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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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gestellt worden> und trat sodann als Auskultant beim Landrechte der
Provinz Niederösterreich in den Staatsdienste worin er alle niederen
Grade ziemlich schnell durchlief und 1833 zum Landrath befördert
ward. Nach einer 22jährigen Wirksamkeit im Staatsdienste, fand
er sich 1843, angeregt durch die Erscheinungen der Zeit und das Er¬
wachen des korporativen Geistes im Schooße der ständischen Ver¬
sammlung, welcher er durch Geburt und Grundbesitz angehörte, be¬
wogen, seine Landrathsstelle niederzulegen. Für diese Entsagung, be¬
lohnte ihn der Herrenstand des niederösterreichischen Landtages durch
Erwählung zum Verordneten, als welcher derselbe im Ausschuß
die Wahrung der ständischen Rechte und die Vorbereitung aller le¬
gislativen Schritte der Versammlung zu besorgen hatte.

Unsere Justizverfassung hat durch die kaiserliche Entschließung
vom 18. Oktober 1845,, womit in allen Provinzen der Monarchie, in denen
das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch gilt, mit Ausnahme Dalmatiens
und der Lombardei, für alle Civilrechtsstreitigkeiten, wo der Gegen¬
stand die Summe von 2M si. C. M. nicht überschreitet, ein summari¬
sches Verfahren eingeführt wird, eine scheinbar unbedeutende, aber
im Princip nicht unwichtige Modifikation erlitten, zumal der Beisatz
eingeflochten ist, daß dieses mündliche Rechtsverfahren auf Verlangen
der Parteien auch bei Rechtsstreitigkeiten von größerem Belang angewen¬
det werden dürfe. Mit dieser Erstreckung des summarischen Verfahrens,
welches bis jetzt blos auf Streitigkeiten unter 25 Gulden Anwendung
gefunden, auf die betrachtliche Summe von 20V si., ist die Bahn
gebrochen, auf welcher eine weitere Ausbildung der Mündlichkeit in
der Gerichtspraxis erstrebt werden kann, ja, es ist so zu sagen in die
Hände des Publicums gelegt, ob es den in der Herstellung des an¬
gedeuteten Verfahrens gebotenen Spielraum benutzen und die Durch¬
führung des Princips selbst übernehmen wolle.

Die Anwesenheit des Gouverneurs von Jstrien, Graf Stadion,
der in Angelegenheiten der Stadt Triest sicher gekommen, hat bereits
gute Früchte getragen, da eine Verordnung der k. k. Hofkcmzle! die
Quarantaine in dem dortigen Hafen auf eine besonders liberale Weise
regulirt. Fortan ist der Seeverkehr mit dem Königreiche Griechen¬
land und den jonischen Inseln völlig frei, sowie nicht minder mit
Marocco. Für Schisse aus Tunesischen Häfen und aus Centralame-
nka wird dagegen eine fünftägige Comumazfrist anberaumt, wenn letz¬
tere mit dem latente t^ce-i. lnnttir versehen sind, dürfen sie auch die
Waarenladung an Bord behalten. Kriegsschiffe, welche pestfangende
Stoffe am Bord haben, sind gleichfalls einer Quarantaine von fünf
Tagen unterworfen, sonst aber contumazfrei. Diese energische Re¬
form wird zugleich die übrigen Nationen zwingen, ähnliche Modifi¬
kationen in Betreff des meist veralteten Quarantaine- Reglements ein-


gestellt worden> und trat sodann als Auskultant beim Landrechte der
Provinz Niederösterreich in den Staatsdienste worin er alle niederen
Grade ziemlich schnell durchlief und 1833 zum Landrath befördert
ward. Nach einer 22jährigen Wirksamkeit im Staatsdienste, fand
er sich 1843, angeregt durch die Erscheinungen der Zeit und das Er¬
wachen des korporativen Geistes im Schooße der ständischen Ver¬
sammlung, welcher er durch Geburt und Grundbesitz angehörte, be¬
wogen, seine Landrathsstelle niederzulegen. Für diese Entsagung, be¬
lohnte ihn der Herrenstand des niederösterreichischen Landtages durch
Erwählung zum Verordneten, als welcher derselbe im Ausschuß
die Wahrung der ständischen Rechte und die Vorbereitung aller le¬
gislativen Schritte der Versammlung zu besorgen hatte.

Unsere Justizverfassung hat durch die kaiserliche Entschließung
vom 18. Oktober 1845,, womit in allen Provinzen der Monarchie, in denen
das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch gilt, mit Ausnahme Dalmatiens
und der Lombardei, für alle Civilrechtsstreitigkeiten, wo der Gegen¬
stand die Summe von 2M si. C. M. nicht überschreitet, ein summari¬
sches Verfahren eingeführt wird, eine scheinbar unbedeutende, aber
im Princip nicht unwichtige Modifikation erlitten, zumal der Beisatz
eingeflochten ist, daß dieses mündliche Rechtsverfahren auf Verlangen
der Parteien auch bei Rechtsstreitigkeiten von größerem Belang angewen¬
det werden dürfe. Mit dieser Erstreckung des summarischen Verfahrens,
welches bis jetzt blos auf Streitigkeiten unter 25 Gulden Anwendung
gefunden, auf die betrachtliche Summe von 20V si., ist die Bahn
gebrochen, auf welcher eine weitere Ausbildung der Mündlichkeit in
der Gerichtspraxis erstrebt werden kann, ja, es ist so zu sagen in die
Hände des Publicums gelegt, ob es den in der Herstellung des an¬
gedeuteten Verfahrens gebotenen Spielraum benutzen und die Durch¬
führung des Princips selbst übernehmen wolle.

Die Anwesenheit des Gouverneurs von Jstrien, Graf Stadion,
der in Angelegenheiten der Stadt Triest sicher gekommen, hat bereits
gute Früchte getragen, da eine Verordnung der k. k. Hofkcmzle! die
Quarantaine in dem dortigen Hafen auf eine besonders liberale Weise
regulirt. Fortan ist der Seeverkehr mit dem Königreiche Griechen¬
land und den jonischen Inseln völlig frei, sowie nicht minder mit
Marocco. Für Schisse aus Tunesischen Häfen und aus Centralame-
nka wird dagegen eine fünftägige Comumazfrist anberaumt, wenn letz¬
tere mit dem latente t^ce-i. lnnttir versehen sind, dürfen sie auch die
Waarenladung an Bord behalten. Kriegsschiffe, welche pestfangende
Stoffe am Bord haben, sind gleichfalls einer Quarantaine von fünf
Tagen unterworfen, sonst aber contumazfrei. Diese energische Re¬
form wird zugleich die übrigen Nationen zwingen, ähnliche Modifi¬
kationen in Betreff des meist veralteten Quarantaine- Reglements ein-


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[0194] gestellt worden> und trat sodann als Auskultant beim Landrechte der Provinz Niederösterreich in den Staatsdienste worin er alle niederen Grade ziemlich schnell durchlief und 1833 zum Landrath befördert ward. Nach einer 22jährigen Wirksamkeit im Staatsdienste, fand er sich 1843, angeregt durch die Erscheinungen der Zeit und das Er¬ wachen des korporativen Geistes im Schooße der ständischen Ver¬ sammlung, welcher er durch Geburt und Grundbesitz angehörte, be¬ wogen, seine Landrathsstelle niederzulegen. Für diese Entsagung, be¬ lohnte ihn der Herrenstand des niederösterreichischen Landtages durch Erwählung zum Verordneten, als welcher derselbe im Ausschuß die Wahrung der ständischen Rechte und die Vorbereitung aller le¬ gislativen Schritte der Versammlung zu besorgen hatte. Unsere Justizverfassung hat durch die kaiserliche Entschließung vom 18. Oktober 1845,, womit in allen Provinzen der Monarchie, in denen das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch gilt, mit Ausnahme Dalmatiens und der Lombardei, für alle Civilrechtsstreitigkeiten, wo der Gegen¬ stand die Summe von 2M si. C. M. nicht überschreitet, ein summari¬ sches Verfahren eingeführt wird, eine scheinbar unbedeutende, aber im Princip nicht unwichtige Modifikation erlitten, zumal der Beisatz eingeflochten ist, daß dieses mündliche Rechtsverfahren auf Verlangen der Parteien auch bei Rechtsstreitigkeiten von größerem Belang angewen¬ det werden dürfe. Mit dieser Erstreckung des summarischen Verfahrens, welches bis jetzt blos auf Streitigkeiten unter 25 Gulden Anwendung gefunden, auf die betrachtliche Summe von 20V si., ist die Bahn gebrochen, auf welcher eine weitere Ausbildung der Mündlichkeit in der Gerichtspraxis erstrebt werden kann, ja, es ist so zu sagen in die Hände des Publicums gelegt, ob es den in der Herstellung des an¬ gedeuteten Verfahrens gebotenen Spielraum benutzen und die Durch¬ führung des Princips selbst übernehmen wolle. Die Anwesenheit des Gouverneurs von Jstrien, Graf Stadion, der in Angelegenheiten der Stadt Triest sicher gekommen, hat bereits gute Früchte getragen, da eine Verordnung der k. k. Hofkcmzle! die Quarantaine in dem dortigen Hafen auf eine besonders liberale Weise regulirt. Fortan ist der Seeverkehr mit dem Königreiche Griechen¬ land und den jonischen Inseln völlig frei, sowie nicht minder mit Marocco. Für Schisse aus Tunesischen Häfen und aus Centralame- nka wird dagegen eine fünftägige Comumazfrist anberaumt, wenn letz¬ tere mit dem latente t^ce-i. lnnttir versehen sind, dürfen sie auch die Waarenladung an Bord behalten. Kriegsschiffe, welche pestfangende Stoffe am Bord haben, sind gleichfalls einer Quarantaine von fünf Tagen unterworfen, sonst aber contumazfrei. Diese energische Re¬ form wird zugleich die übrigen Nationen zwingen, ähnliche Modifi¬ kationen in Betreff des meist veralteten Quarantaine- Reglements ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/194>, abgerufen am 14.05.2024.