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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Dem Hause das rohe Ansehn zu nehmen,
hatte man es mit grünem Reisig und Blu¬
men, nach Angabe des Hauptmanns, architec¬
tonisch ausgeschmückt, allein ohne dessen Mit¬
wissen hatte Eduard den Architecten veranlaßt,
in dem Gesims das Datum mit Blumen zu
bezeichnen. Das mochte noch hingehen; allein
zeitig genug langte der Hauptmann an, um
zu verhindern, daß nicht auch der Name Ot¬
tiliens im Giebelfelde glänzte. Er wußte
dieses Beginnen auf eine geschickte Weise ab¬
zulehnen und die schon fertigen Blumenbuch¬
staben bey Seite zu bringen.

Der Kranz war aufgesteckt und weit um¬
her in der Gegend sichtbar. Bunt flatterten
die Bänder und Tücher in der Luft und eine
kurze Rede verscholl zum größten Theil im
Winde. Die Feyerlichkeit war zu Ende, der
Tanz auf dem geebneten und mit Lauben um¬
kreiseten Platze vor dem Gebäude sollte nun
angehen. Ein schmucker Zimmergeselle führte

Dem Hauſe das rohe Anſehn zu nehmen,
hatte man es mit gruͤnem Reiſig und Blu¬
men, nach Angabe des Hauptmanns, architec¬
toniſch ausgeſchmuͤckt, allein ohne deſſen Mit¬
wiſſen hatte Eduard den Architecten veranlaßt,
in dem Geſims das Datum mit Blumen zu
bezeichnen. Das mochte noch hingehen; allein
zeitig genug langte der Hauptmann an, um
zu verhindern, daß nicht auch der Name Ot¬
tiliens im Giebelfelde glaͤnzte. Er wußte
dieſes Beginnen auf eine geſchickte Weiſe ab¬
zulehnen und die ſchon fertigen Blumenbuch¬
ſtaben bey Seite zu bringen.

Der Kranz war aufgeſteckt und weit um¬
her in der Gegend ſichtbar. Bunt flatterten
die Baͤnder und Tuͤcher in der Luft und eine
kurze Rede verſcholl zum groͤßten Theil im
Winde. Die Feyerlichkeit war zu Ende, der
Tanz auf dem geebneten und mit Lauben um¬
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[245/0250] Dem Hauſe das rohe Anſehn zu nehmen, hatte man es mit gruͤnem Reiſig und Blu¬ men, nach Angabe des Hauptmanns, architec¬ toniſch ausgeſchmuͤckt, allein ohne deſſen Mit¬ wiſſen hatte Eduard den Architecten veranlaßt, in dem Geſims das Datum mit Blumen zu bezeichnen. Das mochte noch hingehen; allein zeitig genug langte der Hauptmann an, um zu verhindern, daß nicht auch der Name Ot¬ tiliens im Giebelfelde glaͤnzte. Er wußte dieſes Beginnen auf eine geſchickte Weiſe ab¬ zulehnen und die ſchon fertigen Blumenbuch¬ ſtaben bey Seite zu bringen. Der Kranz war aufgeſteckt und weit um¬ her in der Gegend ſichtbar. Bunt flatterten die Baͤnder und Tuͤcher in der Luft und eine kurze Rede verſcholl zum groͤßten Theil im Winde. Die Feyerlichkeit war zu Ende, der Tanz auf dem geebneten und mit Lauben um¬ kreiſeten Platze vor dem Gebaͤude ſollte nun angehen. Ein ſchmucker Zimmergeſelle fuͤhrte

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/250>, abgerufen am 27.04.2024.