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Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.

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Iphigenie auf Tauris
Ein freundlich Menschenangesicht begegnet.
O wende nicht von uns was du vermagst!
Du endest leicht was du begonnen hast:
Denn nirgends baut die Milde, die herab
In menschlicher Gestalt vom Himmel kommt,
Ein Reich sich schneller, als wo trüb' und wild
Ein neues Volk, voll Leben, Muth und Kraft,
Sich selbst und banger Ahndung überlassen,
Des Menschenlebens schwere Bürden trägt.
Iphigenie.
Erschütt're meine Seele nicht, die du
Nach deinem Willen nicht bewegen kannst.
Arkas.
So lang' es Zeit ist, schont man weder Mühe
Noch eines guten Wortes Wiederhohlung.
Iphigenie.
Du machst dir Müh' und mir erregst du Schmer-
zen;
Vergebens beydes: darum laß mich nun.
Arkas.
Die Schmerzen sind's, die ich zu Hülfe rufe:
Denn es sind Freunde, Gutes rathen sie.
Iphigenie auf Tauris
Ein freundlich Menſchenangeſicht begegnet.
O wende nicht von uns was du vermagſt!
Du endeſt leicht was du begonnen haſt:
Denn nirgends baut die Milde, die herab
In menſchlicher Geſtalt vom Himmel kommt,
Ein Reich ſich ſchneller, als wo trüb’ und wild
Ein neues Volk, voll Leben, Muth und Kraft,
Sich ſelbſt und banger Ahndung überlaſſen,
Des Menſchenlebens ſchwere Bürden trägt.
Iphigenie.
Erſchütt’re meine Seele nicht, die du
Nach deinem Willen nicht bewegen kannſt.
Arkas.
So lang’ es Zeit iſt, ſchont man weder Mühe
Noch eines guten Wortes Wiederhohlung.
Iphigenie.
Du machſt dir Müh’ und mir erregſt du Schmer-
zen;
Vergebens beydes: darum laß mich nun.
Arkas.
Die Schmerzen ſind’s, die ich zu Hülfe rufe:
Denn es ſind Freunde, Gutes rathen ſie.
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[90/0099] Iphigenie auf Tauris Ein freundlich Menſchenangeſicht begegnet. O wende nicht von uns was du vermagſt! Du endeſt leicht was du begonnen haſt: Denn nirgends baut die Milde, die herab In menſchlicher Geſtalt vom Himmel kommt, Ein Reich ſich ſchneller, als wo trüb’ und wild Ein neues Volk, voll Leben, Muth und Kraft, Sich ſelbſt und banger Ahndung überlaſſen, Des Menſchenlebens ſchwere Bürden trägt. Iphigenie. Erſchütt’re meine Seele nicht, die du Nach deinem Willen nicht bewegen kannſt. Arkas. So lang’ es Zeit iſt, ſchont man weder Mühe Noch eines guten Wortes Wiederhohlung. Iphigenie. Du machſt dir Müh’ und mir erregſt du Schmer- zen; Vergebens beydes: darum laß mich nun. Arkas. Die Schmerzen ſind’s, die ich zu Hülfe rufe: Denn es ſind Freunde, Gutes rathen ſie.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/99>, abgerufen am 29.04.2024.