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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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benutzt wird. Sie ist in einem herrlichen Locale aufgestellt und besitzt
in manchen Fächern Ausgezeichnetes, so z. B., was man hier kaum
vermuthen sollte, seit den letzten Jahren eine höchst werthvolle Samm¬
lung der Geschichte der französischen Revolution. Ganz ausgezeichnet
in ihrer Art ist die (gleichfalls öffentliche) Eommcrzbibliothek in Bezug
auf Alles, was Handel und Staatswissenschaften betrifft. Uebrigens
ist man auf beiden Bibliotheken höchst liberal gegen das Publi-
cum, und ihre geringe Benutzung gewährt dem, der sie gebrauchen
will, wenigstens den Bortheil, daß er das, was er verlangt, meistens
findet, und nicht lange vergeblich aus ein ausgeliehencs Buch zu
warten hat.

Hamburg hatte bis im vorigen Jahre nur eine einzige Anstalt,
wo die politischen Blatter und sonstigen Tageserscheinungea aufgelegt
wurden, (die Kaffeehäuser geben nur wenig, und es gehört gerade
nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens, ein Blatt zu lesen, das
vie diversen Aelchen des vielgestaltigen Appetits des Puplicums an
sich tragt) die bekannte Börsenhalle. Doch war diese bei einem ziem¬
lich hohen Preise zunächst nur für Kaufleute berechnet. Im vorigen
Jahre hat eine Hamburger Buchhandlung (Perthes-Besser und Maule)
ein ähnliches Institut mehr für Gelehrte eingerichtet und mit großer
Liberalität ausgestattet; lobend verdient zugleich die Zuvorkommenheit
hervorgehoben zu werden, mit welcher der dort angestellte Secretair
den Wünschen der Lesenden entgegenkommt. Eine höchst erfreuliche
-Zugabe ist die reizende Aussicht, die man dort genießt. Gewiß haben
Sie schon von unserm.Jungfernstieg reden hören, jenem Spaziergang
unterhalb der Stadt; an der einen Seite mit prachtvollen Häusern
und Palästen besetzt, an der andern das schöne Alsterbassin, über das
hinweg man die Aussicht nach den mit herrlichen Gartenanlagen ge¬
zierten Wällen genießt, und etwas entfernter die im Grün aufsteigende
Vorstadt Se. Georg mit ihrem einfachen Thurme. Hier ist das Local
des Lefeinstituts, und es kostet mich manchmal Ueberwindung, von
dieser Aussicht hinweg mich zu wenden, um mich in das Gewirre
der Politik zu verstricken.

Die Anzahl der hiesigen Schriftsteller ist nicht gerade sehr groß
und meistens betreiben sie nur das Feld der Journalistik. Ich bin um
so weniger geneigt, auf diesen Gegenstand naher einzugehen, da der¬
gleichen doch am Ende zu Persönlichkeiten ausarten muß, die Per¬
sönlichkeit eines Schriftstellers aber nur dann vor das öffentliche
Forum gehört, wenn er einen wissenschaftlich hohen Rang ein¬
nimmt; so wie ein großer Staatsmann schon während seines Lebens
der Geschichte angehören kann. Man hat in neueren Zeiten mit Schil¬
derungen von Persönlichkeiten ein nicht immer zu billigendes Spiel
getrieben; man sollte doch nur bedenken, daß es höchstens einer der
nicht gerade lobenswürdigsten menschlichen Eigenschaften, der Eitelkeit,


benutzt wird. Sie ist in einem herrlichen Locale aufgestellt und besitzt
in manchen Fächern Ausgezeichnetes, so z. B., was man hier kaum
vermuthen sollte, seit den letzten Jahren eine höchst werthvolle Samm¬
lung der Geschichte der französischen Revolution. Ganz ausgezeichnet
in ihrer Art ist die (gleichfalls öffentliche) Eommcrzbibliothek in Bezug
auf Alles, was Handel und Staatswissenschaften betrifft. Uebrigens
ist man auf beiden Bibliotheken höchst liberal gegen das Publi-
cum, und ihre geringe Benutzung gewährt dem, der sie gebrauchen
will, wenigstens den Bortheil, daß er das, was er verlangt, meistens
findet, und nicht lange vergeblich aus ein ausgeliehencs Buch zu
warten hat.

Hamburg hatte bis im vorigen Jahre nur eine einzige Anstalt,
wo die politischen Blatter und sonstigen Tageserscheinungea aufgelegt
wurden, (die Kaffeehäuser geben nur wenig, und es gehört gerade
nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens, ein Blatt zu lesen, das
vie diversen Aelchen des vielgestaltigen Appetits des Puplicums an
sich tragt) die bekannte Börsenhalle. Doch war diese bei einem ziem¬
lich hohen Preise zunächst nur für Kaufleute berechnet. Im vorigen
Jahre hat eine Hamburger Buchhandlung (Perthes-Besser und Maule)
ein ähnliches Institut mehr für Gelehrte eingerichtet und mit großer
Liberalität ausgestattet; lobend verdient zugleich die Zuvorkommenheit
hervorgehoben zu werden, mit welcher der dort angestellte Secretair
den Wünschen der Lesenden entgegenkommt. Eine höchst erfreuliche
-Zugabe ist die reizende Aussicht, die man dort genießt. Gewiß haben
Sie schon von unserm.Jungfernstieg reden hören, jenem Spaziergang
unterhalb der Stadt; an der einen Seite mit prachtvollen Häusern
und Palästen besetzt, an der andern das schöne Alsterbassin, über das
hinweg man die Aussicht nach den mit herrlichen Gartenanlagen ge¬
zierten Wällen genießt, und etwas entfernter die im Grün aufsteigende
Vorstadt Se. Georg mit ihrem einfachen Thurme. Hier ist das Local
des Lefeinstituts, und es kostet mich manchmal Ueberwindung, von
dieser Aussicht hinweg mich zu wenden, um mich in das Gewirre
der Politik zu verstricken.

Die Anzahl der hiesigen Schriftsteller ist nicht gerade sehr groß
und meistens betreiben sie nur das Feld der Journalistik. Ich bin um
so weniger geneigt, auf diesen Gegenstand naher einzugehen, da der¬
gleichen doch am Ende zu Persönlichkeiten ausarten muß, die Per¬
sönlichkeit eines Schriftstellers aber nur dann vor das öffentliche
Forum gehört, wenn er einen wissenschaftlich hohen Rang ein¬
nimmt; so wie ein großer Staatsmann schon während seines Lebens
der Geschichte angehören kann. Man hat in neueren Zeiten mit Schil¬
derungen von Persönlichkeiten ein nicht immer zu billigendes Spiel
getrieben; man sollte doch nur bedenken, daß es höchstens einer der
nicht gerade lobenswürdigsten menschlichen Eigenschaften, der Eitelkeit,


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[0467] benutzt wird. Sie ist in einem herrlichen Locale aufgestellt und besitzt in manchen Fächern Ausgezeichnetes, so z. B., was man hier kaum vermuthen sollte, seit den letzten Jahren eine höchst werthvolle Samm¬ lung der Geschichte der französischen Revolution. Ganz ausgezeichnet in ihrer Art ist die (gleichfalls öffentliche) Eommcrzbibliothek in Bezug auf Alles, was Handel und Staatswissenschaften betrifft. Uebrigens ist man auf beiden Bibliotheken höchst liberal gegen das Publi- cum, und ihre geringe Benutzung gewährt dem, der sie gebrauchen will, wenigstens den Bortheil, daß er das, was er verlangt, meistens findet, und nicht lange vergeblich aus ein ausgeliehencs Buch zu warten hat. Hamburg hatte bis im vorigen Jahre nur eine einzige Anstalt, wo die politischen Blatter und sonstigen Tageserscheinungea aufgelegt wurden, (die Kaffeehäuser geben nur wenig, und es gehört gerade nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens, ein Blatt zu lesen, das vie diversen Aelchen des vielgestaltigen Appetits des Puplicums an sich tragt) die bekannte Börsenhalle. Doch war diese bei einem ziem¬ lich hohen Preise zunächst nur für Kaufleute berechnet. Im vorigen Jahre hat eine Hamburger Buchhandlung (Perthes-Besser und Maule) ein ähnliches Institut mehr für Gelehrte eingerichtet und mit großer Liberalität ausgestattet; lobend verdient zugleich die Zuvorkommenheit hervorgehoben zu werden, mit welcher der dort angestellte Secretair den Wünschen der Lesenden entgegenkommt. Eine höchst erfreuliche -Zugabe ist die reizende Aussicht, die man dort genießt. Gewiß haben Sie schon von unserm.Jungfernstieg reden hören, jenem Spaziergang unterhalb der Stadt; an der einen Seite mit prachtvollen Häusern und Palästen besetzt, an der andern das schöne Alsterbassin, über das hinweg man die Aussicht nach den mit herrlichen Gartenanlagen ge¬ zierten Wällen genießt, und etwas entfernter die im Grün aufsteigende Vorstadt Se. Georg mit ihrem einfachen Thurme. Hier ist das Local des Lefeinstituts, und es kostet mich manchmal Ueberwindung, von dieser Aussicht hinweg mich zu wenden, um mich in das Gewirre der Politik zu verstricken. Die Anzahl der hiesigen Schriftsteller ist nicht gerade sehr groß und meistens betreiben sie nur das Feld der Journalistik. Ich bin um so weniger geneigt, auf diesen Gegenstand naher einzugehen, da der¬ gleichen doch am Ende zu Persönlichkeiten ausarten muß, die Per¬ sönlichkeit eines Schriftstellers aber nur dann vor das öffentliche Forum gehört, wenn er einen wissenschaftlich hohen Rang ein¬ nimmt; so wie ein großer Staatsmann schon während seines Lebens der Geschichte angehören kann. Man hat in neueren Zeiten mit Schil¬ derungen von Persönlichkeiten ein nicht immer zu billigendes Spiel getrieben; man sollte doch nur bedenken, daß es höchstens einer der nicht gerade lobenswürdigsten menschlichen Eigenschaften, der Eitelkeit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/467>, abgerufen am 08.05.2024.