Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht, Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht. Faust. O ja, bis an die Sterne weit! Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln. Was ihr den Geist der Zeiten heißt, Das ist im Grund der Herren eigner Geist, In dem die Zeiten sich bespiegeln. Da ist's dann wahrlich oft ein Jammer! Man läuft euch bey dem ersten Blick davon. Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer, Und höchstens eine Haupt- und Staatsaction, Mit trefflichen, pragmatischen Maximen, Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen! Wagner. Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist! Möcht' jeglicher doch was davon erkennen. Faust. Ja was man so erkennen heißt! Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen? Die wenigen, die was davon erkannt,
Zu ſchauen, wie vor uns ein weiſer Mann gedacht, Und wie wir’s dann zuletzt ſo herrlich weit gebracht. Fauſt. O ja, bis an die Sterne weit! Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit Sind uns ein Buch mit ſieben Siegeln. Was ihr den Geiſt der Zeiten heißt, Das iſt im Grund der Herren eigner Geiſt, In dem die Zeiten ſich beſpiegeln. Da iſt’s dann wahrlich oft ein Jammer! Man laͤuft euch bey dem erſten Blick davon. Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer, Und hoͤchſtens eine Haupt- und Staatsaction, Mit trefflichen, pragmatiſchen Maximen, Wie ſie den Puppen wohl im Munde ziemen! Wagner. Allein die Welt! des Menſchen Herz und Geiſt! Moͤcht’ jeglicher doch was davon erkennen. Fauſt. Ja was man ſo erkennen heißt! Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen? Die wenigen, die was davon erkannt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#WAG"> <p><pb facs="#f0051" n="45"/> Zu ſchauen, wie vor uns ein weiſer Mann gedacht,<lb/> Und wie wir’s dann zuletzt ſo herrlich weit gebracht.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>O ja, bis an die Sterne weit!<lb/> Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit<lb/> Sind uns ein Buch mit ſieben Siegeln.<lb/> Was ihr den Geiſt der Zeiten heißt,<lb/> Das iſt im Grund der Herren eigner Geiſt,<lb/> In dem die Zeiten ſich beſpiegeln.<lb/> Da iſt’s dann wahrlich oft ein Jammer!<lb/> Man laͤuft euch bey dem erſten Blick davon.<lb/> Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer,<lb/> Und hoͤchſtens eine Haupt- und Staatsaction,<lb/> Mit trefflichen, pragmatiſchen Maximen,<lb/> Wie ſie den Puppen wohl im Munde ziemen!</p> </sp><lb/> <sp who="#WAG"> <speaker><hi rendition="#g">Wagner</hi>.</speaker><lb/> <p>Allein die Welt! des Menſchen Herz und Geiſt!<lb/> Moͤcht’ jeglicher doch was davon erkennen.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja was man ſo erkennen heißt!<lb/> Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen?<lb/> Die wenigen, die was davon erkannt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0051]
Zu ſchauen, wie vor uns ein weiſer Mann gedacht,
Und wie wir’s dann zuletzt ſo herrlich weit gebracht.
Fauſt.
O ja, bis an die Sterne weit!
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit ſieben Siegeln.
Was ihr den Geiſt der Zeiten heißt,
Das iſt im Grund der Herren eigner Geiſt,
In dem die Zeiten ſich beſpiegeln.
Da iſt’s dann wahrlich oft ein Jammer!
Man laͤuft euch bey dem erſten Blick davon.
Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer,
Und hoͤchſtens eine Haupt- und Staatsaction,
Mit trefflichen, pragmatiſchen Maximen,
Wie ſie den Puppen wohl im Munde ziemen!
Wagner.
Allein die Welt! des Menſchen Herz und Geiſt!
Moͤcht’ jeglicher doch was davon erkennen.
Fauſt.
Ja was man ſo erkennen heißt!
Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen?
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/51>, abgerufen am 04.12.2023. |