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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Piazzi, Harding und Olbers, 1801, 1802, 1804 und 1807 gefun¬
den; die Entdeckung des fünften blieb dem Jahre 184b und dem
Herrn Postsecretair Hencke in Driesen aufbehalten. Daß der Lauf
dieses neubemerkten Himmelswandrers sogleich fleißig beobachtet und
astronomischer Berechnung unterworfen wurde, ist ganz in der Ord¬
nung; aber rührend ist es zu sehen, wie solch ein neues Spielzeug
den großen Kindern, unsern lieben Brüdern, zu schassen macht. Kam
da z- B. ein Brüderchen in der Spenerschen Zeitung und philosophirte
darüber, wie die neue Weihnachtspuppe heißen sollte; -- Themis
meinte es, wäre der allerschönste Name --- machte dann auch geschwind
mit diesem Namen ein paar artige Aahlenspiele u. dergl.; z. B. die >
Namen der fünf Asteroiden, wenn man den fünften Themis hieße,
enthielten in den römischen Iifferbuchstaben, nämlich


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ti" Zahl 1212 (was bedeuten soll: der zwölfte Planet, entdeckt im
zwölften Monat); wenn man deren einzelne Ziffern zusammenrechne,
gebe es 6, das erste Pärchen gebe 3, und das zweite abermals 3, also
hintereinander geschrieben 633, dies zu 1212 gezahlt, gebe 1845; somit
stecke in den fünf Namen die Notiz i der zwölfte Planet, entdeckt im
zwölften Mond des Jahres 1845. Leider ist diese sinnreiche Com¬
bination vergeudet. Herr Professor Encke, also ein Neimbrudcr des
Entdeckers, des Herrn Hencke, von diesem zum Namengeber erwählt,
taufte den neuen Stern Asträa. Und dies zeigt Herr Hencke jetzt
öffentlich an, sowie auch, daß seines Herzens Wünsche ganz erfüllt
sein würden, wenn ihm die astronomische Welt noch die Liebe thäte,
dem Stern einen umgekehrten Anker zum Sinnbild zu geben. In
derselben Anzeige betrübt sich der gute Herr Hencke darüber, daß der
Stern, der Anfangs wie einer neunter Größe gestrahlt, immer mehr
verbleiche und verschwinde, -- ja wohl, sic ti'.nihil ^loren innati --
wobei ihm nur das Eine noch Trost gewährt, daß man die Asträa
nun doch wohl nicht mehr aus dem Bereiche der Beobachtungen ver¬
lieren werde, weil -- nun warum? -- weil, sagt Herr Hencke, "zu
seiner Freude ein Meister der höchsten Wissenschaft (nämlich Hr. Encke)
der Asträa bereits ihren Laus vorgezeichnet hat." Was nicht die
Gelehrten Alles können! Sogar den Himmelskörpern ihren Lauf vor¬
zeichnen. Da steht man, wie wohlgethan es ist, wenn sich die Poli¬
zei gut mit den Gelehrten steht.

Inzwischen hat auf Erden einen anderen Stern, und zwar einen
Leitstern der "Rheinische Beobachter" entdeckt; -- einen Ordensstern
dafür an seine Brust! Was er entdeckt hat ist nichts Geringeres als
das preußische Princip. Er, der Beobachter, hat mit seinem
von ihm selbst erfundenen "Freisinn>gen-Fortschritts"-Tubus vom fer¬
nen Rheine her der preußischen Regierung -- er spricht immer von
der "Regierung," als ob in Preußen eine Abstraktion regierte tief


Grcnzbcten, I. 47

Piazzi, Harding und Olbers, 1801, 1802, 1804 und 1807 gefun¬
den; die Entdeckung des fünften blieb dem Jahre 184b und dem
Herrn Postsecretair Hencke in Driesen aufbehalten. Daß der Lauf
dieses neubemerkten Himmelswandrers sogleich fleißig beobachtet und
astronomischer Berechnung unterworfen wurde, ist ganz in der Ord¬
nung; aber rührend ist es zu sehen, wie solch ein neues Spielzeug
den großen Kindern, unsern lieben Brüdern, zu schassen macht. Kam
da z- B. ein Brüderchen in der Spenerschen Zeitung und philosophirte
darüber, wie die neue Weihnachtspuppe heißen sollte; — Themis
meinte es, wäre der allerschönste Name -— machte dann auch geschwind
mit diesem Namen ein paar artige Aahlenspiele u. dergl.; z. B. die >
Namen der fünf Asteroiden, wenn man den fünften Themis hieße,
enthielten in den römischen Iifferbuchstaben, nämlich


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ti« Zahl 1212 (was bedeuten soll: der zwölfte Planet, entdeckt im
zwölften Monat); wenn man deren einzelne Ziffern zusammenrechne,
gebe es 6, das erste Pärchen gebe 3, und das zweite abermals 3, also
hintereinander geschrieben 633, dies zu 1212 gezahlt, gebe 1845; somit
stecke in den fünf Namen die Notiz i der zwölfte Planet, entdeckt im
zwölften Mond des Jahres 1845. Leider ist diese sinnreiche Com¬
bination vergeudet. Herr Professor Encke, also ein Neimbrudcr des
Entdeckers, des Herrn Hencke, von diesem zum Namengeber erwählt,
taufte den neuen Stern Asträa. Und dies zeigt Herr Hencke jetzt
öffentlich an, sowie auch, daß seines Herzens Wünsche ganz erfüllt
sein würden, wenn ihm die astronomische Welt noch die Liebe thäte,
dem Stern einen umgekehrten Anker zum Sinnbild zu geben. In
derselben Anzeige betrübt sich der gute Herr Hencke darüber, daß der
Stern, der Anfangs wie einer neunter Größe gestrahlt, immer mehr
verbleiche und verschwinde, — ja wohl, sic ti'.nihil ^loren innati —
wobei ihm nur das Eine noch Trost gewährt, daß man die Asträa
nun doch wohl nicht mehr aus dem Bereiche der Beobachtungen ver¬
lieren werde, weil — nun warum? — weil, sagt Herr Hencke, „zu
seiner Freude ein Meister der höchsten Wissenschaft (nämlich Hr. Encke)
der Asträa bereits ihren Laus vorgezeichnet hat." Was nicht die
Gelehrten Alles können! Sogar den Himmelskörpern ihren Lauf vor¬
zeichnen. Da steht man, wie wohlgethan es ist, wenn sich die Poli¬
zei gut mit den Gelehrten steht.

Inzwischen hat auf Erden einen anderen Stern, und zwar einen
Leitstern der „Rheinische Beobachter" entdeckt; — einen Ordensstern
dafür an seine Brust! Was er entdeckt hat ist nichts Geringeres als
das preußische Princip. Er, der Beobachter, hat mit seinem
von ihm selbst erfundenen „Freisinn>gen-Fortschritts"-Tubus vom fer¬
nen Rheine her der preußischen Regierung — er spricht immer von
der „Regierung," als ob in Preußen eine Abstraktion regierte tief


Grcnzbcten, I. 47
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[0377] Piazzi, Harding und Olbers, 1801, 1802, 1804 und 1807 gefun¬ den; die Entdeckung des fünften blieb dem Jahre 184b und dem Herrn Postsecretair Hencke in Driesen aufbehalten. Daß der Lauf dieses neubemerkten Himmelswandrers sogleich fleißig beobachtet und astronomischer Berechnung unterworfen wurde, ist ganz in der Ord¬ nung; aber rührend ist es zu sehen, wie solch ein neues Spielzeug den großen Kindern, unsern lieben Brüdern, zu schassen macht. Kam da z- B. ein Brüderchen in der Spenerschen Zeitung und philosophirte darüber, wie die neue Weihnachtspuppe heißen sollte; — Themis meinte es, wäre der allerschönste Name -— machte dann auch geschwind mit diesem Namen ein paar artige Aahlenspiele u. dergl.; z. B. die > Namen der fünf Asteroiden, wenn man den fünften Themis hieße, enthielten in den römischen Iifferbuchstaben, nämlich i>res, l'!.I^!>S) SV»", Vest-., ^Il.-^is ti« Zahl 1212 (was bedeuten soll: der zwölfte Planet, entdeckt im zwölften Monat); wenn man deren einzelne Ziffern zusammenrechne, gebe es 6, das erste Pärchen gebe 3, und das zweite abermals 3, also hintereinander geschrieben 633, dies zu 1212 gezahlt, gebe 1845; somit stecke in den fünf Namen die Notiz i der zwölfte Planet, entdeckt im zwölften Mond des Jahres 1845. Leider ist diese sinnreiche Com¬ bination vergeudet. Herr Professor Encke, also ein Neimbrudcr des Entdeckers, des Herrn Hencke, von diesem zum Namengeber erwählt, taufte den neuen Stern Asträa. Und dies zeigt Herr Hencke jetzt öffentlich an, sowie auch, daß seines Herzens Wünsche ganz erfüllt sein würden, wenn ihm die astronomische Welt noch die Liebe thäte, dem Stern einen umgekehrten Anker zum Sinnbild zu geben. In derselben Anzeige betrübt sich der gute Herr Hencke darüber, daß der Stern, der Anfangs wie einer neunter Größe gestrahlt, immer mehr verbleiche und verschwinde, — ja wohl, sic ti'.nihil ^loren innati — wobei ihm nur das Eine noch Trost gewährt, daß man die Asträa nun doch wohl nicht mehr aus dem Bereiche der Beobachtungen ver¬ lieren werde, weil — nun warum? — weil, sagt Herr Hencke, „zu seiner Freude ein Meister der höchsten Wissenschaft (nämlich Hr. Encke) der Asträa bereits ihren Laus vorgezeichnet hat." Was nicht die Gelehrten Alles können! Sogar den Himmelskörpern ihren Lauf vor¬ zeichnen. Da steht man, wie wohlgethan es ist, wenn sich die Poli¬ zei gut mit den Gelehrten steht. Inzwischen hat auf Erden einen anderen Stern, und zwar einen Leitstern der „Rheinische Beobachter" entdeckt; — einen Ordensstern dafür an seine Brust! Was er entdeckt hat ist nichts Geringeres als das preußische Princip. Er, der Beobachter, hat mit seinem von ihm selbst erfundenen „Freisinn>gen-Fortschritts"-Tubus vom fer¬ nen Rheine her der preußischen Regierung — er spricht immer von der „Regierung," als ob in Preußen eine Abstraktion regierte tief Grcnzbcten, I. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/377>, abgerufen am 15.05.2024.