Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

währen kann. Zwar fand ich ziemlich dieselbe
Gesellschaft, allein es waren einige Unbekann¬
te darunter. Sie setzten sich hin zu spielen;
nur Gretchen und der jüngere Vetter hielten
sich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe
Mädchen äußerte gar anmuthig ihr Behagen,
daß sie, als eine Fremde, am Wahltage für
eine Bürgerinn gegolten habe, und ihr dieses
einzige Schauspiel zu Theil geworden sey.
Sie dankte mir aufs verbindlichste, daß ich
für sie zu sorgen gewußt, und ihr zeither durch
Pylades allerley Einlässe mittels Billette, An¬
weisungen, Freunde und Vorsprache zu ver¬
schaffen die Aufmerksamkeit gehabt.

Von den Reichs-Kleinodien hörte sie gern
erzählen. Ich versprach ihr, daß wir diese wo
möglich zusammen sehen wollten. Sie machte
einige scherzhafte Anmerkungen, als sie erfuhr,
daß man Gewänder und Krone dem jungen Kö¬
nig anprobirt habe. Ich wußte, wo sie den

30 *

waͤhren kann. Zwar fand ich ziemlich dieſelbe
Geſellſchaft, allein es waren einige Unbekann¬
te darunter. Sie ſetzten ſich hin zu ſpielen;
nur Gretchen und der juͤngere Vetter hielten
ſich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe
Maͤdchen aͤußerte gar anmuthig ihr Behagen,
daß ſie, als eine Fremde, am Wahltage fuͤr
eine Buͤrgerinn gegolten habe, und ihr dieſes
einzige Schauſpiel zu Theil geworden ſey.
Sie dankte mir aufs verbindlichſte, daß ich
fuͤr ſie zu ſorgen gewußt, und ihr zeither durch
Pylades allerley Einlaͤſſe mittels Billette, An¬
weiſungen, Freunde und Vorſprache zu ver¬
ſchaffen die Aufmerkſamkeit gehabt.

Von den Reichs-Kleinodien hoͤrte ſie gern
erzaͤhlen. Ich verſprach ihr, daß wir dieſe wo
moͤglich zuſammen ſehen wollten. Sie machte
einige ſcherzhafte Anmerkungen, als ſie erfuhr,
daß man Gewaͤnder und Krone dem jungen Koͤ¬
nig anprobirt habe. Ich wußte, wo ſie den

30 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0483" n="467"/>
wa&#x0364;hren kann. Zwar fand ich ziemlich die&#x017F;elbe<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, allein es waren einige Unbekann¬<lb/>
te darunter. Sie &#x017F;etzten &#x017F;ich hin zu &#x017F;pielen;<lb/>
nur Gretchen und der ju&#x0364;ngere Vetter hielten<lb/>
&#x017F;ich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe<lb/>
Ma&#x0364;dchen a&#x0364;ußerte gar anmuthig ihr Behagen,<lb/>
daß &#x017F;ie, als eine Fremde, am Wahltage fu&#x0364;r<lb/>
eine Bu&#x0364;rgerinn gegolten habe, und ihr die&#x017F;es<lb/>
einzige Schau&#x017F;piel zu Theil geworden &#x017F;ey.<lb/>
Sie dankte mir aufs verbindlich&#x017F;te, daß ich<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ie zu &#x017F;orgen gewußt, und ihr zeither durch<lb/>
Pylades allerley Einla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mittels Billette, An¬<lb/>
wei&#x017F;ungen, Freunde und Vor&#x017F;prache zu ver¬<lb/>
&#x017F;chaffen die Aufmerk&#x017F;amkeit gehabt.</p><lb/>
        <p>Von den Reichs-Kleinodien ho&#x0364;rte &#x017F;ie gern<lb/>
erza&#x0364;hlen. Ich ver&#x017F;prach ihr, daß wir die&#x017F;e wo<lb/>
mo&#x0364;glich zu&#x017F;ammen &#x017F;ehen wollten. Sie machte<lb/>
einige &#x017F;cherzhafte Anmerkungen, als &#x017F;ie erfuhr,<lb/>
daß man Gewa&#x0364;nder und Krone dem jungen Ko&#x0364;¬<lb/>
nig anprobirt habe. Ich wußte, wo &#x017F;ie den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">30 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0483] waͤhren kann. Zwar fand ich ziemlich dieſelbe Geſellſchaft, allein es waren einige Unbekann¬ te darunter. Sie ſetzten ſich hin zu ſpielen; nur Gretchen und der juͤngere Vetter hielten ſich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe Maͤdchen aͤußerte gar anmuthig ihr Behagen, daß ſie, als eine Fremde, am Wahltage fuͤr eine Buͤrgerinn gegolten habe, und ihr dieſes einzige Schauſpiel zu Theil geworden ſey. Sie dankte mir aufs verbindlichſte, daß ich fuͤr ſie zu ſorgen gewußt, und ihr zeither durch Pylades allerley Einlaͤſſe mittels Billette, An¬ weiſungen, Freunde und Vorſprache zu ver¬ ſchaffen die Aufmerkſamkeit gehabt. Von den Reichs-Kleinodien hoͤrte ſie gern erzaͤhlen. Ich verſprach ihr, daß wir dieſe wo moͤglich zuſammen ſehen wollten. Sie machte einige ſcherzhafte Anmerkungen, als ſie erfuhr, daß man Gewaͤnder und Krone dem jungen Koͤ¬ nig anprobirt habe. Ich wußte, wo ſie den 30 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/483
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/483>, abgerufen am 19.05.2024.