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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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österreichischen Lloyd auf die Ankunft des Dampfschiffes welches
Waghorn trug, und empfing den Engländer bei Landung mit herz¬
lichem Glückwunsch. Der Thätigkeit des Grafen Stadion verdankt
es auch unsere Stadt, daß die Interessen derselben in jüngster
Zeit bei der Centralrcgierung in Wien mehr Beachtung finden, und
eben jetzt war der Gouverneur wieder in der Residenz, um bei dem
Obersten Kanzler Graf Jnzaghi und dem Finanzminister Baron Kü-
bel dahin zu wirken, daß der Bau einer neuen Börse, sowie eines
Zollhauses > da das gegenwärtige nicht mehr genügt, beginnen dürfe.
Auch die für uns so überaus wichtige Entscheidung bezüglich der
Führung der Staatseisenbahn über Oberlaibach in das Seebecken von
Bossowic; in der unmittelbaren Umgegend unseres Hafens, dürste
den dringenden und wohlmotivirten Vorstellungen zuzuschreiben sein>
welche Graf Stadion hohen Orts im Interesse des Triestiner Welt¬
handels unterbreitete.

. Der Reichthum der Stadt spricht sich am rühmlichsten in dem
großartigen Walten der Gemeindebehörden aus, und in den Anstalten
für die Armuth und das Siechthum der untern Volksklassen, wie
dies denn in den meisten großen Handelsplätzen zu finden ist, und
namentlich in der ersten Handelsstadt Deutschlands, in dem reichen
Hamburg. Trieft hatte bereits im 14ten Jahrhundert, wo es noch
ein höchst unbedeutender Hafenort in der Halbinsel Jstrien war, zwei,
und im töten Jahrhundert 4 Krankenhäuser. Im Jahre 1819 be¬
schäftigte sich der Magistrat schon mit dem Bau eines großen Spi¬
tals, da zerstreute Krankenhäuser dem Zweck eines solchen keineswegs
entsprechen können und es immer an der gehörigen Ueberwachung
fehlen muß. Im Jahre 1822 wurde endlich die Campagne Hoffmann
in der Vorstadt Chiadino, 72 Fuß über der Meeresfläche und eine
Miglie im Umfang um die Summe von 29,000 Gulden angekauft.
Der Bau, der durch mancherlei Streitigkeiten bis zum Jahre 1836
verzögert ward, war auf 1000 Kranke berechnet, und wurde von
dem Baumeister Conti mit einem Kostenaufwande von Million
Gulden 1841 vollendet. Dieses solide Prachtgebäude fesselt'den Blick
jedes Ankömmlings schon auf der Anhöhe von Optschina, und bildet
eine der ersten architektonischen Zierden der Stadt. Das Spital ist
wie gesagt für die Aufnahme von 1000 Kranken eingerichtet, allein
die Geräumigkeit der herrlichen Corridocs würde dasselbe im Nothfall
in den Stand setzen, noch 800 sieche mehr unterzubringen; der Kran¬
kenstand schwankt gewöhnlich zwischen 700 -- 850 Personen, welche
in 58 Krankensalen versorgt sind.

Ich will dieses Schreiben nicht beschließen, ohne auch eini¬
ger geistigen Regungen zu gedenken, damit es nicht ganz den
Schein gewinne, als sei das geistige Leben hier völlig ersterben und
nichts zu berichten, als von den jetzt so beliebten materiellen Jude-


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österreichischen Lloyd auf die Ankunft des Dampfschiffes welches
Waghorn trug, und empfing den Engländer bei Landung mit herz¬
lichem Glückwunsch. Der Thätigkeit des Grafen Stadion verdankt
es auch unsere Stadt, daß die Interessen derselben in jüngster
Zeit bei der Centralrcgierung in Wien mehr Beachtung finden, und
eben jetzt war der Gouverneur wieder in der Residenz, um bei dem
Obersten Kanzler Graf Jnzaghi und dem Finanzminister Baron Kü-
bel dahin zu wirken, daß der Bau einer neuen Börse, sowie eines
Zollhauses > da das gegenwärtige nicht mehr genügt, beginnen dürfe.
Auch die für uns so überaus wichtige Entscheidung bezüglich der
Führung der Staatseisenbahn über Oberlaibach in das Seebecken von
Bossowic; in der unmittelbaren Umgegend unseres Hafens, dürste
den dringenden und wohlmotivirten Vorstellungen zuzuschreiben sein>
welche Graf Stadion hohen Orts im Interesse des Triestiner Welt¬
handels unterbreitete.

. Der Reichthum der Stadt spricht sich am rühmlichsten in dem
großartigen Walten der Gemeindebehörden aus, und in den Anstalten
für die Armuth und das Siechthum der untern Volksklassen, wie
dies denn in den meisten großen Handelsplätzen zu finden ist, und
namentlich in der ersten Handelsstadt Deutschlands, in dem reichen
Hamburg. Trieft hatte bereits im 14ten Jahrhundert, wo es noch
ein höchst unbedeutender Hafenort in der Halbinsel Jstrien war, zwei,
und im töten Jahrhundert 4 Krankenhäuser. Im Jahre 1819 be¬
schäftigte sich der Magistrat schon mit dem Bau eines großen Spi¬
tals, da zerstreute Krankenhäuser dem Zweck eines solchen keineswegs
entsprechen können und es immer an der gehörigen Ueberwachung
fehlen muß. Im Jahre 1822 wurde endlich die Campagne Hoffmann
in der Vorstadt Chiadino, 72 Fuß über der Meeresfläche und eine
Miglie im Umfang um die Summe von 29,000 Gulden angekauft.
Der Bau, der durch mancherlei Streitigkeiten bis zum Jahre 1836
verzögert ward, war auf 1000 Kranke berechnet, und wurde von
dem Baumeister Conti mit einem Kostenaufwande von Million
Gulden 1841 vollendet. Dieses solide Prachtgebäude fesselt'den Blick
jedes Ankömmlings schon auf der Anhöhe von Optschina, und bildet
eine der ersten architektonischen Zierden der Stadt. Das Spital ist
wie gesagt für die Aufnahme von 1000 Kranken eingerichtet, allein
die Geräumigkeit der herrlichen Corridocs würde dasselbe im Nothfall
in den Stand setzen, noch 800 sieche mehr unterzubringen; der Kran¬
kenstand schwankt gewöhnlich zwischen 700 — 850 Personen, welche
in 58 Krankensalen versorgt sind.

Ich will dieses Schreiben nicht beschließen, ohne auch eini¬
ger geistigen Regungen zu gedenken, damit es nicht ganz den
Schein gewinne, als sei das geistige Leben hier völlig ersterben und
nichts zu berichten, als von den jetzt so beliebten materiellen Jude-


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[0253] österreichischen Lloyd auf die Ankunft des Dampfschiffes welches Waghorn trug, und empfing den Engländer bei Landung mit herz¬ lichem Glückwunsch. Der Thätigkeit des Grafen Stadion verdankt es auch unsere Stadt, daß die Interessen derselben in jüngster Zeit bei der Centralrcgierung in Wien mehr Beachtung finden, und eben jetzt war der Gouverneur wieder in der Residenz, um bei dem Obersten Kanzler Graf Jnzaghi und dem Finanzminister Baron Kü- bel dahin zu wirken, daß der Bau einer neuen Börse, sowie eines Zollhauses > da das gegenwärtige nicht mehr genügt, beginnen dürfe. Auch die für uns so überaus wichtige Entscheidung bezüglich der Führung der Staatseisenbahn über Oberlaibach in das Seebecken von Bossowic; in der unmittelbaren Umgegend unseres Hafens, dürste den dringenden und wohlmotivirten Vorstellungen zuzuschreiben sein> welche Graf Stadion hohen Orts im Interesse des Triestiner Welt¬ handels unterbreitete. . Der Reichthum der Stadt spricht sich am rühmlichsten in dem großartigen Walten der Gemeindebehörden aus, und in den Anstalten für die Armuth und das Siechthum der untern Volksklassen, wie dies denn in den meisten großen Handelsplätzen zu finden ist, und namentlich in der ersten Handelsstadt Deutschlands, in dem reichen Hamburg. Trieft hatte bereits im 14ten Jahrhundert, wo es noch ein höchst unbedeutender Hafenort in der Halbinsel Jstrien war, zwei, und im töten Jahrhundert 4 Krankenhäuser. Im Jahre 1819 be¬ schäftigte sich der Magistrat schon mit dem Bau eines großen Spi¬ tals, da zerstreute Krankenhäuser dem Zweck eines solchen keineswegs entsprechen können und es immer an der gehörigen Ueberwachung fehlen muß. Im Jahre 1822 wurde endlich die Campagne Hoffmann in der Vorstadt Chiadino, 72 Fuß über der Meeresfläche und eine Miglie im Umfang um die Summe von 29,000 Gulden angekauft. Der Bau, der durch mancherlei Streitigkeiten bis zum Jahre 1836 verzögert ward, war auf 1000 Kranke berechnet, und wurde von dem Baumeister Conti mit einem Kostenaufwande von Million Gulden 1841 vollendet. Dieses solide Prachtgebäude fesselt'den Blick jedes Ankömmlings schon auf der Anhöhe von Optschina, und bildet eine der ersten architektonischen Zierden der Stadt. Das Spital ist wie gesagt für die Aufnahme von 1000 Kranken eingerichtet, allein die Geräumigkeit der herrlichen Corridocs würde dasselbe im Nothfall in den Stand setzen, noch 800 sieche mehr unterzubringen; der Kran¬ kenstand schwankt gewöhnlich zwischen 700 — 850 Personen, welche in 58 Krankensalen versorgt sind. Ich will dieses Schreiben nicht beschließen, ohne auch eini¬ ger geistigen Regungen zu gedenken, damit es nicht ganz den Schein gewinne, als sei das geistige Leben hier völlig ersterben und nichts zu berichten, als von den jetzt so beliebten materiellen Jude- 30*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/253>, abgerufen am 15.05.2024.