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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Seine früheren Artikel, sagt er, hatten ergeben, daß man weder un¬
bedingt der Privatbank, noch auch unbedingt der Staatsbank den Preis
zuerkennen dürfe, für Preußen aber sei -- aus Gründen, mit de¬
ren Mittheilung ich Ihre Leser keineswegs behelligen will -- nur eine
unter genauer Aufsicht der Regierung stehende Privatzettelbank mög¬
lich. Den Ursprung dieser Schwenkung welche Herr Dönniges ge¬
macht hat, laßt der Schluß seines Aufsatzes ahnen, indem dieser
Schluß zugleich eine Merkwürdigkeit darbietet, um deren willen ich
eigentlich nur so lange bei der ganzen Sache verweile. Hr. Dönni¬
ges muß, seit er seinen ersten Artikel geschrieben, inzwischen in die
Ansichten des Herrn Finanzministers eingeweiht worden sein; er giebt
dies selbst zu verstehen. Ich sprach neulich von einer Indiscretion
des Herrn Weniger, eine weit größere begeht Herr Dönni¬
ges. Er sagt am Schlüsse seines Artikels, die Ansichten welche er
aufgestellt, seien der Hauptsache nach diejenigen welche der Herr Fi¬
nanzminister "vertrete." Der Darstellung dieser Ansichten aber ist
eine Aeußerung in Bezug auf das allbekannte preußische Gesetz wegen
einer Zuziehung der Reichsstände zum Behufe der Contrahirung einer
neuen Staatsanleihe und auf die Anwendung dieses Gesetzes zu wel¬
cher die Erschaffung von Bankzetteln Seitens einer Staatsanstalt nö¬
thigen würde, eingewoben, und zwar eine Aeußerung die zwischen
Anführungshäkchen eingeschlossen ist. Woher ist diese wörtlich citirte
Stelle genommen? Sie gehört, nach des Herrn Dönniges eigener
Erklärung, in den Kreis der Ansichten, welche "der Finanzminister
vertritt," dessen eigene Worte also doch wohl müssen da citirt sein:
die Stelle muß aus einer der Denkschriften entnommen sein, welche
zum Behufe der jetzt schwebenden Königlichen Entscheidung über die
Banksrage verfaßt worden sind. Wie kommt Herr Dönniges dazu,
dem Publicum so kategorisch wie er thut, die Ansichten des Finanz¬
ministers zu überliefern und sogar mit des Finanzministers eigenen,
für die Oeffentlichkeit doch nicht bestimmt gewesenen Worten? Ist
Herr Dönniges dazu vom Herrn Finanzminister beauftragt oder au-
torisire worden? -- Nun, wie die Sache zugegangen ist, das laßt
sich allenfalls vermuthen. Die geheimen Denkschriften kommen doch
in manche Hände; mit jener Denkschrift des Herrn von Rönne über
die Differentialzölle, welche Anfangs auszugsweise, endlich ganz von
den Zeitungen veröffentlicht wurde, ist es ja ebenso ergangen. In
meinem Kreise bildeten sich Viele damals ein, Hr. v. Rönne selber habe
diese Veröffentlichung -- nicht ungern gesehen! ich will davon nichts
glauben: diese Denkschrift hatte so vielen Personen mitgetheilt werden
müssen, daß das Geheimniß derselben nicht wohl behütet sein konnte;
mir selbst waren längst ehe sie in die Zeitungen gerieth, zu verschie¬
denen Malen Exemplare davon zu Gesicht gekommen. Der Dön-
nigcssche Fall ist aber doch anders; hier wird mitten in schwebender


Seine früheren Artikel, sagt er, hatten ergeben, daß man weder un¬
bedingt der Privatbank, noch auch unbedingt der Staatsbank den Preis
zuerkennen dürfe, für Preußen aber sei — aus Gründen, mit de¬
ren Mittheilung ich Ihre Leser keineswegs behelligen will — nur eine
unter genauer Aufsicht der Regierung stehende Privatzettelbank mög¬
lich. Den Ursprung dieser Schwenkung welche Herr Dönniges ge¬
macht hat, laßt der Schluß seines Aufsatzes ahnen, indem dieser
Schluß zugleich eine Merkwürdigkeit darbietet, um deren willen ich
eigentlich nur so lange bei der ganzen Sache verweile. Hr. Dönni¬
ges muß, seit er seinen ersten Artikel geschrieben, inzwischen in die
Ansichten des Herrn Finanzministers eingeweiht worden sein; er giebt
dies selbst zu verstehen. Ich sprach neulich von einer Indiscretion
des Herrn Weniger, eine weit größere begeht Herr Dönni¬
ges. Er sagt am Schlüsse seines Artikels, die Ansichten welche er
aufgestellt, seien der Hauptsache nach diejenigen welche der Herr Fi¬
nanzminister „vertrete." Der Darstellung dieser Ansichten aber ist
eine Aeußerung in Bezug auf das allbekannte preußische Gesetz wegen
einer Zuziehung der Reichsstände zum Behufe der Contrahirung einer
neuen Staatsanleihe und auf die Anwendung dieses Gesetzes zu wel¬
cher die Erschaffung von Bankzetteln Seitens einer Staatsanstalt nö¬
thigen würde, eingewoben, und zwar eine Aeußerung die zwischen
Anführungshäkchen eingeschlossen ist. Woher ist diese wörtlich citirte
Stelle genommen? Sie gehört, nach des Herrn Dönniges eigener
Erklärung, in den Kreis der Ansichten, welche „der Finanzminister
vertritt," dessen eigene Worte also doch wohl müssen da citirt sein:
die Stelle muß aus einer der Denkschriften entnommen sein, welche
zum Behufe der jetzt schwebenden Königlichen Entscheidung über die
Banksrage verfaßt worden sind. Wie kommt Herr Dönniges dazu,
dem Publicum so kategorisch wie er thut, die Ansichten des Finanz¬
ministers zu überliefern und sogar mit des Finanzministers eigenen,
für die Oeffentlichkeit doch nicht bestimmt gewesenen Worten? Ist
Herr Dönniges dazu vom Herrn Finanzminister beauftragt oder au-
torisire worden? — Nun, wie die Sache zugegangen ist, das laßt
sich allenfalls vermuthen. Die geheimen Denkschriften kommen doch
in manche Hände; mit jener Denkschrift des Herrn von Rönne über
die Differentialzölle, welche Anfangs auszugsweise, endlich ganz von
den Zeitungen veröffentlicht wurde, ist es ja ebenso ergangen. In
meinem Kreise bildeten sich Viele damals ein, Hr. v. Rönne selber habe
diese Veröffentlichung — nicht ungern gesehen! ich will davon nichts
glauben: diese Denkschrift hatte so vielen Personen mitgetheilt werden
müssen, daß das Geheimniß derselben nicht wohl behütet sein konnte;
mir selbst waren längst ehe sie in die Zeitungen gerieth, zu verschie¬
denen Malen Exemplare davon zu Gesicht gekommen. Der Dön-
nigcssche Fall ist aber doch anders; hier wird mitten in schwebender


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[0517] Seine früheren Artikel, sagt er, hatten ergeben, daß man weder un¬ bedingt der Privatbank, noch auch unbedingt der Staatsbank den Preis zuerkennen dürfe, für Preußen aber sei — aus Gründen, mit de¬ ren Mittheilung ich Ihre Leser keineswegs behelligen will — nur eine unter genauer Aufsicht der Regierung stehende Privatzettelbank mög¬ lich. Den Ursprung dieser Schwenkung welche Herr Dönniges ge¬ macht hat, laßt der Schluß seines Aufsatzes ahnen, indem dieser Schluß zugleich eine Merkwürdigkeit darbietet, um deren willen ich eigentlich nur so lange bei der ganzen Sache verweile. Hr. Dönni¬ ges muß, seit er seinen ersten Artikel geschrieben, inzwischen in die Ansichten des Herrn Finanzministers eingeweiht worden sein; er giebt dies selbst zu verstehen. Ich sprach neulich von einer Indiscretion des Herrn Weniger, eine weit größere begeht Herr Dönni¬ ges. Er sagt am Schlüsse seines Artikels, die Ansichten welche er aufgestellt, seien der Hauptsache nach diejenigen welche der Herr Fi¬ nanzminister „vertrete." Der Darstellung dieser Ansichten aber ist eine Aeußerung in Bezug auf das allbekannte preußische Gesetz wegen einer Zuziehung der Reichsstände zum Behufe der Contrahirung einer neuen Staatsanleihe und auf die Anwendung dieses Gesetzes zu wel¬ cher die Erschaffung von Bankzetteln Seitens einer Staatsanstalt nö¬ thigen würde, eingewoben, und zwar eine Aeußerung die zwischen Anführungshäkchen eingeschlossen ist. Woher ist diese wörtlich citirte Stelle genommen? Sie gehört, nach des Herrn Dönniges eigener Erklärung, in den Kreis der Ansichten, welche „der Finanzminister vertritt," dessen eigene Worte also doch wohl müssen da citirt sein: die Stelle muß aus einer der Denkschriften entnommen sein, welche zum Behufe der jetzt schwebenden Königlichen Entscheidung über die Banksrage verfaßt worden sind. Wie kommt Herr Dönniges dazu, dem Publicum so kategorisch wie er thut, die Ansichten des Finanz¬ ministers zu überliefern und sogar mit des Finanzministers eigenen, für die Oeffentlichkeit doch nicht bestimmt gewesenen Worten? Ist Herr Dönniges dazu vom Herrn Finanzminister beauftragt oder au- torisire worden? — Nun, wie die Sache zugegangen ist, das laßt sich allenfalls vermuthen. Die geheimen Denkschriften kommen doch in manche Hände; mit jener Denkschrift des Herrn von Rönne über die Differentialzölle, welche Anfangs auszugsweise, endlich ganz von den Zeitungen veröffentlicht wurde, ist es ja ebenso ergangen. In meinem Kreise bildeten sich Viele damals ein, Hr. v. Rönne selber habe diese Veröffentlichung — nicht ungern gesehen! ich will davon nichts glauben: diese Denkschrift hatte so vielen Personen mitgetheilt werden müssen, daß das Geheimniß derselben nicht wohl behütet sein konnte; mir selbst waren längst ehe sie in die Zeitungen gerieth, zu verschie¬ denen Malen Exemplare davon zu Gesicht gekommen. Der Dön- nigcssche Fall ist aber doch anders; hier wird mitten in schwebender

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/517>, abgerufen am 14.05.2024.