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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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uninteressant sein wird, wenn wir einen Bericht des Journal des
Debats (22. April 1814) hier mittheilen:

"Eine zahlreiche und glänzende Versammlung erwartete die Sou-
verains; zwei schmucklose Sessel standen für sie bereit. Aller Augen
wandten sich ohne Aufhör nach der Thüre, durch welche die Fürsten
eintreten sollten. Alles, was mit ihnen in Berührung stand, erregte
Enthusiasmus. Der erste Beifallssturm brach aus, als Baron Sacken,
Generalgouvemeur voll Paris, in den Saal trat. Bald folgten ihm
der Kaiser von Nußland und der König von Preußen mit seinen
drei Söhnen. Die Rufe: Es lebe Alerander! Es lebe der König
von Preußen! Es leben die Verbündeten! ertönten von allen Seiten.
Von einer unwillkürlichen Regung der Hochachtung, der Theilnahme
und der Neugier getrieben, erhob sich die ganze Versammlung; die
Monarchen grüßten mit bewegter, liebenswürdiger und herablassender
Miene.

"Als sich der Rausch der ersten Begeisterung ein wenig gelegt
und der laute und lang andauernde Sturm deö Beifalls dem Schwei¬
gen Platz gemacht hatte, ergriff der Präsident der Akademie daS
Wort, um mit sehr merkbarer Rührung zu versuchen, den Gefühlen
der Versammlung Allsdruck zu geben."

Nachdem der Berichterstatter eine Analyse der Rede des Präsi¬
denten gegeben hat, fährt er fort:

"Als der junge, von der Akademie gekrönte Redner auftrat, rich¬
teten sich die Blicke der beiden Monarchen mit lebhaftem Interesse
und einem sanften Lächeln des Beifalls auf den noch so jugendlichen
Sieger. Dieser richtete mit dein ganzen Feuer seines Alters, mit
jener Lebhaftigkeit des Geistes, die seine ganze Gestalt zu beseelen
schien, mit einer natürlichen Offenheit der Sprache und mit achtungs¬
vollen und festem Tone eine Rede an sie, die nicht eine leere Form,
sondern der Ausfluß eines mit den Gefühlen seiner Mitbürger ver¬
trauten erzens war.,,

Wir fügen hier die Rede ein, mit der Villemain seine gekrönte
Abhandlung über die Vortheile und Nachtheile der Kritik einleitete.

"Meine Herren, wem: alle Herzen sich an die hohen Anwesen¬
den richten, so muß ich um Verzeihung für meinen Versuch bitten,
Ihre Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegenstand zu lenken. Wel¬
cher Contrast zwischen dem schwachen Versuch, der Ihnen geboten


uninteressant sein wird, wenn wir einen Bericht des Journal des
Debats (22. April 1814) hier mittheilen:

„Eine zahlreiche und glänzende Versammlung erwartete die Sou-
verains; zwei schmucklose Sessel standen für sie bereit. Aller Augen
wandten sich ohne Aufhör nach der Thüre, durch welche die Fürsten
eintreten sollten. Alles, was mit ihnen in Berührung stand, erregte
Enthusiasmus. Der erste Beifallssturm brach aus, als Baron Sacken,
Generalgouvemeur voll Paris, in den Saal trat. Bald folgten ihm
der Kaiser von Nußland und der König von Preußen mit seinen
drei Söhnen. Die Rufe: Es lebe Alerander! Es lebe der König
von Preußen! Es leben die Verbündeten! ertönten von allen Seiten.
Von einer unwillkürlichen Regung der Hochachtung, der Theilnahme
und der Neugier getrieben, erhob sich die ganze Versammlung; die
Monarchen grüßten mit bewegter, liebenswürdiger und herablassender
Miene.

„Als sich der Rausch der ersten Begeisterung ein wenig gelegt
und der laute und lang andauernde Sturm deö Beifalls dem Schwei¬
gen Platz gemacht hatte, ergriff der Präsident der Akademie daS
Wort, um mit sehr merkbarer Rührung zu versuchen, den Gefühlen
der Versammlung Allsdruck zu geben."

Nachdem der Berichterstatter eine Analyse der Rede des Präsi¬
denten gegeben hat, fährt er fort:

„Als der junge, von der Akademie gekrönte Redner auftrat, rich¬
teten sich die Blicke der beiden Monarchen mit lebhaftem Interesse
und einem sanften Lächeln des Beifalls auf den noch so jugendlichen
Sieger. Dieser richtete mit dein ganzen Feuer seines Alters, mit
jener Lebhaftigkeit des Geistes, die seine ganze Gestalt zu beseelen
schien, mit einer natürlichen Offenheit der Sprache und mit achtungs¬
vollen und festem Tone eine Rede an sie, die nicht eine leere Form,
sondern der Ausfluß eines mit den Gefühlen seiner Mitbürger ver¬
trauten erzens war.,,

Wir fügen hier die Rede ein, mit der Villemain seine gekrönte
Abhandlung über die Vortheile und Nachtheile der Kritik einleitete.

„Meine Herren, wem: alle Herzen sich an die hohen Anwesen¬
den richten, so muß ich um Verzeihung für meinen Versuch bitten,
Ihre Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegenstand zu lenken. Wel¬
cher Contrast zwischen dem schwachen Versuch, der Ihnen geboten


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[0471] uninteressant sein wird, wenn wir einen Bericht des Journal des Debats (22. April 1814) hier mittheilen: „Eine zahlreiche und glänzende Versammlung erwartete die Sou- verains; zwei schmucklose Sessel standen für sie bereit. Aller Augen wandten sich ohne Aufhör nach der Thüre, durch welche die Fürsten eintreten sollten. Alles, was mit ihnen in Berührung stand, erregte Enthusiasmus. Der erste Beifallssturm brach aus, als Baron Sacken, Generalgouvemeur voll Paris, in den Saal trat. Bald folgten ihm der Kaiser von Nußland und der König von Preußen mit seinen drei Söhnen. Die Rufe: Es lebe Alerander! Es lebe der König von Preußen! Es leben die Verbündeten! ertönten von allen Seiten. Von einer unwillkürlichen Regung der Hochachtung, der Theilnahme und der Neugier getrieben, erhob sich die ganze Versammlung; die Monarchen grüßten mit bewegter, liebenswürdiger und herablassender Miene. „Als sich der Rausch der ersten Begeisterung ein wenig gelegt und der laute und lang andauernde Sturm deö Beifalls dem Schwei¬ gen Platz gemacht hatte, ergriff der Präsident der Akademie daS Wort, um mit sehr merkbarer Rührung zu versuchen, den Gefühlen der Versammlung Allsdruck zu geben." Nachdem der Berichterstatter eine Analyse der Rede des Präsi¬ denten gegeben hat, fährt er fort: „Als der junge, von der Akademie gekrönte Redner auftrat, rich¬ teten sich die Blicke der beiden Monarchen mit lebhaftem Interesse und einem sanften Lächeln des Beifalls auf den noch so jugendlichen Sieger. Dieser richtete mit dein ganzen Feuer seines Alters, mit jener Lebhaftigkeit des Geistes, die seine ganze Gestalt zu beseelen schien, mit einer natürlichen Offenheit der Sprache und mit achtungs¬ vollen und festem Tone eine Rede an sie, die nicht eine leere Form, sondern der Ausfluß eines mit den Gefühlen seiner Mitbürger ver¬ trauten erzens war.,, Wir fügen hier die Rede ein, mit der Villemain seine gekrönte Abhandlung über die Vortheile und Nachtheile der Kritik einleitete. „Meine Herren, wem: alle Herzen sich an die hohen Anwesen¬ den richten, so muß ich um Verzeihung für meinen Versuch bitten, Ihre Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegenstand zu lenken. Wel¬ cher Contrast zwischen dem schwachen Versuch, der Ihnen geboten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/471>, abgerufen am 26.05.2024.