Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

stärker wirkt sie. Ich fand daher, daß diejenigen
Flüssigkeiten die allerhöchste chromatische Kraft haben,
in welchen die Salzsäure und die Metalle verbunden
sind. Die chemische Präparation, genannt Causticum
antimoniale
oder Butyrum Antimonii, besitzt in ih-
rem concentrirtesten Zustande, wenn sie eben genug
Feuchtigkeit an sich gezogen hat, um flüssig zu seyn,
diese Kraft in einem erstaunlichen Grade, so daß drey
Keile Crownglas nöthig sind, um die Farbe aufzuhe-
ben, die durch einen entgegengesetzten Keil von glei-
chem Winkel hervorgebracht worden. Die große Men-
ge des in dieser Solution enthaltenen Halbmetalls, und
der concentrirte Zustand der Salzsäure, scheinen die-
sen kaum glaublichen Effect hervorzubringen."

"Aetzendes sublimirtes Quecksilber, mit einer Auf-
lösung von rohem Ammoniaksalz in Wasser, ist an Stär-
ke die nächste Auflösung. Man kann sie so stark ma-
chen, daß der Winkel eines Prisma's von Crown-
glas, welches ihre Farbenerscheinung aufwiegen soll,
doppelt so groß seyn muß. Hier sind auch offenbar
das Quecksilber und die Salzsäure an der Erscheinung
Ursache: denn weder das Wasser, noch das flüchtige
Laugensalz, als die übrigen Theile der Zusammen-
setzung, zeigen, wenn man sie einzeln untersucht, eine
solche Wirkung."

"Die wesentlichen Oele folgen zunächst. Dieieni-
gen welche man aus harzigen Mineralien erhält,
wirken am stärksten: als aus natürlichem Bergöl,

ſtaͤrker wirkt ſie. Ich fand daher, daß diejenigen
Fluͤſſigkeiten die allerhoͤchſte chromatiſche Kraft haben,
in welchen die Salzſaͤure und die Metalle verbunden
ſind. Die chemiſche Praͤparation, genannt Causticum
antimoniale
oder Butyrum Antimonii, beſitzt in ih-
rem concentrirteſten Zuſtande, wenn ſie eben genug
Feuchtigkeit an ſich gezogen hat, um fluͤſſig zu ſeyn,
dieſe Kraft in einem erſtaunlichen Grade, ſo daß drey
Keile Crownglas noͤthig ſind, um die Farbe aufzuhe-
ben, die durch einen entgegengeſetzten Keil von glei-
chem Winkel hervorgebracht worden. Die große Men-
ge des in dieſer Solution enthaltenen Halbmetalls, und
der concentrirte Zuſtand der Salzſaͤure, ſcheinen die-
ſen kaum glaublichen Effect hervorzubringen.“

„Aetzendes ſublimirtes Queckſilber, mit einer Auf-
loͤſung von rohem Ammoniakſalz in Waſſer, iſt an Staͤr-
ke die naͤchſte Aufloͤſung. Man kann ſie ſo ſtark ma-
chen, daß der Winkel eines Prisma’s von Crown-
glas, welches ihre Farbenerſcheinung aufwiegen ſoll,
doppelt ſo groß ſeyn muß. Hier ſind auch offenbar
das Queckſilber und die Salzſaͤure an der Erſcheinung
Urſache: denn weder das Waſſer, noch das fluͤchtige
Laugenſalz, als die uͤbrigen Theile der Zuſammen-
ſetzung, zeigen, wenn man ſie einzeln unterſucht, eine
ſolche Wirkung.“

„Die weſentlichen Oele folgen zunaͤchſt. Dieieni-
gen welche man aus harzigen Mineralien erhaͤlt,
wirken am ſtaͤrkſten: als aus natuͤrlichem Bergoͤl,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0681" n="647"/>
&#x017F;ta&#x0364;rker wirkt &#x017F;ie. Ich fand daher, daß diejenigen<lb/>
Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten die allerho&#x0364;ch&#x017F;te chromati&#x017F;che Kraft haben,<lb/>
in welchen die Salz&#x017F;a&#x0364;ure und die Metalle verbunden<lb/>
&#x017F;ind. Die chemi&#x017F;che Pra&#x0364;paration, genannt <hi rendition="#aq">Causticum<lb/>
antimoniale</hi> oder <hi rendition="#aq">Butyrum Antimonii,</hi> be&#x017F;itzt in ih-<lb/>
rem concentrirte&#x017F;ten Zu&#x017F;tande, wenn &#x017F;ie eben genug<lb/>
Feuchtigkeit an &#x017F;ich gezogen hat, um flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig zu &#x017F;eyn,<lb/>
die&#x017F;e Kraft in einem er&#x017F;taunlichen Grade, &#x017F;o daß drey<lb/>
Keile Crownglas no&#x0364;thig &#x017F;ind, um die Farbe aufzuhe-<lb/>
ben, die durch einen entgegenge&#x017F;etzten Keil von glei-<lb/>
chem Winkel hervorgebracht worden. Die große Men-<lb/>
ge des in die&#x017F;er Solution enthaltenen Halbmetalls, und<lb/>
der concentrirte Zu&#x017F;tand der Salz&#x017F;a&#x0364;ure, &#x017F;cheinen die-<lb/>
&#x017F;en kaum glaublichen Effect hervorzubringen.&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x201E;Aetzendes &#x017F;ublimirtes Queck&#x017F;ilber, mit einer Auf-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;ung von rohem Ammoniak&#x017F;alz in Wa&#x017F;&#x017F;er, i&#x017F;t an Sta&#x0364;r-<lb/>
ke die na&#x0364;ch&#x017F;te Auflo&#x0364;&#x017F;ung. Man kann &#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;tark ma-<lb/>
chen, daß der Winkel eines Prisma&#x2019;s von Crown-<lb/>
glas, welches ihre Farbener&#x017F;cheinung aufwiegen &#x017F;oll,<lb/>
doppelt &#x017F;o groß &#x017F;eyn muß. Hier &#x017F;ind auch offenbar<lb/>
das Queck&#x017F;ilber und die Salz&#x017F;a&#x0364;ure an der Er&#x017F;cheinung<lb/>
Ur&#x017F;ache: denn weder das Wa&#x017F;&#x017F;er, noch das flu&#x0364;chtige<lb/>
Laugen&#x017F;alz, als die u&#x0364;brigen Theile der Zu&#x017F;ammen-<lb/>
&#x017F;etzung, zeigen, wenn man &#x017F;ie einzeln unter&#x017F;ucht, eine<lb/>
&#x017F;olche Wirkung.&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x201E;Die we&#x017F;entlichen Oele folgen zuna&#x0364;ch&#x017F;t. Dieieni-<lb/>
gen welche man aus harzigen Mineralien erha&#x0364;lt,<lb/>
wirken am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten: als aus natu&#x0364;rlichem Bergo&#x0364;l,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[647/0681] ſtaͤrker wirkt ſie. Ich fand daher, daß diejenigen Fluͤſſigkeiten die allerhoͤchſte chromatiſche Kraft haben, in welchen die Salzſaͤure und die Metalle verbunden ſind. Die chemiſche Praͤparation, genannt Causticum antimoniale oder Butyrum Antimonii, beſitzt in ih- rem concentrirteſten Zuſtande, wenn ſie eben genug Feuchtigkeit an ſich gezogen hat, um fluͤſſig zu ſeyn, dieſe Kraft in einem erſtaunlichen Grade, ſo daß drey Keile Crownglas noͤthig ſind, um die Farbe aufzuhe- ben, die durch einen entgegengeſetzten Keil von glei- chem Winkel hervorgebracht worden. Die große Men- ge des in dieſer Solution enthaltenen Halbmetalls, und der concentrirte Zuſtand der Salzſaͤure, ſcheinen die- ſen kaum glaublichen Effect hervorzubringen.“ „Aetzendes ſublimirtes Queckſilber, mit einer Auf- loͤſung von rohem Ammoniakſalz in Waſſer, iſt an Staͤr- ke die naͤchſte Aufloͤſung. Man kann ſie ſo ſtark ma- chen, daß der Winkel eines Prisma’s von Crown- glas, welches ihre Farbenerſcheinung aufwiegen ſoll, doppelt ſo groß ſeyn muß. Hier ſind auch offenbar das Queckſilber und die Salzſaͤure an der Erſcheinung Urſache: denn weder das Waſſer, noch das fluͤchtige Laugenſalz, als die uͤbrigen Theile der Zuſammen- ſetzung, zeigen, wenn man ſie einzeln unterſucht, eine ſolche Wirkung.“ „Die weſentlichen Oele folgen zunaͤchſt. Dieieni- gen welche man aus harzigen Mineralien erhaͤlt, wirken am ſtaͤrkſten: als aus natuͤrlichem Bergoͤl,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/681
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/681>, abgerufen am 01.05.2024.