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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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des Paracelsus und seiner Schule, daß die Farben
aus dem Schwefel und dessen Verbindung mit den
Salzen sich herschreiben möchten, waren auch noch in
frischem Andenken geblieben. Man gedachte mit In-
teresse eines Versuchs von Mariotte, der einen rothen
französischen Wein durch Alcalien gebräunt und ihm
das Ansehn eines schlechten verdorbenen Weins gege-
ben, nachher aber durch Schwefelgeist die erste Farbe,
und zwar noch schöner, hergestellt. Man erklärte da-
mals daraus das Vortheilhafte des Aus- und Aufbren-
nens der Weinfässer durch Schwefel, und fand diese
Erfahrung bedeutend.

Die Akademie interessirte sich für die chemische
Analyse der Pflanzentheile, und als man die Resul-
tate bey den verschiedensten Pflanzen ziemlich einförmig
und übereinstimmend fand; so beschäftigten sich andere
wieder die Unterschiede aufzusuchen.

Geoffroy, der jüngere, scheint zuerst auf den Ge-
danken gekommen zu seyn, die essentiellen Oele der
Vegetabilien mit Säuren und Alcalien zu behandeln,
und die dabey vorkommenden Farbenerscheinungen zu
beobachten.

Sein allgemeineres Theoretische gelingt ihm nicht
sonderlich. Er braucht körperliche Configurationen,
und dann wieder besondere Feuertheile und was der-
gleichen Dinge mehr sind. Aber die Anwendung seiner
chemischen Versuche auf die Farben der Pflanzen selbst,

des Paracelſus und ſeiner Schule, daß die Farben
aus dem Schwefel und deſſen Verbindung mit den
Salzen ſich herſchreiben moͤchten, waren auch noch in
friſchem Andenken geblieben. Man gedachte mit In-
tereſſe eines Verſuchs von Mariotte, der einen rothen
franzoͤſiſchen Wein durch Alcalien gebraͤunt und ihm
das Anſehn eines ſchlechten verdorbenen Weins gege-
ben, nachher aber durch Schwefelgeiſt die erſte Farbe,
und zwar noch ſchoͤner, hergeſtellt. Man erklaͤrte da-
mals daraus das Vortheilhafte des Aus- und Aufbren-
nens der Weinfaͤſſer durch Schwefel, und fand dieſe
Erfahrung bedeutend.

Die Akademie intereſſirte ſich fuͤr die chemiſche
Analyſe der Pflanzentheile, und als man die Reſul-
tate bey den verſchiedenſten Pflanzen ziemlich einfoͤrmig
und uͤbereinſtimmend fand; ſo beſchaͤftigten ſich andere
wieder die Unterſchiede aufzuſuchen.

Geoffroy, der juͤngere, ſcheint zuerſt auf den Ge-
danken gekommen zu ſeyn, die eſſentiellen Oele der
Vegetabilien mit Saͤuren und Alcalien zu behandeln,
und die dabey vorkommenden Farbenerſcheinungen zu
beobachten.

Sein allgemeineres Theoretiſche gelingt ihm nicht
ſonderlich. Er braucht koͤrperliche Configurationen,
und dann wieder beſondere Feuertheile und was der-
gleichen Dinge mehr ſind. Aber die Anwendung ſeiner
chemiſchen Verſuche auf die Farben der Pflanzen ſelbſt,

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[522/0556] des Paracelſus und ſeiner Schule, daß die Farben aus dem Schwefel und deſſen Verbindung mit den Salzen ſich herſchreiben moͤchten, waren auch noch in friſchem Andenken geblieben. Man gedachte mit In- tereſſe eines Verſuchs von Mariotte, der einen rothen franzoͤſiſchen Wein durch Alcalien gebraͤunt und ihm das Anſehn eines ſchlechten verdorbenen Weins gege- ben, nachher aber durch Schwefelgeiſt die erſte Farbe, und zwar noch ſchoͤner, hergeſtellt. Man erklaͤrte da- mals daraus das Vortheilhafte des Aus- und Aufbren- nens der Weinfaͤſſer durch Schwefel, und fand dieſe Erfahrung bedeutend. Die Akademie intereſſirte ſich fuͤr die chemiſche Analyſe der Pflanzentheile, und als man die Reſul- tate bey den verſchiedenſten Pflanzen ziemlich einfoͤrmig und uͤbereinſtimmend fand; ſo beſchaͤftigten ſich andere wieder die Unterſchiede aufzuſuchen. Geoffroy, der juͤngere, ſcheint zuerſt auf den Ge- danken gekommen zu ſeyn, die eſſentiellen Oele der Vegetabilien mit Saͤuren und Alcalien zu behandeln, und die dabey vorkommenden Farbenerſcheinungen zu beobachten. Sein allgemeineres Theoretiſche gelingt ihm nicht ſonderlich. Er braucht koͤrperliche Configurationen, und dann wieder beſondere Feuertheile und was der- gleichen Dinge mehr ſind. Aber die Anwendung ſeiner chemiſchen Verſuche auf die Farben der Pflanzen ſelbſt,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/556>, abgerufen am 29.04.2024.