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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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sandte", auch diplomatische Teufel genannt, Audienz gibt, oder wenn
er an großen Courtagen die Glückwünsche der Hosteufel und der
vornehmen Verdammten empfängt, die bei feierlichen Gelegenheiten
den Saal bis zum Plafond füllen.

Wer zufälliger Weise die hochweisen Werke des Pater Busen¬
baum, des berühmten Jesuiten und Philosophen, gelesen, dem ist's
auch bekannt, daß die Teufel den Tag über ruhen und mit Sonnenun¬
tergang, wenn in Rom die Vesper zu Ende ist, aufstehen. Auch der
Satan geruht um diese Zeit sich zu erheben und einen Schlafrock
aus dickem Couvertpapier, mit Flammen bemalt, anzulegen. Er hat
dieses Prachtstück aus der Garderobe der spanischen Inquisition zum
Geschenke erhalten; in solchen Schlafröcken pflegten sonst auf Erden
die Menschen ihre Mitbrüder verbrennen zu lassen. Darauf begibt
sich Satanas in den Saal, wo schon die zahllose Versammlung der
vertrauten Teufel, der unterirdischen Großen, der höllischen Hofleute,
Schmeichler und Ohrenbläser seiner harren: hier finden sich auch in
Masse ein alle Ketzer, verdienstvolle Sünder und berühmte Auswurf
linge, wie auch alle die, welche sie in Vorreden und Zueignungen
gepriesen, -- mit einem Worte alle Honoratioren der Hölle.

Endlich öffneten sich die Gußeisenthüren im Schlafkabinet des
Herrn der Finsterniß, Satanas trat in den Saal und ließ sich auf
seinein Throne nieder. Alle Anwesenden bückten sich bis zum Bo¬
den und ein lautes: Vivat! donnerte von allen Seiten, und doch
würde Niemand von Ihnen einen Laut gehört haben, denn die
Stimmen der Schatten sind nur Schatten von Stimmen. Um der¬
artige Töne zu verstehen, muß man ein Teufel oder ein Angeber
sein.

Lucullus hat am Hofe des Satan das Amt eines Oberhof--
meisters: er besorgt die Küche, schreibt den Küchenzettel und trägt
selbst das Frühstück auf. Auch jetzt trat er mit einem ungeheueren
Präsentirteller ein, auf dem zwei Kessel, einer mit Kaffee, der andere
mit Sahne standen; eine römische Thränenurne statt der Tasse, ein
Ägyptisches Grabmal aus Granit als Zuckerbüchse, und ein Faß von
der Größe des Heidelbergers war mit Zwieback und Biscuit gefüllt.
Satanas nahm aus dem Grabmal ein ungeheueres ?duck Alaun --
er kann nämlich keinen Zucker, nicht einmal RunkelrübelMcker leiden


sandte», auch diplomatische Teufel genannt, Audienz gibt, oder wenn
er an großen Courtagen die Glückwünsche der Hosteufel und der
vornehmen Verdammten empfängt, die bei feierlichen Gelegenheiten
den Saal bis zum Plafond füllen.

Wer zufälliger Weise die hochweisen Werke des Pater Busen¬
baum, des berühmten Jesuiten und Philosophen, gelesen, dem ist's
auch bekannt, daß die Teufel den Tag über ruhen und mit Sonnenun¬
tergang, wenn in Rom die Vesper zu Ende ist, aufstehen. Auch der
Satan geruht um diese Zeit sich zu erheben und einen Schlafrock
aus dickem Couvertpapier, mit Flammen bemalt, anzulegen. Er hat
dieses Prachtstück aus der Garderobe der spanischen Inquisition zum
Geschenke erhalten; in solchen Schlafröcken pflegten sonst auf Erden
die Menschen ihre Mitbrüder verbrennen zu lassen. Darauf begibt
sich Satanas in den Saal, wo schon die zahllose Versammlung der
vertrauten Teufel, der unterirdischen Großen, der höllischen Hofleute,
Schmeichler und Ohrenbläser seiner harren: hier finden sich auch in
Masse ein alle Ketzer, verdienstvolle Sünder und berühmte Auswurf
linge, wie auch alle die, welche sie in Vorreden und Zueignungen
gepriesen, — mit einem Worte alle Honoratioren der Hölle.

Endlich öffneten sich die Gußeisenthüren im Schlafkabinet des
Herrn der Finsterniß, Satanas trat in den Saal und ließ sich auf
seinein Throne nieder. Alle Anwesenden bückten sich bis zum Bo¬
den und ein lautes: Vivat! donnerte von allen Seiten, und doch
würde Niemand von Ihnen einen Laut gehört haben, denn die
Stimmen der Schatten sind nur Schatten von Stimmen. Um der¬
artige Töne zu verstehen, muß man ein Teufel oder ein Angeber
sein.

Lucullus hat am Hofe des Satan das Amt eines Oberhof--
meisters: er besorgt die Küche, schreibt den Küchenzettel und trägt
selbst das Frühstück auf. Auch jetzt trat er mit einem ungeheueren
Präsentirteller ein, auf dem zwei Kessel, einer mit Kaffee, der andere
mit Sahne standen; eine römische Thränenurne statt der Tasse, ein
Ägyptisches Grabmal aus Granit als Zuckerbüchse, und ein Faß von
der Größe des Heidelbergers war mit Zwieback und Biscuit gefüllt.
Satanas nahm aus dem Grabmal ein ungeheueres ?duck Alaun —
er kann nämlich keinen Zucker, nicht einmal RunkelrübelMcker leiden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/222>, abgerufen am 19.05.2024.