Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gräßlich schrie sein Hengst auf, wandte sich in wüthendem Jagen zur Flucht. Da schien es Kurt, er schrumpfe mit seinem Rosse zu Einem Thiere zusammen, es war ihm, als sei er das Wild geworden, hinter ihm her rase die wilde, die wüthende Jagd; war er zum Schwein, war er zum Hirsch geworden, er wußte es nicht, aber jedes Haar auf seinem Felle sträubte sich, jedes Haar ward zum Auge, und jedes der tausend und tausend Augen schickte Todesangst und Höllenpein ins Herz hinein; jedes Auge sah andere Gräuel, eigene Schrecknisse, jedes füllte das Herz mit unsäglicher Angst, trieb zu schnellerem Laufe. Hinter sich her sah Kurt die schrecklichen Jäger, sah ihre Augen voll hundertjähriger Glut, Flammen aus hundertjährigen Bärten, sah sie Speere schwingen, Bogen spannen, sah hinter ihnen drein, schwarz wie die Nacht, den Herrn der Jagd. Nacht war sein Roß, sein Gesicht ein glühender Ofen, war einer schwarzen Wolke zerrissener Schooß, der Strahlengarben sprüht auf die bebende Erde. Kurt an den Fersen saßen die Hunde mit Höllengeheul und Menschengesichtern zahllos, gräßlich, und mit seinen zahllosen Augen sah er jeden Hund, jeden Zug in allen Gesichtern, und er kannte sie alle. An seinen Fersen zunächst hing sein Vater, ein schrecklicher Wolfshund mit blutigem Maule, mit diesem um die Wette schnappte nach ihm eine wüthende Dogge; der Kopf eines Krokodils saß auf ihrem Rumpfe, aber er wußte, es war sein Großvater, nebenbei jagten schäumend gräßlich schrie sein Hengst auf, wandte sich in wüthendem Jagen zur Flucht. Da schien es Kurt, er schrumpfe mit seinem Rosse zu Einem Thiere zusammen, es war ihm, als sei er das Wild geworden, hinter ihm her rase die wilde, die wüthende Jagd; war er zum Schwein, war er zum Hirsch geworden, er wußte es nicht, aber jedes Haar auf seinem Felle sträubte sich, jedes Haar ward zum Auge, und jedes der tausend und tausend Augen schickte Todesangst und Höllenpein ins Herz hinein; jedes Auge sah andere Gräuel, eigene Schrecknisse, jedes füllte das Herz mit unsäglicher Angst, trieb zu schnellerem Laufe. Hinter sich her sah Kurt die schrecklichen Jäger, sah ihre Augen voll hundertjähriger Glut, Flammen aus hundertjährigen Bärten, sah sie Speere schwingen, Bogen spannen, sah hinter ihnen drein, schwarz wie die Nacht, den Herrn der Jagd. Nacht war sein Roß, sein Gesicht ein glühender Ofen, war einer schwarzen Wolke zerrissener Schooß, der Strahlengarben sprüht auf die bebende Erde. Kurt an den Fersen saßen die Hunde mit Höllengeheul und Menschengesichtern zahllos, gräßlich, und mit seinen zahllosen Augen sah er jeden Hund, jeden Zug in allen Gesichtern, und er kannte sie alle. An seinen Fersen zunächst hing sein Vater, ein schrecklicher Wolfshund mit blutigem Maule, mit diesem um die Wette schnappte nach ihm eine wüthende Dogge; der Kopf eines Krokodils saß auf ihrem Rumpfe, aber er wußte, es war sein Großvater, nebenbei jagten schäumend <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0171"/> gräßlich schrie sein Hengst auf, wandte sich in wüthendem Jagen zur Flucht. Da schien es Kurt, er schrumpfe mit seinem Rosse zu Einem Thiere zusammen, es war ihm, als sei er das Wild geworden, hinter ihm her rase die wilde, die wüthende Jagd; war er zum Schwein, war er zum Hirsch geworden, er wußte es nicht, aber jedes Haar auf seinem Felle sträubte sich, jedes Haar ward zum Auge, und jedes der tausend und tausend Augen schickte Todesangst und Höllenpein ins Herz hinein; jedes Auge sah andere Gräuel, eigene Schrecknisse, jedes füllte das Herz mit unsäglicher Angst, trieb zu schnellerem Laufe. Hinter sich her sah Kurt die schrecklichen Jäger, sah ihre Augen voll hundertjähriger Glut, Flammen aus hundertjährigen Bärten, sah sie Speere schwingen, Bogen spannen, sah hinter ihnen drein, schwarz wie die Nacht, den Herrn der Jagd. Nacht war sein Roß, sein Gesicht ein glühender Ofen, war einer schwarzen Wolke zerrissener Schooß, der Strahlengarben sprüht auf die bebende Erde. Kurt an den Fersen saßen die Hunde mit Höllengeheul und Menschengesichtern zahllos, gräßlich, und mit seinen zahllosen Augen sah er jeden Hund, jeden Zug in allen Gesichtern, und er kannte sie alle. An seinen Fersen zunächst hing sein Vater, ein schrecklicher Wolfshund mit blutigem Maule, mit diesem um die Wette schnappte nach ihm eine wüthende Dogge; der Kopf eines Krokodils saß auf ihrem Rumpfe, aber er wußte, es war sein Großvater, nebenbei jagten schäumend<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0171]
gräßlich schrie sein Hengst auf, wandte sich in wüthendem Jagen zur Flucht. Da schien es Kurt, er schrumpfe mit seinem Rosse zu Einem Thiere zusammen, es war ihm, als sei er das Wild geworden, hinter ihm her rase die wilde, die wüthende Jagd; war er zum Schwein, war er zum Hirsch geworden, er wußte es nicht, aber jedes Haar auf seinem Felle sträubte sich, jedes Haar ward zum Auge, und jedes der tausend und tausend Augen schickte Todesangst und Höllenpein ins Herz hinein; jedes Auge sah andere Gräuel, eigene Schrecknisse, jedes füllte das Herz mit unsäglicher Angst, trieb zu schnellerem Laufe. Hinter sich her sah Kurt die schrecklichen Jäger, sah ihre Augen voll hundertjähriger Glut, Flammen aus hundertjährigen Bärten, sah sie Speere schwingen, Bogen spannen, sah hinter ihnen drein, schwarz wie die Nacht, den Herrn der Jagd. Nacht war sein Roß, sein Gesicht ein glühender Ofen, war einer schwarzen Wolke zerrissener Schooß, der Strahlengarben sprüht auf die bebende Erde. Kurt an den Fersen saßen die Hunde mit Höllengeheul und Menschengesichtern zahllos, gräßlich, und mit seinen zahllosen Augen sah er jeden Hund, jeden Zug in allen Gesichtern, und er kannte sie alle. An seinen Fersen zunächst hing sein Vater, ein schrecklicher Wolfshund mit blutigem Maule, mit diesem um die Wette schnappte nach ihm eine wüthende Dogge; der Kopf eines Krokodils saß auf ihrem Rumpfe, aber er wußte, es war sein Großvater, nebenbei jagten schäumend
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |