Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Pietisterey
sie mir das Geheimniß! Unterwirfft sie sich dem
Willen ihrer Mama? Will sie mir in der That
abtrünnig werden?
Jungfer Dorchen.
Sie habens gehört! Was wollen sie mehr?
Herr Liebmann.
Die Ungetreue! Um so eines Nichtswürdigen
halben mich zu verlassen! O Himmel! was werde
ich machen?
Jungfer Dorchen.
Jch wollte sie sehr beklagen; wenn nicht noch
ein Mittel wäre, wie sie sich rächen könnten.
Herr Liebmann, (in Gedancken.)
Wenn der, den sie mir vorziehet, nur noch ih-
rer Liebe werth wäre.
Jungfer Dorchen.
Das ist wahr, ich könnte so undanckbar nicht
seyn.
Herr Liebmann.
Mit mir so umzugehen?
Jungfer Dorchen.
Glauben sie mir! rächen sie sich, und wählen
sie eine würdigere Person. Das wird die beste
Bestrafung seyn.

Herr
Die Pietiſterey
ſie mir das Geheimniß! Unterwirfft ſie ſich dem
Willen ihrer Mama? Will ſie mir in der That
abtruͤnnig werden?
Jungfer Dorchen.
Sie habens gehoͤrt! Was wollen ſie mehr?
Herr Liebmann.
Die Ungetreue! Um ſo eines Nichtswuͤrdigen
halben mich zu verlaſſen! O Himmel! was werde
ich machen?
Jungfer Dorchen.
Jch wollte ſie ſehr beklagen; wenn nicht noch
ein Mittel waͤre, wie ſie ſich raͤchen koͤnnten.
Herr Liebmann, (in Gedancken.)
Wenn der, den ſie mir vorziehet, nur noch ih-
rer Liebe werth waͤre.
Jungfer Dorchen.
Das iſt wahr, ich koͤnnte ſo undanckbar nicht
ſeyn.
Herr Liebmann.
Mit mir ſo umzugehen?
Jungfer Dorchen.
Glauben ſie mir! raͤchen ſie ſich, und waͤhlen
ſie eine wuͤrdigere Perſon. Das wird die beſte
Beſtrafung ſeyn.

Herr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#LIEB">
              <p><pb facs="#f0102" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Pieti&#x017F;terey</hi></fw><lb/>
&#x017F;ie mir das Geheimniß! Unterwirfft &#x017F;ie &#x017F;ich dem<lb/>
Willen ihrer Mama? Will &#x017F;ie mir in der That<lb/>
abtru&#x0364;nnig werden?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DOR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Dorchen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Sie habens geho&#x0364;rt! Was wollen &#x017F;ie mehr?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LIEB">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Liebmann.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Die Ungetreue! Um &#x017F;o eines Nichtswu&#x0364;rdigen<lb/>
halben mich zu verla&#x017F;&#x017F;en! O Himmel! was werde<lb/>
ich machen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DOR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Dorchen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Jch wollte &#x017F;ie &#x017F;ehr beklagen; wenn nicht noch<lb/>
ein Mittel wa&#x0364;re, wie &#x017F;ie &#x017F;ich ra&#x0364;chen ko&#x0364;nnten.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LIEB">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Liebmann,</hi> </speaker>
              <stage>(in Gedancken.)</stage><lb/>
              <p>Wenn der, den &#x017F;ie mir vorziehet, nur noch ih-<lb/>
rer Liebe werth wa&#x0364;re.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DOR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Dorchen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Das i&#x017F;t wahr, ich ko&#x0364;nnte &#x017F;o undanckbar nicht<lb/>
&#x017F;eyn.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LIEB">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Liebmann.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Mit mir &#x017F;o umzugehen?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DOR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Dorchen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Glauben &#x017F;ie mir! ra&#x0364;chen &#x017F;ie &#x017F;ich, und wa&#x0364;hlen<lb/>
&#x017F;ie eine wu&#x0364;rdigere Per&#x017F;on. Das wird die be&#x017F;te<lb/>
Be&#x017F;trafung &#x017F;eyn.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Herr</hi> </fw>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0102] Die Pietiſterey ſie mir das Geheimniß! Unterwirfft ſie ſich dem Willen ihrer Mama? Will ſie mir in der That abtruͤnnig werden? Jungfer Dorchen. Sie habens gehoͤrt! Was wollen ſie mehr? Herr Liebmann. Die Ungetreue! Um ſo eines Nichtswuͤrdigen halben mich zu verlaſſen! O Himmel! was werde ich machen? Jungfer Dorchen. Jch wollte ſie ſehr beklagen; wenn nicht noch ein Mittel waͤre, wie ſie ſich raͤchen koͤnnten. Herr Liebmann, (in Gedancken.) Wenn der, den ſie mir vorziehet, nur noch ih- rer Liebe werth waͤre. Jungfer Dorchen. Das iſt wahr, ich koͤnnte ſo undanckbar nicht ſeyn. Herr Liebmann. Mit mir ſo umzugehen? Jungfer Dorchen. Glauben ſie mir! raͤchen ſie ſich, und waͤhlen ſie eine wuͤrdigere Perſon. Das wird die beſte Beſtrafung ſeyn. Herr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/102
Zitationshilfe: Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/102>, abgerufen am 29.04.2024.