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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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wollten, so geschieht dicfi blos deßhalb, weil wir, so oft Meyerbeer nach Paris
zurückkam, regelmäßig mit der Hoffnung auf die Aufführung einer neuen
Partitur getäuscht worden sind. Die Schuld davon, daß man seit mehreren
Jahren alle Vierteljahre ankündigt, Meyerbeer werde der Direction des Opern¬
hauses seine vollendete Oper überreichen, und daß diese Nachricht immer falsch
ist, liegt nicht so sehr an dem berühmten Componisten, als an seinem Arbeitö-
Portefcuille. Das hält fest, was es einmal hat, und hat bisher noch nicht
darein willigen mögen, sich von besagten Partituren zu trennen. Meyerbeer
selbst wäre gern bereit, den Propheten zur Aufführung zu bringen und er fin¬
det das Sängcrpersonal der Oper ausreichend dazu- sein Portefeuille aber ist
nicht derselben Meinung. Das erklärte zuerst, es würde seine Partitur nicht
eher herausgeben, bis man ihm an die Stelle der Dem. Falcon eine andre,
sie vollkommen ersetzende Sängern verschaffen würde. Nun das war Dank¬
barkeit von Seiten des Portefeuille für die großen Dienste, welche jene Sän¬
gerin Robert dem Teufel und den Hugenotten geleistet hatte. Als man nun
aber später die andre Forderung des Portefeuille, einen guten Baßsänger, durch
Baroilhct, dessen Talent es nicht in Abrede stellen konnte, befriedigt hatte und
es sich nun hinter der Abnahme von Duprez's Stimmmitteln versteckte, um seine
Partitur zu behalten, da gerieth es in den Bereich des Eigensinnes. Sollte
es nun endlich gelungen sein, alle diese Einwendungen besagten Portefeuilles
zu beseitige" ? Wir glauben es kaum und zwar um so weniger, als Meyerbeer
nach Schlangcnbao in's Bad gegangen ist, was er nur zu thun pflegt, wenn
er selbst mit seinem eigenen Portefeuille nicht fertig werden kann.




-- W' i e n c r SP asi. --

Die famose Ludlamshöhle in Wien hat nun nach vielen vergeblichen
Versuchen, sie zu erneuern, eine Nachfolgerin erhalten. Vier und zwanzig
lustige Brüder bilden die Gesellschaft der Matschakcrer. Der beste Spaß,
mit dem sie bisher debutirten, wurde kürzlich an einem Sonntag ausgeführt.
Der Präsident der Matschakerer reiste mit der ganzen Gesellschaft nach dem
Schneeberg. Der Präsident Herr von sich für xmen Narrendoctor

aus und seine Gesellschaft für die Pensionäre eines Narrenhauscs. Es
sollen köstliche Scenen vorgekommen sein. -- Eins der berühmtesten wiener
Volksfeste, der "Brigittcn-Kirtag" (Kirchtag) hat dieses Jahr zum letzten Male
Statt gefunden. Die Brigitte"-An, eine ungeheure Ebene, wo dieses Ast


wollten, so geschieht dicfi blos deßhalb, weil wir, so oft Meyerbeer nach Paris
zurückkam, regelmäßig mit der Hoffnung auf die Aufführung einer neuen
Partitur getäuscht worden sind. Die Schuld davon, daß man seit mehreren
Jahren alle Vierteljahre ankündigt, Meyerbeer werde der Direction des Opern¬
hauses seine vollendete Oper überreichen, und daß diese Nachricht immer falsch
ist, liegt nicht so sehr an dem berühmten Componisten, als an seinem Arbeitö-
Portefcuille. Das hält fest, was es einmal hat, und hat bisher noch nicht
darein willigen mögen, sich von besagten Partituren zu trennen. Meyerbeer
selbst wäre gern bereit, den Propheten zur Aufführung zu bringen und er fin¬
det das Sängcrpersonal der Oper ausreichend dazu- sein Portefeuille aber ist
nicht derselben Meinung. Das erklärte zuerst, es würde seine Partitur nicht
eher herausgeben, bis man ihm an die Stelle der Dem. Falcon eine andre,
sie vollkommen ersetzende Sängern verschaffen würde. Nun das war Dank¬
barkeit von Seiten des Portefeuille für die großen Dienste, welche jene Sän¬
gerin Robert dem Teufel und den Hugenotten geleistet hatte. Als man nun
aber später die andre Forderung des Portefeuille, einen guten Baßsänger, durch
Baroilhct, dessen Talent es nicht in Abrede stellen konnte, befriedigt hatte und
es sich nun hinter der Abnahme von Duprez's Stimmmitteln versteckte, um seine
Partitur zu behalten, da gerieth es in den Bereich des Eigensinnes. Sollte
es nun endlich gelungen sein, alle diese Einwendungen besagten Portefeuilles
zu beseitige» ? Wir glauben es kaum und zwar um so weniger, als Meyerbeer
nach Schlangcnbao in's Bad gegangen ist, was er nur zu thun pflegt, wenn
er selbst mit seinem eigenen Portefeuille nicht fertig werden kann.




— W' i e n c r SP asi. —

Die famose Ludlamshöhle in Wien hat nun nach vielen vergeblichen
Versuchen, sie zu erneuern, eine Nachfolgerin erhalten. Vier und zwanzig
lustige Brüder bilden die Gesellschaft der Matschakcrer. Der beste Spaß,
mit dem sie bisher debutirten, wurde kürzlich an einem Sonntag ausgeführt.
Der Präsident der Matschakerer reiste mit der ganzen Gesellschaft nach dem
Schneeberg. Der Präsident Herr von sich für xmen Narrendoctor

aus und seine Gesellschaft für die Pensionäre eines Narrenhauscs. Es
sollen köstliche Scenen vorgekommen sein. — Eins der berühmtesten wiener
Volksfeste, der „Brigittcn-Kirtag" (Kirchtag) hat dieses Jahr zum letzten Male
Statt gefunden. Die Brigitte»-An, eine ungeheure Ebene, wo dieses Ast


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/303>, abgerufen am 22.05.2024.