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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Komm' ich ein Opfer für des Fürsten bittern Schmerz
Und für der Griechen lang' erduldetes Mißgeschick?
Erobert bin ich, ob gefangen weiß ich nicht!
Denn Ruf und Schicksal bestimmten fürwahr die Un-
sterblichen
Zweydeutig mir, der Schöngestalt bedenkliche
Begleiter, die an dieser Schwelle mir sogar
Mit düster drohender Gegenwart zur Seite stehn.
Denn schon im hohlen Schiffe blickte mich der Gemahl
Nur selten an, auch sprach er kein erquicklich Wort.
Als wenn er Unheil sänne saß er gegen mir.
Nun aber, als des Eurotas tiefem Buchtgestad
Hinangefahren, der vordern Schiffe Schnäbel kaum
Das Land begrüßten, sprach er, wie vom Gott bewegt:
Hier steigen meine Krieger nach der Ordnung aus,
Ich mustre sie am Strand des Meeres hingereiht,
Du aber ziehe weiter, ziehe des heiligen
Eurotas fruchtbegabtem Ufer immer auf,
Die Rosse lenkend auf der feuchten Wiese Schmuck,
Bis daß zur schönen Ebene du gelangen magst,
Wo Lakedämon, einst ein fruchtbar weites Feld,
Von ernsten Bergen nah umgeben, angebaut.
Betrete dann das hochgethürmte Fürstenhaus,
Und mustre mir die Mägde, die ich dort zurück
Gelassen, sammt der klugen alten Schaffnerin.
Die zeige dir der Schätze reiche Sammlung vor,
Wie sie dein Vater hinterließ und die ich selbst
In Krieg und Frieden, stets vermehrend, aufgehäuft.
Du findest alles nach der Ordnung stehen: denn
Komm’ ich ein Opfer für des Fürsten bittern Schmerz
Und für der Griechen lang’ erduldetes Mißgeschick?
Erobert bin ich, ob gefangen weiß ich nicht!
Denn Ruf und Schicksal bestimmten fürwahr die Un-
sterblichen
Zweydeutig mir, der Schöngestalt bedenkliche
Begleiter, die an dieser Schwelle mir sogar
Mit düster drohender Gegenwart zur Seite stehn.
Denn schon im hohlen Schiffe blickte mich der Gemahl
Nur selten an, auch sprach er kein erquicklich Wort.
Als wenn er Unheil sänne saß er gegen mir.
Nun aber, als des Eurotas tiefem Buchtgestad
Hinangefahren, der vordern Schiffe Schnäbel kaum
Das Land begrüßten, sprach er, wie vom Gott bewegt:
Hier steigen meine Krieger nach der Ordnung aus,
Ich mustre sie am Strand des Meeres hingereiht,
Du aber ziehe weiter, ziehe des heiligen
Eurotas fruchtbegabtem Ufer immer auf,
Die Rosse lenkend auf der feuchten Wiese Schmuck,
Bis daß zur schönen Ebene du gelangen magst,
Wo Lakedämon, einst ein fruchtbar weites Feld,
Von ernsten Bergen nah umgeben, angebaut.
Betrete dann das hochgethürmte Fürstenhaus,
Und mustre mir die Mägde, die ich dort zurück
Gelassen, sammt der klugen alten Schaffnerin.
Die zeige dir der Schätze reiche Sammlung vor,
Wie sie dein Vater hinterließ und die ich selbst
In Krieg und Frieden, stets vermehrend, aufgehäuft.
Du findest alles nach der Ordnung stehen: denn
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[181/0193] Komm’ ich ein Opfer für des Fürsten bittern Schmerz Und für der Griechen lang’ erduldetes Mißgeschick? Erobert bin ich, ob gefangen weiß ich nicht! Denn Ruf und Schicksal bestimmten fürwahr die Un- sterblichen Zweydeutig mir, der Schöngestalt bedenkliche Begleiter, die an dieser Schwelle mir sogar Mit düster drohender Gegenwart zur Seite stehn. Denn schon im hohlen Schiffe blickte mich der Gemahl Nur selten an, auch sprach er kein erquicklich Wort. Als wenn er Unheil sänne saß er gegen mir. Nun aber, als des Eurotas tiefem Buchtgestad Hinangefahren, der vordern Schiffe Schnäbel kaum Das Land begrüßten, sprach er, wie vom Gott bewegt: Hier steigen meine Krieger nach der Ordnung aus, Ich mustre sie am Strand des Meeres hingereiht, Du aber ziehe weiter, ziehe des heiligen Eurotas fruchtbegabtem Ufer immer auf, Die Rosse lenkend auf der feuchten Wiese Schmuck, Bis daß zur schönen Ebene du gelangen magst, Wo Lakedämon, einst ein fruchtbar weites Feld, Von ernsten Bergen nah umgeben, angebaut. Betrete dann das hochgethürmte Fürstenhaus, Und mustre mir die Mägde, die ich dort zurück Gelassen, sammt der klugen alten Schaffnerin. Die zeige dir der Schätze reiche Sammlung vor, Wie sie dein Vater hinterließ und die ich selbst In Krieg und Frieden, stets vermehrend, aufgehäuft. Du findest alles nach der Ordnung stehen: denn

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/193>, abgerufen am 30.04.2024.