bracht worden. Man fuhr aufs Ungewisse fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu finden. Als daher der Landmann mit Rufen und Winken die Schiffenden aufmerksam machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬ hafter Landungsplatz sich zeigte, und mit Win¬ ken und Rufen nicht aufhörte, wandte sich das Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬ spiel ward es, da sie landeten! Die Aeltern der beyden Verlobten drängten sich zuerst ans Ufer; den liebenden Bräutigam hatte fast die Besinnung verlassen. Kaum hatten sie ver¬ nommen, daß die lieben Kinder gerettet seyen, so traten diese in ihrer sonderbaren Verklei¬ dung aus dem Busch hervor. Man erkannte sie nicht eher, als bis sie ganz herangetreten waren. Wen seh' ich? riefen die Mütter: was seh' ich? riefen die Väter. Die Geret¬ teten warfen sich vor ihnen nieder. Eure Kinder! riefen sie aus: ein Paar. Verzeiht! rief das Mädchen. Gebt uns Euren Segen!
bracht worden. Man fuhr aufs Ungewiſſe fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu finden. Als daher der Landmann mit Rufen und Winken die Schiffenden aufmerkſam machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬ hafter Landungsplatz ſich zeigte, und mit Win¬ ken und Rufen nicht aufhoͤrte, wandte ſich das Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬ ſpiel ward es, da ſie landeten! Die Aeltern der beyden Verlobten draͤngten ſich zuerſt ans Ufer; den liebenden Braͤutigam hatte faſt die Beſinnung verlaſſen. Kaum hatten ſie ver¬ nommen, daß die lieben Kinder gerettet ſeyen, ſo traten dieſe in ihrer ſonderbaren Verklei¬ dung aus dem Buſch hervor. Man erkannte ſie nicht eher, als bis ſie ganz herangetreten waren. Wen ſeh' ich? riefen die Muͤtter: was ſeh' ich? riefen die Vaͤter. Die Geret¬ teten warfen ſich vor ihnen nieder. Eure Kinder! riefen ſie aus: ein Paar. Verzeiht! rief das Maͤdchen. Gebt uns Euren Segen!
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bracht worden. Man fuhr aufs Ungewiſſe
fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu
finden. Als daher der Landmann mit Rufen
und Winken die Schiffenden aufmerkſam
machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬
hafter Landungsplatz ſich zeigte, und mit Win¬
ken und Rufen nicht aufhoͤrte, wandte ſich das
Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬
ſpiel ward es, da ſie landeten! Die Aeltern
der beyden Verlobten draͤngten ſich zuerſt ans
Ufer; den liebenden Braͤutigam hatte faſt die
Beſinnung verlaſſen. Kaum hatten ſie ver¬
nommen, daß die lieben Kinder gerettet ſeyen,
ſo traten dieſe in ihrer ſonderbaren Verklei¬
dung aus dem Buſch hervor. Man erkannte
ſie nicht eher, als bis ſie ganz herangetreten
waren. Wen ſeh' ich? riefen die Muͤtter:
was ſeh' ich? riefen die Vaͤter. Die Geret¬
teten warfen ſich vor ihnen nieder. Eure
Kinder! riefen ſie aus: ein Paar. Verzeiht!
rief das Maͤdchen. Gebt uns Euren Segen!
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/218>, abgerufen am 28.04.2024.
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