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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Jene Leute, die man, ohne irgend ein Abzeichen, bei Unruhen unter das
Volk schickt, wenden sich, ohne Unterschied, gegen die Neugierigen und die
Meuterer, und treffen jene so gut wie diese, mit einer unerträglichen Rohheit.

Es ist das ein Zustand wahrer Wildheit: -- alle Agenten der Staats¬
gewalt müssen an bestimmten Abzeichen erkennbar sein; -- mit der größten
Strenge muß man jeden Bürger bestrafen, der ihnen den geringsten Wider¬
stand entgegensetzt; aber jeder Bürger hat auch das Recht, denjenigen, wie
einen Hund, todt zu schlagen, der, ohne sich auf unwidersprechliche Weise als
Agent der Regierung kund zu geben, die Hand an ihn legt, um ihn zu schla¬
gen oder festzunehmen.



Leute, denen es an Zartgefühl, an Einbildungskraft oder an heiterer
Laune gebricht, -- suchen denn, die Polizeiagenten ums Leben zu bringen.

Solche, die von heiterem Temperament sind, begnügen sich damit, ihnen
mehr oder minder ärgerliche Streiche zu spielen. --

Vornehmlich in Paris ist die Polizei immer im Unrecht; keine Stel¬
lung in der Polizei ist so hoch, daß sie dem Manne, der sie bekleidet, Schutz
gewähren könnte.



Bei den letzten Unruhen hatte die Polizei alle Hände voll zu thun,
um den Präfecten gegen die Kinder auf den Straßen zu vertheidigen, welche
sich durchaus, als Gruppe, auf seinen Schimmel setzen wollten. Sobald
man einen der Buben herabzog, kletterten auch schon zwei andere wieder
hinauf.



Der Pariser Bürger hat sich übrigens bereits an die Unruhen ge¬
wöhnt, -- wenn sie nicht grade auf seiner Straße oder vor seinem Laden
vor sich gehen, -- so sieht er keine Gefahr mehr darin. Vielleicht kommt
einmal die Zeit, wo er nicht einmal ein Spektakelstück, des Angaffens werth,
darin finden wird. Nun machen aber die Zuschauer immer die Hälfte bei
einem Ausstande aus; -- die Polizei kann man aus ein Viertel anschlagen,
-- auf die eigentlichen Unruhestifter kommt denn das andere Viertel.

Bemerken wir wohl, daß die letzteren die Flucht ergreifen, -- so daß
man fast allein die Zuschauer festnimmt, die, im Bewußtsein ihrer Unschuld,
auf dem Platze bleiben, wo man ihrer habhaft wird.



Ein gewisser Barbet, ein Faßbinder, wird vor das Tribunal geführt.
-- Man klagt ihn an, die rothe Fahne getragen zu haben.

"Diese Fahne war mein Halstuch. -- Man wollte es nur nehmen,
um eine Fahne daraus zu machen; so habe ich es denn vorgezogen, selbst

Jene Leute, die man, ohne irgend ein Abzeichen, bei Unruhen unter das
Volk schickt, wenden sich, ohne Unterschied, gegen die Neugierigen und die
Meuterer, und treffen jene so gut wie diese, mit einer unerträglichen Rohheit.

Es ist das ein Zustand wahrer Wildheit: — alle Agenten der Staats¬
gewalt müssen an bestimmten Abzeichen erkennbar sein; — mit der größten
Strenge muß man jeden Bürger bestrafen, der ihnen den geringsten Wider¬
stand entgegensetzt; aber jeder Bürger hat auch das Recht, denjenigen, wie
einen Hund, todt zu schlagen, der, ohne sich auf unwidersprechliche Weise als
Agent der Regierung kund zu geben, die Hand an ihn legt, um ihn zu schla¬
gen oder festzunehmen.



Leute, denen es an Zartgefühl, an Einbildungskraft oder an heiterer
Laune gebricht, — suchen denn, die Polizeiagenten ums Leben zu bringen.

Solche, die von heiterem Temperament sind, begnügen sich damit, ihnen
mehr oder minder ärgerliche Streiche zu spielen. —

Vornehmlich in Paris ist die Polizei immer im Unrecht; keine Stel¬
lung in der Polizei ist so hoch, daß sie dem Manne, der sie bekleidet, Schutz
gewähren könnte.



Bei den letzten Unruhen hatte die Polizei alle Hände voll zu thun,
um den Präfecten gegen die Kinder auf den Straßen zu vertheidigen, welche
sich durchaus, als Gruppe, auf seinen Schimmel setzen wollten. Sobald
man einen der Buben herabzog, kletterten auch schon zwei andere wieder
hinauf.



Der Pariser Bürger hat sich übrigens bereits an die Unruhen ge¬
wöhnt, — wenn sie nicht grade auf seiner Straße oder vor seinem Laden
vor sich gehen, — so sieht er keine Gefahr mehr darin. Vielleicht kommt
einmal die Zeit, wo er nicht einmal ein Spektakelstück, des Angaffens werth,
darin finden wird. Nun machen aber die Zuschauer immer die Hälfte bei
einem Ausstande aus; — die Polizei kann man aus ein Viertel anschlagen,
— auf die eigentlichen Unruhestifter kommt denn das andere Viertel.

Bemerken wir wohl, daß die letzteren die Flucht ergreifen, — so daß
man fast allein die Zuschauer festnimmt, die, im Bewußtsein ihrer Unschuld,
auf dem Platze bleiben, wo man ihrer habhaft wird.



Ein gewisser Barbet, ein Faßbinder, wird vor das Tribunal geführt.
— Man klagt ihn an, die rothe Fahne getragen zu haben.

„Diese Fahne war mein Halstuch. — Man wollte es nur nehmen,
um eine Fahne daraus zu machen; so habe ich es denn vorgezogen, selbst

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[88/0096] Jene Leute, die man, ohne irgend ein Abzeichen, bei Unruhen unter das Volk schickt, wenden sich, ohne Unterschied, gegen die Neugierigen und die Meuterer, und treffen jene so gut wie diese, mit einer unerträglichen Rohheit. Es ist das ein Zustand wahrer Wildheit: — alle Agenten der Staats¬ gewalt müssen an bestimmten Abzeichen erkennbar sein; — mit der größten Strenge muß man jeden Bürger bestrafen, der ihnen den geringsten Wider¬ stand entgegensetzt; aber jeder Bürger hat auch das Recht, denjenigen, wie einen Hund, todt zu schlagen, der, ohne sich auf unwidersprechliche Weise als Agent der Regierung kund zu geben, die Hand an ihn legt, um ihn zu schla¬ gen oder festzunehmen. Leute, denen es an Zartgefühl, an Einbildungskraft oder an heiterer Laune gebricht, — suchen denn, die Polizeiagenten ums Leben zu bringen. Solche, die von heiterem Temperament sind, begnügen sich damit, ihnen mehr oder minder ärgerliche Streiche zu spielen. — Vornehmlich in Paris ist die Polizei immer im Unrecht; keine Stel¬ lung in der Polizei ist so hoch, daß sie dem Manne, der sie bekleidet, Schutz gewähren könnte. Bei den letzten Unruhen hatte die Polizei alle Hände voll zu thun, um den Präfecten gegen die Kinder auf den Straßen zu vertheidigen, welche sich durchaus, als Gruppe, auf seinen Schimmel setzen wollten. Sobald man einen der Buben herabzog, kletterten auch schon zwei andere wieder hinauf. Der Pariser Bürger hat sich übrigens bereits an die Unruhen ge¬ wöhnt, — wenn sie nicht grade auf seiner Straße oder vor seinem Laden vor sich gehen, — so sieht er keine Gefahr mehr darin. Vielleicht kommt einmal die Zeit, wo er nicht einmal ein Spektakelstück, des Angaffens werth, darin finden wird. Nun machen aber die Zuschauer immer die Hälfte bei einem Ausstande aus; — die Polizei kann man aus ein Viertel anschlagen, — auf die eigentlichen Unruhestifter kommt denn das andere Viertel. Bemerken wir wohl, daß die letzteren die Flucht ergreifen, — so daß man fast allein die Zuschauer festnimmt, die, im Bewußtsein ihrer Unschuld, auf dem Platze bleiben, wo man ihrer habhaft wird. Ein gewisser Barbet, ein Faßbinder, wird vor das Tribunal geführt. — Man klagt ihn an, die rothe Fahne getragen zu haben. „Diese Fahne war mein Halstuch. — Man wollte es nur nehmen, um eine Fahne daraus zu machen; so habe ich es denn vorgezogen, selbst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/96>, abgerufen am 27.04.2024.