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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Elend und meine Schwäche, und ich suchte
mir dadurch zu helfen, daß ich mich schonte,
daß ich mich nicht aussetzte.

Sieben Jahre lang hatte ich meine diä¬
tetische Vorsicht ausgeübt. Ich hielt mich
nicht für schlimm und fand meinen Zustand
wünschenswerth. Ohne sonderbare Umstände
und Verhältnisse wäre ich auf dieser Stufe
stehen geblieben, und ich kam nur auf einem
sonderbaren Wege weiter; gegen den Rath
aller meiner Freunde knüpfte ich ein neues
Verhältniß an. Ihre Einwendungen mach¬
ten mich anfangs stutzig. Sogleich wandte
ich mich an meinen unsichtbaren Führer, und
da dieser es mir vergönnte, ging ich ohne
Bedenken auf meinem Wege fort.

Ein Mann von Geist, Herz und Talen¬
ten hatte sich in der Nachbarschaft angekauft.
Unter den Fremden, die ich kennen lernte, war
auch er und seine Familie. Wir stimmten in

Elend und meine Schwäche, und ich ſuchte
mir dadurch zu helfen, daß ich mich ſchonte,
daß ich mich nicht ausſetzte.

Sieben Jahre lang hatte ich meine diä¬
tetiſche Vorſicht ausgeübt. Ich hielt mich
nicht für ſchlimm und fand meinen Zuſtand
wünſchenswerth. Ohne ſonderbare Umſtände
und Verhältniſſe wäre ich auf dieſer Stufe
ſtehen geblieben, und ich kam nur auf einem
ſonderbaren Wege weiter; gegen den Rath
aller meiner Freunde knüpfte ich ein neues
Verhältniß an. Ihre Einwendungen mach¬
ten mich anfangs ſtutzig. Sogleich wandte
ich mich an meinen unſichtbaren Führer, und
da dieſer es mir vergönnte, ging ich ohne
Bedenken auf meinem Wege fort.

Ein Mann von Geiſt, Herz und Talen¬
ten hatte ſich in der Nachbarſchaft angekauft.
Unter den Fremden, die ich kennen lernte, war
auch er und ſeine Familie. Wir ſtimmten in

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[292/0298] Elend und meine Schwäche, und ich ſuchte mir dadurch zu helfen, daß ich mich ſchonte, daß ich mich nicht ausſetzte. Sieben Jahre lang hatte ich meine diä¬ tetiſche Vorſicht ausgeübt. Ich hielt mich nicht für ſchlimm und fand meinen Zuſtand wünſchenswerth. Ohne ſonderbare Umſtände und Verhältniſſe wäre ich auf dieſer Stufe ſtehen geblieben, und ich kam nur auf einem ſonderbaren Wege weiter; gegen den Rath aller meiner Freunde knüpfte ich ein neues Verhältniß an. Ihre Einwendungen mach¬ ten mich anfangs ſtutzig. Sogleich wandte ich mich an meinen unſichtbaren Führer, und da dieſer es mir vergönnte, ging ich ohne Bedenken auf meinem Wege fort. Ein Mann von Geiſt, Herz und Talen¬ ten hatte ſich in der Nachbarſchaft angekauft. Unter den Fremden, die ich kennen lernte, war auch er und ſeine Familie. Wir ſtimmten in

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/298>, abgerufen am 03.05.2024.