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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Größe, und doch voll Demuth, steht der stegreiche Held vor uns;
"Christus streitet für uns" ist sein Wahlspruch. -- Ihm nahe steht
hoch aufgerichtet Rudolph von Habs bürg; er, den jede Für¬
stentugend schmückte, hielt an dem Wahlspruch fest: "Besser gut re¬
gieren , als das Reich mehren." -- Würdig schließt mit der letzten
Bildtafel Maximilian I. und Albrecht der Beherzte, der
Stammvater deS regierenden Königshauses Sachsens, die Zahl
edler Häupter; ihr Wahlspruch lautet: "Dem deutschen Reiche treu
bis in den Tod."

Auf entgegengesetzter Seite des Saales, dem Throne gegenüber,
dem Raume und der Höhe der Saronia entsprechend, stehen auf et-"
ner Bildtafel die vier Stände. Sie sind in Lebensgröße gemalt
und durch entsprechende Costüme bezeichnet; man möchte glauben, daß
eine bevorzugte Neigung bei dieser Arbeit gewaltet habe; eine edle
Begeisterung hat des Künstlers Hand gelenkt; es sind ausgesprochene
Charaktere, siegende Wahrheit ist in diesen Gestalten, diesen Zügen.
Das sind deutsche Männer mit deutschen Herzen, die zu "Schutz und
Trutz" gerüstet dastehen; deutsche Treue und deutsche Kraft ist lebens¬
voll ausgeprägt; diese fest verschlungenen Hände rufen in heiliger
Verbrüderung zum Bunde, Freiheit und Gesetz, Wahrheit und Recht
zu schützen und zu wahren. Unter dem Bild lesen wir den Wahl¬
spruch: "Stark durch Eintracht." Zu beiden Seiten dieses Bildes
sehen wir durch vier große Gemälde, deren Stoff der sächsischen Ge¬
schichte entlehnt ist, die vier Stände durch entsprechende Ereignisse
aus dem Leben König Heinrichs I. veranschaulicht, und zwar zuerst
für den Bauernstand: "König Heinrich I. ließ von dem neunten
Mann in die Stadt ziehen und einen Theil der Ernte daselbst be¬
wahren." Die gebietende Gestalt deö Königs bildet die Hauptfigur;
die Umgebenden sind beschäftigt, den Segen des Ackerbaues in Gar¬
ben zu binden, auf die mit Stieren bespannten Wagen zu schichten
und nach der Stadt zu führen. Die Gluth des Erntemonds, die
Last der Tagesarbeit scheint mit überwiegende? Gewalt die dargestellte
Scene zu beherrschen und läßt den erfrischenden Hauch vermissen,
welcher daS innere Leben dieser Kunstschöpfung mehr hervorheben
würde. -- Ein regeres Leben bietet die zweite Bildtafel, den Bür¬
gerstand in seinem Wirken und Schaffen, seiner Kraft und Thätigkeit
zur Anschauung bringend. "König Heinrich 1." -- lesen wir unter


Gr-nzbotcn, I"is. l. 4

Größe, und doch voll Demuth, steht der stegreiche Held vor uns;
„Christus streitet für uns" ist sein Wahlspruch. — Ihm nahe steht
hoch aufgerichtet Rudolph von Habs bürg; er, den jede Für¬
stentugend schmückte, hielt an dem Wahlspruch fest: „Besser gut re¬
gieren , als das Reich mehren." — Würdig schließt mit der letzten
Bildtafel Maximilian I. und Albrecht der Beherzte, der
Stammvater deS regierenden Königshauses Sachsens, die Zahl
edler Häupter; ihr Wahlspruch lautet: „Dem deutschen Reiche treu
bis in den Tod."

Auf entgegengesetzter Seite des Saales, dem Throne gegenüber,
dem Raume und der Höhe der Saronia entsprechend, stehen auf et-"
ner Bildtafel die vier Stände. Sie sind in Lebensgröße gemalt
und durch entsprechende Costüme bezeichnet; man möchte glauben, daß
eine bevorzugte Neigung bei dieser Arbeit gewaltet habe; eine edle
Begeisterung hat des Künstlers Hand gelenkt; es sind ausgesprochene
Charaktere, siegende Wahrheit ist in diesen Gestalten, diesen Zügen.
Das sind deutsche Männer mit deutschen Herzen, die zu „Schutz und
Trutz" gerüstet dastehen; deutsche Treue und deutsche Kraft ist lebens¬
voll ausgeprägt; diese fest verschlungenen Hände rufen in heiliger
Verbrüderung zum Bunde, Freiheit und Gesetz, Wahrheit und Recht
zu schützen und zu wahren. Unter dem Bild lesen wir den Wahl¬
spruch: „Stark durch Eintracht." Zu beiden Seiten dieses Bildes
sehen wir durch vier große Gemälde, deren Stoff der sächsischen Ge¬
schichte entlehnt ist, die vier Stände durch entsprechende Ereignisse
aus dem Leben König Heinrichs I. veranschaulicht, und zwar zuerst
für den Bauernstand: „König Heinrich I. ließ von dem neunten
Mann in die Stadt ziehen und einen Theil der Ernte daselbst be¬
wahren." Die gebietende Gestalt deö Königs bildet die Hauptfigur;
die Umgebenden sind beschäftigt, den Segen des Ackerbaues in Gar¬
ben zu binden, auf die mit Stieren bespannten Wagen zu schichten
und nach der Stadt zu führen. Die Gluth des Erntemonds, die
Last der Tagesarbeit scheint mit überwiegende? Gewalt die dargestellte
Scene zu beherrschen und läßt den erfrischenden Hauch vermissen,
welcher daS innere Leben dieser Kunstschöpfung mehr hervorheben
würde. — Ein regeres Leben bietet die zweite Bildtafel, den Bür¬
gerstand in seinem Wirken und Schaffen, seiner Kraft und Thätigkeit
zur Anschauung bringend. „König Heinrich 1." — lesen wir unter


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[0033] Größe, und doch voll Demuth, steht der stegreiche Held vor uns; „Christus streitet für uns" ist sein Wahlspruch. — Ihm nahe steht hoch aufgerichtet Rudolph von Habs bürg; er, den jede Für¬ stentugend schmückte, hielt an dem Wahlspruch fest: „Besser gut re¬ gieren , als das Reich mehren." — Würdig schließt mit der letzten Bildtafel Maximilian I. und Albrecht der Beherzte, der Stammvater deS regierenden Königshauses Sachsens, die Zahl edler Häupter; ihr Wahlspruch lautet: „Dem deutschen Reiche treu bis in den Tod." Auf entgegengesetzter Seite des Saales, dem Throne gegenüber, dem Raume und der Höhe der Saronia entsprechend, stehen auf et-" ner Bildtafel die vier Stände. Sie sind in Lebensgröße gemalt und durch entsprechende Costüme bezeichnet; man möchte glauben, daß eine bevorzugte Neigung bei dieser Arbeit gewaltet habe; eine edle Begeisterung hat des Künstlers Hand gelenkt; es sind ausgesprochene Charaktere, siegende Wahrheit ist in diesen Gestalten, diesen Zügen. Das sind deutsche Männer mit deutschen Herzen, die zu „Schutz und Trutz" gerüstet dastehen; deutsche Treue und deutsche Kraft ist lebens¬ voll ausgeprägt; diese fest verschlungenen Hände rufen in heiliger Verbrüderung zum Bunde, Freiheit und Gesetz, Wahrheit und Recht zu schützen und zu wahren. Unter dem Bild lesen wir den Wahl¬ spruch: „Stark durch Eintracht." Zu beiden Seiten dieses Bildes sehen wir durch vier große Gemälde, deren Stoff der sächsischen Ge¬ schichte entlehnt ist, die vier Stände durch entsprechende Ereignisse aus dem Leben König Heinrichs I. veranschaulicht, und zwar zuerst für den Bauernstand: „König Heinrich I. ließ von dem neunten Mann in die Stadt ziehen und einen Theil der Ernte daselbst be¬ wahren." Die gebietende Gestalt deö Königs bildet die Hauptfigur; die Umgebenden sind beschäftigt, den Segen des Ackerbaues in Gar¬ ben zu binden, auf die mit Stieren bespannten Wagen zu schichten und nach der Stadt zu führen. Die Gluth des Erntemonds, die Last der Tagesarbeit scheint mit überwiegende? Gewalt die dargestellte Scene zu beherrschen und läßt den erfrischenden Hauch vermissen, welcher daS innere Leben dieser Kunstschöpfung mehr hervorheben würde. — Ein regeres Leben bietet die zweite Bildtafel, den Bür¬ gerstand in seinem Wirken und Schaffen, seiner Kraft und Thätigkeit zur Anschauung bringend. „König Heinrich 1." — lesen wir unter Gr-nzbotcn, I»is. l. 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/33>, abgerufen am 15.05.2024.