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Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

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Es war nämlich im Jahre nach Christi Geburt 968, als Hatto II., der Ostfranken Herzog, mit dem Beinamen Bonosus, Abt zu Fulda, ein Mann von großer Klugheit und überhaupt glänzenden Geistesgaben, zum Erzbischof von Mainz erwählt ward. Er war aber ein hartherziger Mann, und dem Geize sehr ergeben, häufte daher Schätze auf Schätze, und verwahrte sie sorgfältig.

Während seiner Regierung geschah es nun, daß zu Mainz und in der umliegenden Gegend eine so große Hungersnoth eintrat, daß die Armen, aus Mangel an Lebensmitteln ihr Leben nicht mehr zu fristen vermögend, dahin starben. Ein großer Haufe drang vor Hatto's Schloß, und bestürmte ihn mit flehentlichen Bitten um Linderung ihrer Noth.

Der hartherzige Mann verweigerte es ihnen, und schalt sie, daß sie müßiges schlechtes Volk wären, und nicht arbeiten wollten. Die

Es war nämlich im Jahre nach Christi Geburt 968, als Hatto II., der Ostfranken Herzog, mit dem Beinamen Bonosus, Abt zu Fulda, ein Mann von großer Klugheit und überhaupt glänzenden Geistesgaben, zum Erzbischof von Mainz erwählt ward. Er war aber ein hartherziger Mann, und dem Geize sehr ergeben, häufte daher Schätze auf Schätze, und verwahrte sie sorgfältig.

Während seiner Regierung geschah es nun, daß zu Mainz und in der umliegenden Gegend eine so große Hungersnoth eintrat, daß die Armen, aus Mangel an Lebensmitteln ihr Leben nicht mehr zu fristen vermögend, dahin starben. Ein großer Haufe drang vor Hatto’s Schloß, und bestürmte ihn mit flehentlichen Bitten um Linderung ihrer Noth.

Der hartherzige Mann verweigerte es ihnen, und schalt sie, daß sie müßiges schlechtes Volk wären, und nicht arbeiten wollten. Die

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[241/0280] Es war nämlich im Jahre nach Christi Geburt 968, als Hatto II., der Ostfranken Herzog, mit dem Beinamen Bonosus, Abt zu Fulda, ein Mann von großer Klugheit und überhaupt glänzenden Geistesgaben, zum Erzbischof von Mainz erwählt ward. Er war aber ein hartherziger Mann, und dem Geize sehr ergeben, häufte daher Schätze auf Schätze, und verwahrte sie sorgfältig. Während seiner Regierung geschah es nun, daß zu Mainz und in der umliegenden Gegend eine so große Hungersnoth eintrat, daß die Armen, aus Mangel an Lebensmitteln ihr Leben nicht mehr zu fristen vermögend, dahin starben. Ein großer Haufe drang vor Hatto’s Schloß, und bestürmte ihn mit flehentlichen Bitten um Linderung ihrer Noth. Der hartherzige Mann verweigerte es ihnen, und schalt sie, daß sie müßiges schlechtes Volk wären, und nicht arbeiten wollten. Die

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Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/280>, abgerufen am 27.04.2024.