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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Verhältniß zur allgemeinen Physik.

737.

Der Zustand, in welchem sich die allgemeine Physik
gegenwärtig befindet, scheint auch unserer Arbeit be-
sonders günstig, indem die Naturlehre durch rastlose,
mannigfaltige Behandlung sich nach und nach zu einer
solchen Höhe erhoben hat, daß es nicht unmöglich
scheint, die gränzenlose Empirie an einen methodischen
Mittelpunct heranzuziehen.

738.

Dessen, was zu weit von unserm besondern Kreise
abliegt, nicht zu gedenken, so finden sich die For-
meln, durch die man die elementaren Naturerschei-
nungen, wo nicht dogmatisch, doch wenigstens zum
didaktischen Behufe ausspricht, durchaus auf dem Wege,
daß man sieht, man werde durch die Uebereinstimmung
der Zeichen bald auch nothwendig zur Uebereinstimmung
im Sinne gelangen.

739.

Treue Beobachter der Natur, wenn sie auch sonst
noch so verschieden denken, werden doch darin mit
einander übereinkommen, daß alles, was erscheinen,
was uns als ein Phänomen begegnen solle, müsse ent-
weder eine ursprüngliche Entzweyung, die einer Ver-

Verhaͤltniß zur allgemeinen Phyſik.

737.

Der Zuſtand, in welchem ſich die allgemeine Phyſik
gegenwaͤrtig befindet, ſcheint auch unſerer Arbeit be-
ſonders guͤnſtig, indem die Naturlehre durch raſtloſe,
mannigfaltige Behandlung ſich nach und nach zu einer
ſolchen Hoͤhe erhoben hat, daß es nicht unmoͤglich
ſcheint, die graͤnzenloſe Empirie an einen methodiſchen
Mittelpunct heranzuziehen.

738.

Deſſen, was zu weit von unſerm beſondern Kreiſe
abliegt, nicht zu gedenken, ſo finden ſich die For-
meln, durch die man die elementaren Naturerſchei-
nungen, wo nicht dogmatiſch, doch wenigſtens zum
didaktiſchen Behufe ausſpricht, durchaus auf dem Wege,
daß man ſieht, man werde durch die Uebereinſtimmung
der Zeichen bald auch nothwendig zur Uebereinſtimmung
im Sinne gelangen.

739.

Treue Beobachter der Natur, wenn ſie auch ſonſt
noch ſo verſchieden denken, werden doch darin mit
einander uͤbereinkommen, daß alles, was erſcheinen,
was uns als ein Phaͤnomen begegnen ſolle, muͤſſe ent-
weder eine urſpruͤngliche Entzweyung, die einer Ver-

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[276/0330] Verhaͤltniß zur allgemeinen Phyſik. 737. Der Zuſtand, in welchem ſich die allgemeine Phyſik gegenwaͤrtig befindet, ſcheint auch unſerer Arbeit be- ſonders guͤnſtig, indem die Naturlehre durch raſtloſe, mannigfaltige Behandlung ſich nach und nach zu einer ſolchen Hoͤhe erhoben hat, daß es nicht unmoͤglich ſcheint, die graͤnzenloſe Empirie an einen methodiſchen Mittelpunct heranzuziehen. 738. Deſſen, was zu weit von unſerm beſondern Kreiſe abliegt, nicht zu gedenken, ſo finden ſich die For- meln, durch die man die elementaren Naturerſchei- nungen, wo nicht dogmatiſch, doch wenigſtens zum didaktiſchen Behufe ausſpricht, durchaus auf dem Wege, daß man ſieht, man werde durch die Uebereinſtimmung der Zeichen bald auch nothwendig zur Uebereinſtimmung im Sinne gelangen. 739. Treue Beobachter der Natur, wenn ſie auch ſonſt noch ſo verſchieden denken, werden doch darin mit einander uͤbereinkommen, daß alles, was erſcheinen, was uns als ein Phaͤnomen begegnen ſolle, muͤſſe ent- weder eine urſpruͤngliche Entzweyung, die einer Ver-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/330>, abgerufen am 28.04.2024.