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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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deutsche Polizei ihnen nicht den Dienst erwiesen hatte, aus einem ungelese-
nen Blatt ein unterdrücktes zu machen. Die Charlottenburger Lite¬
raturzeitung wird eben so, wie der zu Anfang dieses Jahres erschien¬
ene Briefwechsel von Bruno und Edgar Bauer aus dem Jahre 1840
ein merkwürdiges Beispiel bleiben, wie weit es die schriftstellerische Ei¬
telkeit in der Überschätzung der eigenen Wichtigkeit und des eigenen
Talentes treiben kann.dieemndetetie

Im Gegensatze zu s fi jtz hr ein anderes Brüder¬
paar, allerdings echt wissenschaftlichen Schlags, vielfache Anerkennung;
es sind dies die Brüder Robert und Richard Schomburgk, die vor
Kurzem von Guara nach Europa zurückgekehrt sind, und von denen
Her Erstere diese Reise bereits mehrere Male mit dem größten Erfolg
gemacht, so daß >er jetzt den Rang eines Obersten in der britischen Co-
lonialiniliz bekleidet und von der englischen Regierung mit der Lei¬
tung der Grenzrcgulirungcn zwischen Britisch-Guiana und Brasilien
beauftragt war. Es ist bekannt, daß Herr Robert Schomburgk in
früherer Zeit Handlungsdiener in Leipzig war, und daß er lediglich durch
die Energie seines Geistes, so wie durch einen außerordentlichen Eifer
in seinen Studien es dahin gebracht, daß ihn selbst Männer, wie
Alexander von Humboldt und Karl Ritter als eine der ersten Autori¬
täten unter den neuen Reisenden anerkennen. Auf seiner letzten Reise
an das Ufer des Essequibo und Corentin hat ihn sein Bruder Ri¬
chard im Auftrag und aus Kosten der preußischen Regierung -- beide
sind im preußischen Herzogthum Sachsen geboren, wo ihr Vater noch
als evangelischer Pfarrer lebt -- als Naturforscher begleitet. Gegen¬
wärtig sind hier nun im Locale der geographischen Gesellschaft die rei¬
chen ethnographischen Sammlungen aufgestellt, welche beide Brüder von
ihrer letzten Reise mitgebracht, wie denn auch unsere botanischen und
zoologischen Gärten mehrfache Bereicherungen durch sie erhalten haben.

Wenn Sie nächstens hören, daß Herr Ludwig Rellstab den ro¬
then Adlerorden vierter Classe erhalten, oder daß er Commissions- oder
Commerzienrctth geworden, so wundern Sie sich nicht darüber, denn
dieser Schriftsteller hat sich jetzt ganz auf die ökonomische Seite ge¬
worfen, indem er bei nicht weniger als sechs Eisenbahnen als Mit¬
glied der Direction oder des Verwaltungsraths fungirt und seine Zeit
zwischen Eisenbahnconfcrenzen und Eisenbahnfahrten theilt. Die Leser
der Vossischen Zeitung kommen dabei am meisten zu kurz, wenn auch
die Nachrichten dieses Blattes über Alles, was unsere Eisenbahnen
und deren Actien betrifft, als halbofsiciell betrachtet werden. Dazwi¬
schen werden wir doch nächstens wieder ein Erzeugniß aus der Feder
des Herrn Rellstab auf der Bühne sehen; er hat nämlich nach einem
Entwürfe von Tieck und -- wie es heißt -- Alexander von Hum¬
boldt die Textworte zu der Oper: "Das schlesische Feldlager" geschrie¬
ben, die Herr Meyerbeer in Musik gesetzt hat, und die am 7. De-


Grcnzbottn I8-ii. II. />"

deutsche Polizei ihnen nicht den Dienst erwiesen hatte, aus einem ungelese-
nen Blatt ein unterdrücktes zu machen. Die Charlottenburger Lite¬
raturzeitung wird eben so, wie der zu Anfang dieses Jahres erschien¬
ene Briefwechsel von Bruno und Edgar Bauer aus dem Jahre 1840
ein merkwürdiges Beispiel bleiben, wie weit es die schriftstellerische Ei¬
telkeit in der Überschätzung der eigenen Wichtigkeit und des eigenen
Talentes treiben kann.dieemndetetie

Im Gegensatze zu s fi jtz hr ein anderes Brüder¬
paar, allerdings echt wissenschaftlichen Schlags, vielfache Anerkennung;
es sind dies die Brüder Robert und Richard Schomburgk, die vor
Kurzem von Guara nach Europa zurückgekehrt sind, und von denen
Her Erstere diese Reise bereits mehrere Male mit dem größten Erfolg
gemacht, so daß >er jetzt den Rang eines Obersten in der britischen Co-
lonialiniliz bekleidet und von der englischen Regierung mit der Lei¬
tung der Grenzrcgulirungcn zwischen Britisch-Guiana und Brasilien
beauftragt war. Es ist bekannt, daß Herr Robert Schomburgk in
früherer Zeit Handlungsdiener in Leipzig war, und daß er lediglich durch
die Energie seines Geistes, so wie durch einen außerordentlichen Eifer
in seinen Studien es dahin gebracht, daß ihn selbst Männer, wie
Alexander von Humboldt und Karl Ritter als eine der ersten Autori¬
täten unter den neuen Reisenden anerkennen. Auf seiner letzten Reise
an das Ufer des Essequibo und Corentin hat ihn sein Bruder Ri¬
chard im Auftrag und aus Kosten der preußischen Regierung — beide
sind im preußischen Herzogthum Sachsen geboren, wo ihr Vater noch
als evangelischer Pfarrer lebt — als Naturforscher begleitet. Gegen¬
wärtig sind hier nun im Locale der geographischen Gesellschaft die rei¬
chen ethnographischen Sammlungen aufgestellt, welche beide Brüder von
ihrer letzten Reise mitgebracht, wie denn auch unsere botanischen und
zoologischen Gärten mehrfache Bereicherungen durch sie erhalten haben.

Wenn Sie nächstens hören, daß Herr Ludwig Rellstab den ro¬
then Adlerorden vierter Classe erhalten, oder daß er Commissions- oder
Commerzienrctth geworden, so wundern Sie sich nicht darüber, denn
dieser Schriftsteller hat sich jetzt ganz auf die ökonomische Seite ge¬
worfen, indem er bei nicht weniger als sechs Eisenbahnen als Mit¬
glied der Direction oder des Verwaltungsraths fungirt und seine Zeit
zwischen Eisenbahnconfcrenzen und Eisenbahnfahrten theilt. Die Leser
der Vossischen Zeitung kommen dabei am meisten zu kurz, wenn auch
die Nachrichten dieses Blattes über Alles, was unsere Eisenbahnen
und deren Actien betrifft, als halbofsiciell betrachtet werden. Dazwi¬
schen werden wir doch nächstens wieder ein Erzeugniß aus der Feder
des Herrn Rellstab auf der Bühne sehen; er hat nämlich nach einem
Entwürfe von Tieck und — wie es heißt — Alexander von Hum¬
boldt die Textworte zu der Oper: „Das schlesische Feldlager" geschrie¬
ben, die Herr Meyerbeer in Musik gesetzt hat, und die am 7. De-


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[0381] deutsche Polizei ihnen nicht den Dienst erwiesen hatte, aus einem ungelese- nen Blatt ein unterdrücktes zu machen. Die Charlottenburger Lite¬ raturzeitung wird eben so, wie der zu Anfang dieses Jahres erschien¬ ene Briefwechsel von Bruno und Edgar Bauer aus dem Jahre 1840 ein merkwürdiges Beispiel bleiben, wie weit es die schriftstellerische Ei¬ telkeit in der Überschätzung der eigenen Wichtigkeit und des eigenen Talentes treiben kann.dieemndetetie Im Gegensatze zu s fi jtz hr ein anderes Brüder¬ paar, allerdings echt wissenschaftlichen Schlags, vielfache Anerkennung; es sind dies die Brüder Robert und Richard Schomburgk, die vor Kurzem von Guara nach Europa zurückgekehrt sind, und von denen Her Erstere diese Reise bereits mehrere Male mit dem größten Erfolg gemacht, so daß >er jetzt den Rang eines Obersten in der britischen Co- lonialiniliz bekleidet und von der englischen Regierung mit der Lei¬ tung der Grenzrcgulirungcn zwischen Britisch-Guiana und Brasilien beauftragt war. Es ist bekannt, daß Herr Robert Schomburgk in früherer Zeit Handlungsdiener in Leipzig war, und daß er lediglich durch die Energie seines Geistes, so wie durch einen außerordentlichen Eifer in seinen Studien es dahin gebracht, daß ihn selbst Männer, wie Alexander von Humboldt und Karl Ritter als eine der ersten Autori¬ täten unter den neuen Reisenden anerkennen. Auf seiner letzten Reise an das Ufer des Essequibo und Corentin hat ihn sein Bruder Ri¬ chard im Auftrag und aus Kosten der preußischen Regierung — beide sind im preußischen Herzogthum Sachsen geboren, wo ihr Vater noch als evangelischer Pfarrer lebt — als Naturforscher begleitet. Gegen¬ wärtig sind hier nun im Locale der geographischen Gesellschaft die rei¬ chen ethnographischen Sammlungen aufgestellt, welche beide Brüder von ihrer letzten Reise mitgebracht, wie denn auch unsere botanischen und zoologischen Gärten mehrfache Bereicherungen durch sie erhalten haben. Wenn Sie nächstens hören, daß Herr Ludwig Rellstab den ro¬ then Adlerorden vierter Classe erhalten, oder daß er Commissions- oder Commerzienrctth geworden, so wundern Sie sich nicht darüber, denn dieser Schriftsteller hat sich jetzt ganz auf die ökonomische Seite ge¬ worfen, indem er bei nicht weniger als sechs Eisenbahnen als Mit¬ glied der Direction oder des Verwaltungsraths fungirt und seine Zeit zwischen Eisenbahnconfcrenzen und Eisenbahnfahrten theilt. Die Leser der Vossischen Zeitung kommen dabei am meisten zu kurz, wenn auch die Nachrichten dieses Blattes über Alles, was unsere Eisenbahnen und deren Actien betrifft, als halbofsiciell betrachtet werden. Dazwi¬ schen werden wir doch nächstens wieder ein Erzeugniß aus der Feder des Herrn Rellstab auf der Bühne sehen; er hat nämlich nach einem Entwürfe von Tieck und — wie es heißt — Alexander von Hum¬ boldt die Textworte zu der Oper: „Das schlesische Feldlager" geschrie¬ ben, die Herr Meyerbeer in Musik gesetzt hat, und die am 7. De- Grcnzbottn I8-ii. II. />«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/381>, abgerufen am 16.05.2024.