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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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einiges, was wir schon berührt, umständlicher aus-
zuführen.

Er ist hauptsächlich bekannt durch sein Buch von
der natürlichen Magie. Der Ursprung dieser Art von
halbgeheimer Wissenschaft liegt in den ältesten Zeiten.
Ein solches Wissen, eine solche Kunst war dem Aber-
glauben, von dem wir schon früher gehandelt, unent-
behrlich. Es gibt so manches wünschenswerthe, mög-
lich scheinende; durch eine kleine Verwechselung machen
wir es zu einem erreichbaren Wirklichen. Denn ob-
gleich die Thätigkeiten, in denen das Leben der Welt
sich äußert, begränzt, und alle Specificationen hartnä-
ckig und zäh sind; so läßt sich doch die Gränze keiner
Thätigkeit genau bestimmen, und die Specificationen
finden wir auch biegsam und wandelbar.

Die natürliche Magie hofft mit demjenigen, was
wir für thätig erkennen, weiter als billig ist zu wirken,
und mit dem, was specificirt vor uns liegt, mehr als
thunlich ist zu schalten. Und warum sollten wir nicht
hoffen, daß ein solches Unternehmen gelingen könne.
Metaschematismen und Metamorphosen gehen vor unsern
Augen vor, ohne daß sie von uns begriffen werden;
mehrere und andere lassen sich vermuthen und erwar-
ten, wie ihrer denn auch täglich neue entdeckt und be-
merkt werden. Es gibt so viele Bezüge der specifi-
cirten Wesen unter einander, die wahrhaft und doch
wunderbar genug sind, wie z. B. der Metalle beym
Galvanism. Thun wir einen Blick auf die Bezüge

einiges, was wir ſchon beruͤhrt, umſtaͤndlicher aus-
zufuͤhren.

Er iſt hauptſaͤchlich bekannt durch ſein Buch von
der natuͤrlichen Magie. Der Urſprung dieſer Art von
halbgeheimer Wiſſenſchaft liegt in den aͤlteſten Zeiten.
Ein ſolches Wiſſen, eine ſolche Kunſt war dem Aber-
glauben, von dem wir ſchon fruͤher gehandelt, unent-
behrlich. Es gibt ſo manches wuͤnſchenswerthe, moͤg-
lich ſcheinende; durch eine kleine Verwechſelung machen
wir es zu einem erreichbaren Wirklichen. Denn ob-
gleich die Thaͤtigkeiten, in denen das Leben der Welt
ſich aͤußert, begraͤnzt, und alle Specificationen hartnaͤ-
ckig und zaͤh ſind; ſo laͤßt ſich doch die Graͤnze keiner
Thaͤtigkeit genau beſtimmen, und die Specificationen
finden wir auch biegſam und wandelbar.

Die natuͤrliche Magie hofft mit demjenigen, was
wir fuͤr thaͤtig erkennen, weiter als billig iſt zu wirken,
und mit dem, was ſpecificirt vor uns liegt, mehr als
thunlich iſt zu ſchalten. Und warum ſollten wir nicht
hoffen, daß ein ſolches Unternehmen gelingen koͤnne.
Metaſchematismen und Metamorphoſen gehen vor unſern
Augen vor, ohne daß ſie von uns begriffen werden;
mehrere und andere laſſen ſich vermuthen und erwar-
ten, wie ihrer denn auch taͤglich neue entdeckt und be-
merkt werden. Es gibt ſo viele Bezuͤge der ſpecifi-
cirten Weſen unter einander, die wahrhaft und doch
wunderbar genug ſind, wie z. B. der Metalle beym
Galvanism. Thun wir einen Blick auf die Bezuͤge

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[221/0255] einiges, was wir ſchon beruͤhrt, umſtaͤndlicher aus- zufuͤhren. Er iſt hauptſaͤchlich bekannt durch ſein Buch von der natuͤrlichen Magie. Der Urſprung dieſer Art von halbgeheimer Wiſſenſchaft liegt in den aͤlteſten Zeiten. Ein ſolches Wiſſen, eine ſolche Kunſt war dem Aber- glauben, von dem wir ſchon fruͤher gehandelt, unent- behrlich. Es gibt ſo manches wuͤnſchenswerthe, moͤg- lich ſcheinende; durch eine kleine Verwechſelung machen wir es zu einem erreichbaren Wirklichen. Denn ob- gleich die Thaͤtigkeiten, in denen das Leben der Welt ſich aͤußert, begraͤnzt, und alle Specificationen hartnaͤ- ckig und zaͤh ſind; ſo laͤßt ſich doch die Graͤnze keiner Thaͤtigkeit genau beſtimmen, und die Specificationen finden wir auch biegſam und wandelbar. Die natuͤrliche Magie hofft mit demjenigen, was wir fuͤr thaͤtig erkennen, weiter als billig iſt zu wirken, und mit dem, was ſpecificirt vor uns liegt, mehr als thunlich iſt zu ſchalten. Und warum ſollten wir nicht hoffen, daß ein ſolches Unternehmen gelingen koͤnne. Metaſchematismen und Metamorphoſen gehen vor unſern Augen vor, ohne daß ſie von uns begriffen werden; mehrere und andere laſſen ſich vermuthen und erwar- ten, wie ihrer denn auch taͤglich neue entdeckt und be- merkt werden. Es gibt ſo viele Bezuͤge der ſpecifi- cirten Weſen unter einander, die wahrhaft und doch wunderbar genug ſind, wie z. B. der Metalle beym Galvanism. Thun wir einen Blick auf die Bezuͤge

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/255>, abgerufen am 28.04.2024.