</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Die Sonne, Helios der Griechen,</l><lb/>
              <l>Fährt prächtig auf der Himmelsbahn,</l><lb/>
              <l>Gewi&#x017F;s das Weltall zu besiegen</l><lb/>
              <l>Blickt er umher, hinab, hinan.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Er sieht die schönste Göttinn weinen,</l><lb/>
              <l>Die Wolkentochter, Himmelskind,</l><lb/>
              <l>Ihr scheint er nur allein zu scheinen,</l><lb/>
              <l>Für alle heitre Räume blind</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Versenkt er sich in Schmerz und Schauer</l><lb/>
              <l>Und häufiger quillt ihr Thränengu&#x017F;s;</l><lb/>
              <l>Er sendet Lust in ihre Trauer</l><lb/>
              <l>Und jeder Perle Ku&#x017F;s auf Ku&#x017F;s.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nun fühlt sie tief des Blicks Gewalten,</l><lb/>
              <l>Und unverwandt schaut sie hinauf,</l><lb/>
              <l>Die Perlen wollen sich gestalten:</l><lb/>
              <l>Denn jede nahm sein Bildni&#x017F;s auf.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">11 *</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0173] Hochbild. Die Sonne, Helios der Griechen, Fährt prächtig auf der Himmelsbahn, Gewiſs das Weltall zu besiegen Blickt er umher, hinab, hinan. Er sieht die schönste Göttinn weinen, Die Wolkentochter, Himmelskind, Ihr scheint er nur allein zu scheinen, Für alle heitre Räume blind Versenkt er sich in Schmerz und Schauer Und häufiger quillt ihr Thränenguſs; Er sendet Lust in ihre Trauer Und jeder Perle Kuſs auf Kuſs. Nun fühlt sie tief des Blicks Gewalten, Und unverwandt schaut sie hinauf, Die Perlen wollen sich gestalten: Denn jede nahm sein Bildniſs auf. 11 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/173
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/173>, abgerufen am 28.04.2024.