Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Herr von Villeneuve. Mein Herr Marquis, das kommt alles davon her, daß die hochselige Maria Antoinette zu her- ablassend mit der Canaille umging und den König zum selben Benehmen verleitete. Nie etwas Gu- tes aus Oesterreich für Frankreich! Marquis von Hauterive. Ach, die gute alte Zeit -- die damaligen ele- ganten, zierlichen Salons -- Nun überschwemmt von dem gemeinen Vieh! Herr von Villeneuve. Es muß anders, anders, und es soll anders werden, Marquis, bei meinem Wappen. Schur- ken haben uns alle unsere alten Rechte und Güter geraubt, -- jedes Gericht muß uns unser Eigen- thum wieder zuerkennen, denn wir haben ihm nie entsagt -- -- Denken Sie, mein Herr, mein so hübscher Landsitz, la Merveille bei Tours, an dem die Loire so lieblich sich hinschlängelt, in dessen Taxusgängen wir beide so oft mit den Damen der Nachbarschaft uns im freundlichen Herbste von 1783 bis zum schwindenden Abendroth ergötzten, in dem ich schon als Kind stets die erste Blume des Frühlings für Adelaide, Vicomtesse von Clary brach, meiner todten aber nimmer vergessenen Ge- Herr von Villeneuve. Mein Herr Marquis, das kommt alles davon her, daß die hochſelige Maria Antoinette zu her- ablaſſend mit der Canaille umging und den König zum ſelben Benehmen verleitete. Nie etwas Gu- tes aus Oeſterreich für Frankreich! Marquis von Hauterive. Ach, die gute alte Zeit — die damaligen ele- ganten, zierlichen Salons — Nun überſchwemmt von dem gemeinen Vieh! Herr von Villeneuve. Es muß anders, anders, und es ſoll anders werden, Marquis, bei meinem Wappen. Schur- ken haben uns alle unſere alten Rechte und Güter geraubt, — jedes Gericht muß uns unſer Eigen- thum wieder zuerkennen, denn wir haben ihm nie entſagt — — Denken Sie, mein Herr, mein ſo hübſcher Landſitz, la Merveille bei Tours, an dem die Loire ſo lieblich ſich hinſchlängelt, in deſſen Taxusgaͤngen wir beide ſo oft mit den Damen der Nachbarſchaft uns im freundlichen Herbſte von 1783 bis zum ſchwindenden Abendroth ergötzten, in dem ich ſchon als Kind ſtets die erſte Blume des Frühlings für Adelaide, Vicomteſſe von Clary brach, meiner todten aber nimmer vergeſſenen Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0029" n="21"/> <sp who="#VILL"> <speaker> <hi rendition="#g">Herr von Villeneuve.</hi> </speaker><lb/> <p>Mein Herr Marquis, das kommt alles davon<lb/> her, daß die hochſelige Maria Antoinette zu her-<lb/> ablaſſend mit der Canaille umging und den König<lb/> zum ſelben Benehmen verleitete. Nie etwas Gu-<lb/> tes aus Oeſterreich für Frankreich!</p> </sp><lb/> <sp who="#MARQ"> <speaker> <hi rendition="#g">Marquis von Hauterive.</hi> </speaker><lb/> <p>Ach, die gute alte Zeit — die damaligen ele-<lb/> ganten, zierlichen Salons — Nun überſchwemmt<lb/> von dem gemeinen Vieh!</p> </sp><lb/> <sp who="#VILL"> <speaker> <hi rendition="#g">Herr von Villeneuve.</hi> </speaker><lb/> <p>Es muß anders, anders, und es ſoll anders<lb/> werden, Marquis, bei meinem Wappen. Schur-<lb/> ken haben uns alle unſere alten Rechte und Güter<lb/> geraubt, — jedes Gericht muß uns unſer Eigen-<lb/> thum wieder zuerkennen, denn wir haben ihm nie<lb/> entſagt — — Denken Sie, mein Herr, mein ſo<lb/> hübſcher Landſitz, <hi rendition="#aq">la Merveille</hi> bei Tours, an dem<lb/> die Loire ſo lieblich ſich hinſchlängelt, in deſſen<lb/> Taxusgaͤngen wir beide ſo oft mit den Damen<lb/> der Nachbarſchaft uns im freundlichen Herbſte von<lb/> 1783 bis zum ſchwindenden Abendroth ergötzten,<lb/> in dem ich ſchon als Kind ſtets die erſte Blume<lb/> des Frühlings für Adelaide, Vicomteſſe von Clary<lb/> brach, meiner todten aber nimmer vergeſſenen Ge-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0029]
Herr von Villeneuve.
Mein Herr Marquis, das kommt alles davon
her, daß die hochſelige Maria Antoinette zu her-
ablaſſend mit der Canaille umging und den König
zum ſelben Benehmen verleitete. Nie etwas Gu-
tes aus Oeſterreich für Frankreich!
Marquis von Hauterive.
Ach, die gute alte Zeit — die damaligen ele-
ganten, zierlichen Salons — Nun überſchwemmt
von dem gemeinen Vieh!
Herr von Villeneuve.
Es muß anders, anders, und es ſoll anders
werden, Marquis, bei meinem Wappen. Schur-
ken haben uns alle unſere alten Rechte und Güter
geraubt, — jedes Gericht muß uns unſer Eigen-
thum wieder zuerkennen, denn wir haben ihm nie
entſagt — — Denken Sie, mein Herr, mein ſo
hübſcher Landſitz, la Merveille bei Tours, an dem
die Loire ſo lieblich ſich hinſchlängelt, in deſſen
Taxusgaͤngen wir beide ſo oft mit den Damen
der Nachbarſchaft uns im freundlichen Herbſte von
1783 bis zum ſchwindenden Abendroth ergötzten,
in dem ich ſchon als Kind ſtets die erſte Blume
des Frühlings für Adelaide, Vicomteſſe von Clary
brach, meiner todten aber nimmer vergeſſenen Ge-
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Zitationshilfe: | Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/29>, abgerufen am 27.07.2024. |