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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihm, wenn er daheim war; sie flohen ihn vielmehr, er war ihnen mehr der Böllimann*), mit dem ihnen gedroht war, wenn sie nicht gehorchten, als der Vater. "Schweig, oder er nimmt dich! Gehorche, oder der Vater muß es wissen, wenn er heimkommt!" so hieß es. Jetzt waren die Kinder seine Kurzweil, die Bücher, mit welchen er sich die Zeit vertrieb und jeden Augenblick etwas Neues lernte. Erst jetzt wurden ihm die Kinder lieb, da sah er, was an ihnen war, und jetzt hingen die Kinder am Vater, er war ihnen kein Böllimann mehr, sondern in ihrem einsamen Winterleben war er ihr Mittelpunkt, recht eigentlich ihr Glück, dessen sie sich alle Tage von ganzem Herzen freuten.

Da Kurt's Krankheit nicht rasch vorüberrauschte, langsam nur die Kräfte kamen, die Schwäche langsam wich, sein Leben außerhalb abgebrochen, Nichts ihn draußen zog, daheim es ihm so wohl war, so ward das Daheimsein ihm lieb, er schlug Wurzel im Hause, in das Leben des Hauses ward er aufgenommen, wurde ein Theil desselben, so daß des Hauses Leben auch sein Leben war. So lange Winter und Schwäche Kurt ins Haus bannten, nahm er sich der Kinder an, lehrte sie Netze stricken, Schlingen flechten, Fallen machen, unterrichtete in den kleinen Kniffen in Feld und Wald, in Sumpf und Bach, in Allem, was Jürg ihn gelehrt,

ihm, wenn er daheim war; sie flohen ihn vielmehr, er war ihnen mehr der Böllimann*), mit dem ihnen gedroht war, wenn sie nicht gehorchten, als der Vater. „Schweig, oder er nimmt dich! Gehorche, oder der Vater muß es wissen, wenn er heimkommt!“ so hieß es. Jetzt waren die Kinder seine Kurzweil, die Bücher, mit welchen er sich die Zeit vertrieb und jeden Augenblick etwas Neues lernte. Erst jetzt wurden ihm die Kinder lieb, da sah er, was an ihnen war, und jetzt hingen die Kinder am Vater, er war ihnen kein Böllimann mehr, sondern in ihrem einsamen Winterleben war er ihr Mittelpunkt, recht eigentlich ihr Glück, dessen sie sich alle Tage von ganzem Herzen freuten.

Da Kurt's Krankheit nicht rasch vorüberrauschte, langsam nur die Kräfte kamen, die Schwäche langsam wich, sein Leben außerhalb abgebrochen, Nichts ihn draußen zog, daheim es ihm so wohl war, so ward das Daheimsein ihm lieb, er schlug Wurzel im Hause, in das Leben des Hauses ward er aufgenommen, wurde ein Theil desselben, so daß des Hauses Leben auch sein Leben war. So lange Winter und Schwäche Kurt ins Haus bannten, nahm er sich der Kinder an, lehrte sie Netze stricken, Schlingen flechten, Fallen machen, unterrichtete in den kleinen Kniffen in Feld und Wald, in Sumpf und Bach, in Allem, was Jürg ihn gelehrt,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/184>, abgerufen am 28.04.2024.