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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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tionen und so natürliche Effecte hervorzubringen, daß
sich an ihnen gerade der praktische Gebrauch der Ideen
halten muß, und die durchsichtigen am Ende nur wie
Geister ihr Spiel darüber haben, und nur dienen,
um sie zu heben und zu erhöhen in ihrer Kraft.

Der feste Glaube an eine bestimmte geistige Ver-
bindung in den Elementen kann dem Maler zuletzt ei-
nen Trost und Heiterkeit mittheilen, den er auf keine
andre Art zu erlangen im Stande ist; da sein eignes
Leben sich so in seiner Arbeit verliert und Materie,
Mittel und Ziel in eins zuletzt in ihm eine Vollendung
hervorbringt, die gewiß durch ein stets fleißiges und
getreues Bestreben hervorgebracht werden muß, so daß
es auch auf andere nicht ohne wohlthätige Wirkung
bleiben kann.

Wenn ich die Stoffe, womit ich arbeite, betrachte,
und ich halte sie an den Maßstab dieser Qualitäten,
so weiß ich bestimmt wo und wie ich sie anwenden kann,
da kein Stoff, den wir verarbeiten, ganz rein ist. Ich
kann mich hier nicht über die Praktik ausbreiten, weil
es erstlich zu weitläuftig wäre, auch ich bloß im Sinne
gehabt habe, Ihnen den Standpunct zu zeigen, von
welchem ich die Farben betrachte.


tionen und ſo natuͤrliche Effecte hervorzubringen, daß
ſich an ihnen gerade der praktiſche Gebrauch der Ideen
halten muß, und die durchſichtigen am Ende nur wie
Geiſter ihr Spiel daruͤber haben, und nur dienen,
um ſie zu heben und zu erhoͤhen in ihrer Kraft.

Der feſte Glaube an eine beſtimmte geiſtige Ver-
bindung in den Elementen kann dem Maler zuletzt ei-
nen Troſt und Heiterkeit mittheilen, den er auf keine
andre Art zu erlangen im Stande iſt; da ſein eignes
Leben ſich ſo in ſeiner Arbeit verliert und Materie,
Mittel und Ziel in eins zuletzt in ihm eine Vollendung
hervorbringt, die gewiß durch ein ſtets fleißiges und
getreues Beſtreben hervorgebracht werden muß, ſo daß
es auch auf andere nicht ohne wohlthaͤtige Wirkung
bleiben kann.

Wenn ich die Stoffe, womit ich arbeite, betrachte,
und ich halte ſie an den Maßſtab dieſer Qualitaͤten,
ſo weiß ich beſtimmt wo und wie ich ſie anwenden kann,
da kein Stoff, den wir verarbeiten, ganz rein iſt. Ich
kann mich hier nicht uͤber die Praktik ausbreiten, weil
es erſtlich zu weitlaͤuftig waͤre, auch ich bloß im Sinne
gehabt habe, Ihnen den Standpunct zu zeigen, von
welchem ich die Farben betrachte.


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[349/0403] tionen und ſo natuͤrliche Effecte hervorzubringen, daß ſich an ihnen gerade der praktiſche Gebrauch der Ideen halten muß, und die durchſichtigen am Ende nur wie Geiſter ihr Spiel daruͤber haben, und nur dienen, um ſie zu heben und zu erhoͤhen in ihrer Kraft. Der feſte Glaube an eine beſtimmte geiſtige Ver- bindung in den Elementen kann dem Maler zuletzt ei- nen Troſt und Heiterkeit mittheilen, den er auf keine andre Art zu erlangen im Stande iſt; da ſein eignes Leben ſich ſo in ſeiner Arbeit verliert und Materie, Mittel und Ziel in eins zuletzt in ihm eine Vollendung hervorbringt, die gewiß durch ein ſtets fleißiges und getreues Beſtreben hervorgebracht werden muß, ſo daß es auch auf andere nicht ohne wohlthaͤtige Wirkung bleiben kann. Wenn ich die Stoffe, womit ich arbeite, betrachte, und ich halte ſie an den Maßſtab dieſer Qualitaͤten, ſo weiß ich beſtimmt wo und wie ich ſie anwenden kann, da kein Stoff, den wir verarbeiten, ganz rein iſt. Ich kann mich hier nicht uͤber die Praktik ausbreiten, weil es erſtlich zu weitlaͤuftig waͤre, auch ich bloß im Sinne gehabt habe, Ihnen den Standpunct zu zeigen, von welchem ich die Farben betrachte.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/403>, abgerufen am 29.04.2024.