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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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so läßt sich doch nicht läugnen, daß diese Einrichtung einmal durchaus
französisch ist, insofern als das Stück Landes, wo diese Pilger-
yerberge errichtet ist, den Franzosen gehört und die Absicht, den fran¬
zösischen Einfluß im Orient dadurch zu heben, in einigen über dieses
Werk erschienenen Tractätchen offen ausgesprochen ist; aber andrerseits,
daß sie schon als Mönchsorden, wenn auch Lutheraner und Juden
aufgenommen werde", rein katholisch ist.

Nichts desto weniger stellten sich angesehne reformirte und luthe¬
rische Geistliche an die Spitze eines Comites für den Berg Karmel,
erließen Ausrufe und veranstalteten Sammlungen, wahrend für die im
höchsten Elende schmachtenden Gemeinden in Ostpreußen, ja sogar der
nächsten Umgegend Nichts gethan wurde.

Auch sind in der That mehrere Tausend Gulden auf diese Weise
von Protestanten für ein katholisches Kloster gesammelt worden, und
zwar in bedeutend kürzerer Zeit, als eine ähnliche Summe für Fels¬
berg, und wenn nun die Noth der durch Überschwemmung und den
langen Winter Leidenden zu laut schreien wird, um sie übergehen zu
können, so werden die Beitrage in dem Verhältnisse sparsam ausfal¬
len, als die erster" reichlich gewesen sind.

Vom Katholiken- und Klosterhaß ist also, wie leicht zu sehen,
keine Rede bei uns; doch scheint der Senat, wenigstens in Geldan¬
gelegenheiten, mit jenen Geistlichen nicht ganz übereinzustimmen, indem
nämlich gegenwärtig eine Eingabe der katholischen Gemeine gegen unsre
Obrigkeit beim Bundestage vorliegt, in welcher der katholische Kir¬
chenvorstand eines Theils bedeutende Gelder in Anspruch nimmt, als
Ersatz für die wahrend der Revolution eingegangenen Klöster und
geistlichen Stiftungen, auf der andern Seite aber fordert, daß ein
ständiger Lehrer de-r kathol. Religion, an der Stelle der jetzt immer
nur kürzere Zeit fungirenden Kapläne, neben dem katholischen Ge¬
schichtslehrer an, Gymnasium angestellt werde.

Wenn auch aus dieser Seite einiges Recht vorzuliegen scheint,
so fragt es sich doch, ob der Bundestag in dieser innern Angelegen¬
heit eines "deutschen Staates" zu entscheiden für gut finden wird^

Es wäre allerdings eine herrliche Einrichtung in Deutschland,
wenn eine allgemeine Behörde ausgestellt würde, die über die Zerwürf¬
nisse der Regierungen mit ihren Unterthanen einen rechtlichen und
rechtsgiltigen Ausspruch erlassen konnte, wodurch Fürst und Unterthan



Mehrere der Geistlichen, die an jenem Comite Antheil "ahmen und
von denen bekannt ist, das, sie der Romae'sehen Bewegung abhold sind, sollen
geäußert haben- Wir müssen hier werkthätig eingreifen, um den Katholiken
Rzms zu zeigen, daß mir nicht gegen sie eingenommen sind.

so läßt sich doch nicht läugnen, daß diese Einrichtung einmal durchaus
französisch ist, insofern als das Stück Landes, wo diese Pilger-
yerberge errichtet ist, den Franzosen gehört und die Absicht, den fran¬
zösischen Einfluß im Orient dadurch zu heben, in einigen über dieses
Werk erschienenen Tractätchen offen ausgesprochen ist; aber andrerseits,
daß sie schon als Mönchsorden, wenn auch Lutheraner und Juden
aufgenommen werde», rein katholisch ist.

Nichts desto weniger stellten sich angesehne reformirte und luthe¬
rische Geistliche an die Spitze eines Comites für den Berg Karmel,
erließen Ausrufe und veranstalteten Sammlungen, wahrend für die im
höchsten Elende schmachtenden Gemeinden in Ostpreußen, ja sogar der
nächsten Umgegend Nichts gethan wurde.

Auch sind in der That mehrere Tausend Gulden auf diese Weise
von Protestanten für ein katholisches Kloster gesammelt worden, und
zwar in bedeutend kürzerer Zeit, als eine ähnliche Summe für Fels¬
berg, und wenn nun die Noth der durch Überschwemmung und den
langen Winter Leidenden zu laut schreien wird, um sie übergehen zu
können, so werden die Beitrage in dem Verhältnisse sparsam ausfal¬
len, als die erster» reichlich gewesen sind.

Vom Katholiken- und Klosterhaß ist also, wie leicht zu sehen,
keine Rede bei uns; doch scheint der Senat, wenigstens in Geldan¬
gelegenheiten, mit jenen Geistlichen nicht ganz übereinzustimmen, indem
nämlich gegenwärtig eine Eingabe der katholischen Gemeine gegen unsre
Obrigkeit beim Bundestage vorliegt, in welcher der katholische Kir¬
chenvorstand eines Theils bedeutende Gelder in Anspruch nimmt, als
Ersatz für die wahrend der Revolution eingegangenen Klöster und
geistlichen Stiftungen, auf der andern Seite aber fordert, daß ein
ständiger Lehrer de-r kathol. Religion, an der Stelle der jetzt immer
nur kürzere Zeit fungirenden Kapläne, neben dem katholischen Ge¬
schichtslehrer an, Gymnasium angestellt werde.

Wenn auch aus dieser Seite einiges Recht vorzuliegen scheint,
so fragt es sich doch, ob der Bundestag in dieser innern Angelegen¬
heit eines „deutschen Staates" zu entscheiden für gut finden wird^

Es wäre allerdings eine herrliche Einrichtung in Deutschland,
wenn eine allgemeine Behörde ausgestellt würde, die über die Zerwürf¬
nisse der Regierungen mit ihren Unterthanen einen rechtlichen und
rechtsgiltigen Ausspruch erlassen konnte, wodurch Fürst und Unterthan



Mehrere der Geistlichen, die an jenem Comite Antheil »ahmen und
von denen bekannt ist, das, sie der Romae'sehen Bewegung abhold sind, sollen
geäußert haben- Wir müssen hier werkthätig eingreifen, um den Katholiken
Rzms zu zeigen, daß mir nicht gegen sie eingenommen sind.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/130>, abgerufen am 20.05.2024.