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Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

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Die Erbschleicher.
stimmt die Saiten der Monade bey der leisesten
Berührung zu exstatischem Einklange.
Justine. O, Herr Professor, steigen Sie
wieder von Ihrer Lichtsphäre zum niedrigen Dunst-
kreis meiner Einfalt herunter, oder ich verstehe
Sie kein Wort.
Weinhold. Sie sollen -- Sie werden mich
verstehen lernen, reizende Psyche. Ich lese in
Ihren Augen die prästabilirte Harmonie unsrer
Geister, ich lese darin Ihre Empfänglichkeit für
die Mysterien, in die ich Sie einweihen will.
O, weibliche Schülerinnen sind mir immer die
willkommensten. Erst diese Nacht habe ich eine
Proselytinn gemacht.
Justine (vor sich.) Hat der Mensch getrun-
ken, oder --?
Weinhold. Denken Sie sich die Göttinn
der Jugend in Gestalt einer Wittwe, die sich die
Kriegsräthinn Windstill nennt, und mit der mich
mein gutes Gestirn auf der vorletzten Station zu-
sammen brachte! Denken Sie sich die brennende
Atmosphäre einer beweglichen Hütte sonst Di-
ligence
genannt) in der zwey gleichgeschaffne
Wesen den Aushauch ihrer Empfindungen wonnig-
lich einathmen! das Zauberlicht des sympatheti-
Die Erbſchleicher.
ſtimmt die Saiten der Monade bey der leiſeſten
Beruͤhrung zu exſtatiſchem Einklange.
Juſtine. O, Herr Profeſſor, ſteigen Sie
wieder von Ihrer Lichtſphaͤre zum niedrigen Dunſt-
kreis meiner Einfalt herunter, oder ich verſtehe
Sie kein Wort.
Weinhold. Sie ſollen — Sie werden mich
verſtehen lernen, reizende Pſyche. Ich leſe in
Ihren Augen die praͤſtabilirte Harmonie unſrer
Geiſter, ich leſe darin Ihre Empfaͤnglichkeit fuͤr
die Myſterien, in die ich Sie einweihen will.
O, weibliche Schuͤlerinnen ſind mir immer die
willkommenſten. Erſt dieſe Nacht habe ich eine
Proſelytinn gemacht.
Juſtine (vor ſich.) Hat der Menſch getrun-
ken, oder —?
Weinhold. Denken Sie ſich die Goͤttinn
der Jugend in Geſtalt einer Wittwe, die ſich die
Kriegsraͤthinn Windſtill nennt, und mit der mich
mein gutes Geſtirn auf der vorletzten Station zu-
ſammen brachte! Denken Sie ſich die brennende
Atmoſphaͤre einer beweglichen Huͤtte ſonſt Di-
ligence
genannt) in der zwey gleichgeſchaffne
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lich einathmen! das Zauberlicht des ſympatheti-
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[106/0112] Die Erbſchleicher. ſtimmt die Saiten der Monade bey der leiſeſten Beruͤhrung zu exſtatiſchem Einklange. Juſtine. O, Herr Profeſſor, ſteigen Sie wieder von Ihrer Lichtſphaͤre zum niedrigen Dunſt- kreis meiner Einfalt herunter, oder ich verſtehe Sie kein Wort. Weinhold. Sie ſollen — Sie werden mich verſtehen lernen, reizende Pſyche. Ich leſe in Ihren Augen die praͤſtabilirte Harmonie unſrer Geiſter, ich leſe darin Ihre Empfaͤnglichkeit fuͤr die Myſterien, in die ich Sie einweihen will. O, weibliche Schuͤlerinnen ſind mir immer die willkommenſten. Erſt dieſe Nacht habe ich eine Proſelytinn gemacht. Juſtine (vor ſich.) Hat der Menſch getrun- ken, oder —? Weinhold. Denken Sie ſich die Goͤttinn der Jugend in Geſtalt einer Wittwe, die ſich die Kriegsraͤthinn Windſtill nennt, und mit der mich mein gutes Geſtirn auf der vorletzten Station zu- ſammen brachte! Denken Sie ſich die brennende Atmoſphaͤre einer beweglichen Huͤtte ſonſt Di- ligence genannt) in der zwey gleichgeſchaffne Weſen den Aushauch ihrer Empfindungen wonnig- lich einathmen! das Zauberlicht des ſympatheti-

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Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/112>, abgerufen am 29.04.2024.