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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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die britische Großmut!) lohnte ihm dafür durch Beifall und Popu¬
larität. Die Erfolge, die O'Connel für Irland auf politischem
Gebiet erfocht, ersang Thomas Moore für sein Volk in der Gesell¬
schaft, und der Dichter hat seine Siege mit reinem und unschuldi¬
gem Waffen, als der listige politische Agitator, erkämpfen können. "
Moore's Jugend siel in die Zeit der letzten gewaltsamen Erhc-
bungsversuche seines Volkes, sein Alter fällt in die Zeit größerer
Milde von englischer und größerer Versöhnlichkeit von irischer Seite.
Eine kurze Darstellung seines Lebens wird wohl der beste Com-
mentar seiner Werke sein.

Thomas Moore ist am 28 Mai 1780 zu Dublin geboren
in einer ehrbaren Kaufmannsfamilie. Ich kann nicht sagen, erzählt
er selbst in einer seiner Vorreden, wann ich zu reimen und zu dich¬
ten anfing, aber es war sehr früh. In meinem dreizehnten Jahre
sandte ich ein Paar Gedichte an den Herausgeber der "Antholo-
gia" in Dublin und hatte das Vergnügen, sie ein Paar Monate
darauf abgedruckt und mich selbst als "unser geschätzte Mitarbeiter
1'. AI." begrüßt zu sehen. In meinem vierzehnten Jahre schrieb
ich für dasselbe Blatt ein Sonnet an meinen Lehrer, Mr. Samuel
Whyte; ein komisch eitler, aber gutmüthiger Mann, war dreißig
Jahre vorher der Lehrer von Brinsley Sheridan gewesen und hatte
denselben, nachdem er ein Jahr seinen Bakel über ihn geschwungen, für
einen Dummkopf erklärt, an dem Hopfen und Malz verloren sei.
Unter den Privatzöglingen Whyte's waren auch die schönen, von
Jossua Neynold's Pinsel verunsterblichten Miß Montgomeries und
andere Fräulein aus den ersten patriotischen Häusern Irlands.
Whyte spielte noch eine andere Rolle. Seit Jahren war nämlich
in der höhern irischen Gesellschaft ein lebhafter Sinn für Liebhaber¬
theater aufgekommen; beim Herzog von Leinster in Carton z. B.
wurde sehr häufig gespielt, und da machte Whyte sowohl den
Director als den Prolog - oder Epilogdichter. In Marley, bei den
Latouches, wurde einmal die Maskerade des Conus aufgeführt,
wozu er den Prolog, und kein Geringerer als der berühmte pa¬
triotische Redner Grattan den Epilog lieferte. Whyte suchte, zum
Aergerniß vieler Eltern, seine Schüler zu derlei bildenden Uebungen
anzufeuern, und da ich sehr lebhaft in seine Pläne einging, war
ich sein Liebling. In der That spielte ich mit großem Glück in


die britische Großmut!) lohnte ihm dafür durch Beifall und Popu¬
larität. Die Erfolge, die O'Connel für Irland auf politischem
Gebiet erfocht, ersang Thomas Moore für sein Volk in der Gesell¬
schaft, und der Dichter hat seine Siege mit reinem und unschuldi¬
gem Waffen, als der listige politische Agitator, erkämpfen können. "
Moore's Jugend siel in die Zeit der letzten gewaltsamen Erhc-
bungsversuche seines Volkes, sein Alter fällt in die Zeit größerer
Milde von englischer und größerer Versöhnlichkeit von irischer Seite.
Eine kurze Darstellung seines Lebens wird wohl der beste Com-
mentar seiner Werke sein.

Thomas Moore ist am 28 Mai 1780 zu Dublin geboren
in einer ehrbaren Kaufmannsfamilie. Ich kann nicht sagen, erzählt
er selbst in einer seiner Vorreden, wann ich zu reimen und zu dich¬
ten anfing, aber es war sehr früh. In meinem dreizehnten Jahre
sandte ich ein Paar Gedichte an den Herausgeber der „Antholo-
gia" in Dublin und hatte das Vergnügen, sie ein Paar Monate
darauf abgedruckt und mich selbst als „unser geschätzte Mitarbeiter
1'. AI." begrüßt zu sehen. In meinem vierzehnten Jahre schrieb
ich für dasselbe Blatt ein Sonnet an meinen Lehrer, Mr. Samuel
Whyte; ein komisch eitler, aber gutmüthiger Mann, war dreißig
Jahre vorher der Lehrer von Brinsley Sheridan gewesen und hatte
denselben, nachdem er ein Jahr seinen Bakel über ihn geschwungen, für
einen Dummkopf erklärt, an dem Hopfen und Malz verloren sei.
Unter den Privatzöglingen Whyte's waren auch die schönen, von
Jossua Neynold's Pinsel verunsterblichten Miß Montgomeries und
andere Fräulein aus den ersten patriotischen Häusern Irlands.
Whyte spielte noch eine andere Rolle. Seit Jahren war nämlich
in der höhern irischen Gesellschaft ein lebhafter Sinn für Liebhaber¬
theater aufgekommen; beim Herzog von Leinster in Carton z. B.
wurde sehr häufig gespielt, und da machte Whyte sowohl den
Director als den Prolog - oder Epilogdichter. In Marley, bei den
Latouches, wurde einmal die Maskerade des Conus aufgeführt,
wozu er den Prolog, und kein Geringerer als der berühmte pa¬
triotische Redner Grattan den Epilog lieferte. Whyte suchte, zum
Aergerniß vieler Eltern, seine Schüler zu derlei bildenden Uebungen
anzufeuern, und da ich sehr lebhaft in seine Pläne einging, war
ich sein Liebling. In der That spielte ich mit großem Glück in


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[0204] die britische Großmut!) lohnte ihm dafür durch Beifall und Popu¬ larität. Die Erfolge, die O'Connel für Irland auf politischem Gebiet erfocht, ersang Thomas Moore für sein Volk in der Gesell¬ schaft, und der Dichter hat seine Siege mit reinem und unschuldi¬ gem Waffen, als der listige politische Agitator, erkämpfen können. " Moore's Jugend siel in die Zeit der letzten gewaltsamen Erhc- bungsversuche seines Volkes, sein Alter fällt in die Zeit größerer Milde von englischer und größerer Versöhnlichkeit von irischer Seite. Eine kurze Darstellung seines Lebens wird wohl der beste Com- mentar seiner Werke sein. Thomas Moore ist am 28 Mai 1780 zu Dublin geboren in einer ehrbaren Kaufmannsfamilie. Ich kann nicht sagen, erzählt er selbst in einer seiner Vorreden, wann ich zu reimen und zu dich¬ ten anfing, aber es war sehr früh. In meinem dreizehnten Jahre sandte ich ein Paar Gedichte an den Herausgeber der „Antholo- gia" in Dublin und hatte das Vergnügen, sie ein Paar Monate darauf abgedruckt und mich selbst als „unser geschätzte Mitarbeiter 1'. AI." begrüßt zu sehen. In meinem vierzehnten Jahre schrieb ich für dasselbe Blatt ein Sonnet an meinen Lehrer, Mr. Samuel Whyte; ein komisch eitler, aber gutmüthiger Mann, war dreißig Jahre vorher der Lehrer von Brinsley Sheridan gewesen und hatte denselben, nachdem er ein Jahr seinen Bakel über ihn geschwungen, für einen Dummkopf erklärt, an dem Hopfen und Malz verloren sei. Unter den Privatzöglingen Whyte's waren auch die schönen, von Jossua Neynold's Pinsel verunsterblichten Miß Montgomeries und andere Fräulein aus den ersten patriotischen Häusern Irlands. Whyte spielte noch eine andere Rolle. Seit Jahren war nämlich in der höhern irischen Gesellschaft ein lebhafter Sinn für Liebhaber¬ theater aufgekommen; beim Herzog von Leinster in Carton z. B. wurde sehr häufig gespielt, und da machte Whyte sowohl den Director als den Prolog - oder Epilogdichter. In Marley, bei den Latouches, wurde einmal die Maskerade des Conus aufgeführt, wozu er den Prolog, und kein Geringerer als der berühmte pa¬ triotische Redner Grattan den Epilog lieferte. Whyte suchte, zum Aergerniß vieler Eltern, seine Schüler zu derlei bildenden Uebungen anzufeuern, und da ich sehr lebhaft in seine Pläne einging, war ich sein Liebling. In der That spielte ich mit großem Glück in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/204>, abgerufen am 29.05.2024.