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Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.

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Die Pietisterey
len! Mit einem Worte: Jch stehe vor meine
Muhme.
Herr Liebmann.
Wie? So will sie zu ihnen kommen?
Herr Wackermann.
Ja! Wofern ich kein Mittel sehe, der närrischen
Heyrath zu steuren; so habe ichs mit ihr abgeredt,
daß ich sie insgeheim abhohlen will. Und sie hat
darein gewilliget. Und mich dünckt, wenn die
Sache so weit ist, so dürffen sie mit ihrer Hochzeit
nicht zaudern, denn ich habe einen Brief von mei-
nem Bruder bekommen, darinnen schreibt er mir,
er werde mit ehestem hier seyn.
Herr Liebmann.
Ach! ich werde wieder lebendig. Jst es möglich,
daß ich mich ohne Ursache gefürchtet habe? Ach!
wo meine Luise mir treu ist, so werde ich es mir
niemahls verzeihen können, daß ich sie so beleidiget
habe.
Herr Wackermann.
Kommen sie mit mir hin; da können sie sie
selbst fragen, und sie um Verzeihung bitten.


Vierte
Die Pietiſterey
len! Mit einem Worte: Jch ſtehe vor meine
Muhme.
Herr Liebmann.
Wie? So will ſie zu ihnen kommen?
Herr Wackermann.
Ja! Wofern ich kein Mittel ſehe, der naͤrriſchen
Heyrath zu ſteuren; ſo habe ichs mit ihr abgeredt,
daß ich ſie insgeheim abhohlen will. Und ſie hat
darein gewilliget. Und mich duͤnckt, wenn die
Sache ſo weit iſt, ſo duͤrffen ſie mit ihrer Hochzeit
nicht zaudern, denn ich habe einen Brief von mei-
nem Bruder bekommen, darinnen ſchreibt er mir,
er werde mit eheſtem hier ſeyn.
Herr Liebmann.
Ach! ich werde wieder lebendig. Jſt es moͤglich,
daß ich mich ohne Urſache gefuͤrchtet habe? Ach!
wo meine Luiſe mir treu iſt, ſo werde ich es mir
niemahls verzeihen koͤnnen, daß ich ſie ſo beleidiget
habe.
Herr Wackermann.
Kommen ſie mit mir hin; da koͤnnen ſie ſie
ſelbſt fragen, und ſie um Verzeihung bitten.


Vierte
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[88/0108] Die Pietiſterey len! Mit einem Worte: Jch ſtehe vor meine Muhme. Herr Liebmann. Wie? So will ſie zu ihnen kommen? Herr Wackermann. Ja! Wofern ich kein Mittel ſehe, der naͤrriſchen Heyrath zu ſteuren; ſo habe ichs mit ihr abgeredt, daß ich ſie insgeheim abhohlen will. Und ſie hat darein gewilliget. Und mich duͤnckt, wenn die Sache ſo weit iſt, ſo duͤrffen ſie mit ihrer Hochzeit nicht zaudern, denn ich habe einen Brief von mei- nem Bruder bekommen, darinnen ſchreibt er mir, er werde mit eheſtem hier ſeyn. Herr Liebmann. Ach! ich werde wieder lebendig. Jſt es moͤglich, daß ich mich ohne Urſache gefuͤrchtet habe? Ach! wo meine Luiſe mir treu iſt, ſo werde ich es mir niemahls verzeihen koͤnnen, daß ich ſie ſo beleidiget habe. Herr Wackermann. Kommen ſie mit mir hin; da koͤnnen ſie ſie ſelbſt fragen, und ſie um Verzeihung bitten. Vierte

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Zitationshilfe: Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/108>, abgerufen am 29.04.2024.